European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0070NC00022.17W.1218.000
Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, anstelle des Bezirksgerichts Bad Ischl das Bezirksgericht für Handelssachen Wien zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache des Bezirksgerichts Bad Ischl AZ 9 C 37/17v zu bestimmen, wird abgewiesen.
Begründung:
Mit ihrer am 8. 9. 2017 beim Bezirksgericht Bad Ischl eingebrachten Klage begehrt die in Wien wohnhafte Klägerin von der in Bad Ischl ansässigen Beklagten die Zahlung von 5.782 EUR an – für ihren in der Krankenversicherung mitversicherten Sohn – aufgewendeten Krankenhauskosten. Weiters beantragte sie die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht für Handelssachen Wien, weil sowohl sie als auch die beiden von ihr beantragten Zeugen ihren Wohnsitz und der Klagevertreter seinen Sitz in Wien hätten.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Gegen die Delegierung sprach sie sich aus, weil sowohl die von ihr beantragte Zeugin als auch der Beklagtenvertreter in Bad Ischl ansässig seien.
Das Vorlagegericht sprach sich für die Delegierung aus.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS‑Justiz RS0046441). Aus Gründen der Zweckmäßigkeit soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (RIS‑Justiz RS0046333). Die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei ist daher nur dann auszusprechen, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS‑Justiz RS0046589).
Im vorliegenden Fall haben die Klägerin und die beiden von ihr beantragten Zeugen ihren Wohnsitz, der Klagevertreter seinen Kanzleisitz in Wien. Die von der Beklagten beantragte Zeugin und der Beklagtenvertreter sind hingegen in Bad Ischl ansässig. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Einvernahme auswärtiger Zeugen im Wege der Videokonferenz – wie von der Klägerin auch beantragt – sind bei einer Verfahrensführung in Bad Ischl keine höheren (zB Fahrt‑)Kosten zu erwarten. Technische oder andere Gründe, die einer Vernehmung der auswärtigen Zeugen per Videokonferenz entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich. Die Beweisaufnahme im Wege der Videokonferenz hat der Gesetzgeber sogar zur unmittelbaren Beweisaufnahme erklärt (§ 277 ZPO). Eine Verfahrensbeschleunigung durch die von der Klägerin gewünschte Delegierung wäre nicht zu erwarten (vgl 9 Nc 9/17y mzwN).
Es liegen insgesamt keine ausreichenden Umstände zugunsten aller Parteien dafür vor, dass mit einer Delegierung eindeutig eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung, Kostenreduzierung oder eine hinlängliche Erleichterung des Gerichtszugangs einherginge.
Der unbegründete Delegierungsantrag der Klägerin ist daher abzuweisen.
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