OGH 5Ob240/17f

OGH5Ob240/17f18.1.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. G* S*, 2. D* S*, vertreten durch Dr. Raimund Danner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ * KG *, vertreten durch Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen § 8 Abs 3 iVm § 37 Abs 1 Z 5 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 11. Oktober 2017, GZ 22 R 293/17t‑16, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hallein vom 20. Juli 2017, GZ 24 Msch 4/16v‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E120569

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, den Antragstellern die mit 688,90 EUR (darin enthalten 114,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Antragsteller waren aufgrund eines mit dessen Eigentümern abgeschlossenen Vertrags Mieter des als Geschäftslokal gewidmeten Wohnungseigentumsobjekts Top 7a, in dem sie ein Fitnessstudio betrieben.

Sie begehren von der Eigentümergemeinschaft gestützt auf § 8 Abs 3 MRG den Betrag von 126.824,99 EUR, der sich im Wesentlichen aus Verdienstentgang, Ersatz der eigenen Arbeitsleistung, der Arbeitsleistung eines Mitarbeiters und Rechtsanwaltskosten zusammensetzt. Der Verwalter der Liegenschaft habe in Vertretung der Eigentümergemeinschaft Erhaltungsarbeiten an der unmittelbar über dem von ihnen angemieteten Objekt gelegenen Dachterrasse durchführen lassen, im Zuge der es zu einer Beschädigung der Terrassenabdichtung gekommen sei. Dies habe zu massiven Wassereintritten in das Bestandobjekt und zur mehrmonatigen Schließung des von ihnen darin betriebenen Unternehmens geführt. Die Haftpflichtversicherung des die Arbeiten ausführenden Unternehmens habe den Verdienstausfall für sechs Wochen ersetzt, weil es sich dabei um jenen Zeitraum handle, in dem objektiv eine vollständige Schadensbehebung möglich gewesen wäre. Tatsächlich sei die Reparatur wegen einer verzögerten Beschlussfassung der Wohnungseigentümer aber mehrere Monate hinausgezögert worden, weswegen der nicht von der Versicherung abgedeckte Schaden nach § 8 Abs 3 MRG von der Antragsgegnerin begehrt werde.

Die Antragsgegnerin erhob die Einrede der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs, die das Erstgericht verwarf.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage, ob „die ausdrückliche Gründung des Begehrens auf Entschädigung nach § 8 Abs 3 MRG“, wobei dieses gegen die Eigentümergemeinschaft gerichtet sei, ausreiche, um den „außerstreitigen Rechtsweg zuzulassen“, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig.

1. Die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens ist gegeben, wenn das Gesetz die betreffende Angelegenheit ausdrücklich oder wenigstens unzweifelhaft schlüssig in das außerstreitige Verfahren verweist (RIS‑Justiz RS0012214; RS0005948; RS0109644). Einen solchen ausdrücklichen Verweis enthält § 37 Abs 1 Z 5 MRG für Verfahren über die Duldungspflicht des Mieters einschließlich seines Entschädigungsanspruchs (§ 8 Abs 2 und 3 MRG).

2. Ob die konkrete Angelegenheit im streitigen oder außerstreitigen Rechtsweg zu behandeln ist, richtet sich nach dem Wortlaut des Begehrens und dem anspruchsbegründenden Tatsachenvorbringen (RIS‑Justiz RS0013639; RS0005896). Dabei hängt die Frage, welchen Sachverhalt und welches Begehren ein Antrag enthält und wie der Antrag daher zu verstehen ist, von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042828 [T10]).

3.1 Die Entschädigungspflicht nach § 8 Abs 3 MRG, auf die sich die Antragsteller ausdrücklich berufen, resultiert nicht aus einer vertraglichen Haftung, sondern stellt eine Eingriffshaftung eigener Art dar, für die Rechtswidrigkeit ebenso wenig Haftungsvoraussetzung ist wie Verschulden (5 Ob 169/09b; RIS‑Justiz RS0069533). Maßgeblich ist, ob es sich um eine wesentliche Beeinträchtigung handelt, die durch einen vom Mieter zu duldenden Eingriff in sein Mietrecht verursacht wurde, wozu auch Schäden als Folge einer unsachgemäßen Ausführung von Erhaltungs‑ und Verbesserungsarbeiten zählen (5 Ob 54/01d = wobl 2002, 267/77 [zust Vonkilch]).

3.2 Der Revisionsrekurswerberin ist zuzugestehen, dass die Antragsteller ihren Ersatzanspruch nicht unmittelbar aus der unsachgemäßen Ausführung eines zu duldenden Eingriffs ableiten, sondern sich auf eine Verzögerung bei der Vornahme der Reparaturen der im Zuge der Durchführung von Erhaltungsarbeiten beschädigten Terrassenisolierung berufen, was zur Unbrauchbarkeit des von ihnen gemieteten Objekts über mehrere Monat geführt habe. Bereits in der Entscheidung 3 Ob 85/15v hat der Oberste Gerichtshof aber ausgesprochen, dass die unterlassene Fertigstellung von Arbeiten in Bezug auf § 8 Abs 3 MRG nicht anders zu beurteilen ist als deren mangelhafte Ausführung. In beiden Fällen entstünden die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Mieters anlässlich jedenfalls ursprünglich zu duldender Eingriffe, sodass der notwendige Konnex von Umfang der Duldungspflicht und damit korrespondierender Eingriffshaftung (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch³ § 8 MRG Rz 42 und 51) noch ausreichend gewahrt ist.

3.3 Die von den Antragstellern im Kern zur Begründung ihres Anspruchs geltend gemachte Verzögerung der Schadensbehebung ist im hier zu beurteilenden Kontext nicht anders zu sehen als die unterlassene Fertigstellung von Erhaltungsarbeiten, entspricht daher bisheriger Rechtsprechung. Auch hier liegt ein ursprünglich zu duldender Eingriff zugrunde, der nach den Antragsbehauptungen letztlich die Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts zur Folge hatte. Damit ist der erforderliche Konnex zwischen Umfang der Duldungspflicht und Eingriffshaftung auch im vorliegenden Fall gegeben und die Lösung der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage anhand bereits bestehender Judikatur des Obersten Gerichtshofs möglich.

4. Die durch die Bezugnahme auf die Eigentümergemeinschaft in der Begründung seines Zulassungsauspruchs durch das Rekursgericht angesprochene Frage der Passivlegitimation ist für die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs ohne Relevanz (vgl 5 Ob 167/11m).

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

6. Die Antragsgegnerin hat die Einrede der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs erhoben und damit einen Zwischenstreit ausgelöst, sodass es der Billigkeit iSd § 37 Abs 3 Z 17 MRG entspricht, dass sie den Antragstellern die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung ersetzt, in der diese auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben. Die Bemessungsgrundlage richtet sich jedoch nach § 10 Z 3 a) aa) zweiter Fall RATG.

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