OGH 1Ob8/18k

OGH1Ob8/18k30.1.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH in Liquidation, *****, vertreten durch Mag. Alexander Lubich, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D*****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 7 C 22/14p des Bezirksgerichts Donaustadt, über den außerordentlichen Revisionrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Dezember 2017, GZ 40 R 318/17m‑11, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 28. September 2017, GZ 7 C 5/17t‑3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00008.18K.0130.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Bestätigung eines – wie hier – nach § 538 ZPO vor Anberaumung einer Tagsatzung gefassten Beschlusses auf Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage unterliegt nicht dem Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, weil sie keine Sachentscheidung über das Rechtsmittelklagebegehren darstellt (7 Ob 202/02k). Der Revisionrekurs an den Obersten Gerichtshof ist daher bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig (RIS‑Justiz RS0023342 [T2]). Eine solche vermag die klagende Partei aber nicht aufzuzeigen.

2. Das Rekursgericht hat die Verbesserungsmöglichkeit einer Wiederaufnahmsklage im Sinne der §§ 84, 85 ZPO (vgl dazu 4 Ob 77/07p; Jelinek in Fasching/Konecny² IV/1 § 530 ZPO Rz 220) entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin nicht in Frage gestellt, sodass auch ein Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht zu erkennen ist. Unterlässt das Gericht erster Instanz einen Verbesserungsversuch könnte allenfalls ein im Rechtsmittelverfahren zu rügender Verfahrensmangel vorliegen (4 Ob 77/07p; vgl auch RIS‑Justiz RS0037095). Mit ihrem Vorwurf, das Rekursgericht habe den von ihr behaupteten Verfahrensmangel nicht erledigt, spricht die klagende Partei der Sache nach eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens an, deren Prüfung aber voraussetzen würde, dass sie die Relevanz des Mangels darlegt, indem sie das unterlassene Vorbringen nachholt (1 Ob 215/05g; 1 Ob 204/07t; 1 Ob 128/16d = RIS‑Justiz RS0037095 [T19]). Wie schon in ihrem Rekurs begnügt sich die Revisionswerberin aber auch im Verfahren dritter Instanz mit dem bloßen Verweis darauf, dass ein Verbesserungsverfahren durchzuführen gewesen wäre, ohne auch nur in Ansätzen darzulegen, welches Vorbringen abstrakt zu einem für sie günstigeren Ergebnis führen hätte können, und vermag damit auch keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts aufzuzeigen.

3.1 Nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

3.2 Die Frage, ab wann eine Partei imstande ist, die ihr bekanntgewordenen Tatsachen oder Beweismittel bei Gericht vorzubringen, womit die vierwöchige Notfrist des § 534 Abs 1 ZPO in Gang gesetzt wird (§ 534 Abs 2 Z 4 ZPO), hängt stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab und begründet damit regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (vgl RIS‑Justiz RS0044790 [T4]).

Grundsätzlich reicht die Kenntnis der Eignung, einen allenfalls günstigeren Verfahrensausgang zu bewirken, aus; dass dabei für generelle Aussagen, wie etwa, es sei erst die Zustellung eines Protokolls, also die Verschriftlichung einer Aussage, für den Beginn des Fristenlaufs maßgeblich, kein Raum bleibt, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 5 Ob 148/10s (mwN) klargestellt. Es begründet daher auch keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht den Tag der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, an der der Geschäftsführer der klagenden Partei teilnahm und in der die von ihm nunmehr zur Begründung der Wiederaufnahmsklage herangezogenen Aussagen getätigt wurden, als fristauslösend erkannte und nicht, wie von der Revisionswerberin angestrebt, den Zeitpunkt der Zustellung des Protokolls (vgl 5 Ob 148/10s).

3.3 Der Argumentation des Rekursgerichts, warum sich die klagende Partei nicht fristwahrend auf Vorbringen in der außerordentlichen Revision ihrer Prozessgegnerin im Verfahren AZ 30 Cg 24/14s des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien berufen kann, tritt die Revisionswerberin, die hier von einer Revisionsbeantwortung vom 28. 2. 2017 spricht, inhaltlich gar nicht entgegen.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§§ 510 Abs 3 iVm 528a ZPO).

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