European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0100OB00050.17A.1114.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Gestützt auf das von ihr behauptete Eigentum begehrt die Wiederaufnahmsbeklagte im Vorprozess von der Wiederaufnahmsklägerin die Herausgabe eines Fahrzeugs. Dem hält die Wiederaufnahmsklägerin im Vorverfahren gutgläubigen Erwerb entgegen. Das Erstgericht gab im Vorprozess dem Herausgabebegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der im Vorverfahren beklagten Wiederaufnahmsklägerin wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 14. November 2017, 10 Ob 29/17p, zurück.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Wiederaufnahmsklägerin (in weiterer Folge: Klägerin) die Wiederaufnahme des Vorverfahrens, die Aufhebung des Urteils des Erstgerichts im Vorverfahren und die Abweisung des Klagebegehrens auf Herausgabe des im Begehren detailliert bezeichneten Fahrzeugs.
Das Erstgericht wies den Antrag der Klägerin auf Unterbrechung des anhängigen Rechtsmittelverfahrens im Vorprozess ab (Spruchpunkt 1). Weiters wies es den Antrag der Wiederaufnahmsbeklagten (in weiterer Folge: Beklagte), die Klageänderung vom 17. 3. 2017 nicht zuzulassen, ab (Spruchpunkt 2) und die Wiederaufnahmsklage zurück (Spruchpunkt 3).
Das Rekursgericht wies den Rekurs der Klägerin gegen die Entscheidungen des Erstgerichts in den Spruchpunkten 1 und 2 zurück. Hinsichtlich des Spruchpunkts 3 bestätigte das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichts. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs hinsichtlich des Spruchpunkts 1 jedenfalls unzulässig sei. Hinsichtlich der Spruchpunkte 2 und 3 sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der (ordentliche) Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
In ihrem gegen die Entscheidung des Rekursgerichts in den Spruchpunkten 2 und 3 gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO auf.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerin stützt die Wiederaufnahmsklage auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO. Nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO berechtigen nur solche neuen Tatsachen und Beweismittel zur Wiederaufnahmsklage, deren Vorbringen und Benützung in früheren Verfahren eine der Partei günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Die neuen Beweise müssen abstrakt geeignet sein, eine wesentliche Änderung herbeizuführen, wobei von der dem früheren Urteil zugrundeliegenden Rechtsansicht auszugehen ist; dabei handelt es sich letztlich um eine Schlüssigkeitsprüfung (10 ObS 139/15m, RIS‑Justiz RS0044631). Lässt sich jedoch der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund überhaupt unter keinen der im Gesetz angeführten Wiederaufnahmsgründe einordnen oder steht er in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung, könnte der Wiederaufnahmswerber also auch bei Zutreffen der behaupteten Wiederaufnahmsgründe eine Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung nicht erreichen, so ist die Wiederaufnahmsklage bereits im Vorprüfungsverfahren zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0117780).
2. Ob im Einzelfall ein Vorbringen zur Darstellung eines Wiederaufnahmsgrundes ausreicht oder nicht, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO dar, soweit nicht eine krasse Fehlbeurteilung vorliegt, die aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren wäre (10 ObS 139/15m mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung zeigt die Revisionsrekurswerberin nicht auf.
3.1 Die – zutreffende – Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass schuldrechtliche Aspekte nicht mit Erfolg gegen den sachenrechtlichen Herausgabeanspruch der Beklagten im Vorprozess eingewendet werden können, wird von der Revisionsrekurswerberin nicht in Zweifel gezogen.
3.2 Der von der Klägerin für ihren Rechtsstandpunkt ins Treffen geführte gerichtliche Vergleich der Beklagten als Leasinggeberin und ihren Leasingnehmern vom 19. 1. 2016 wurde ohnedies vom Rekursgericht als – zumindest nach dem Vorbringen der Klägerin ausreichender – möglicher Titel für einen Eigentumserwerb der Leasingnehmer der Beklagten am Fahrzeug angesehen.
3.3 Das Rekursgericht führte aus, dass zum Erwerb des Eigentums Titel und Modus erforderlich sind (§ 380 ABGB). Die Klägerin habe jedoch zum für den Eigentumserwerb erforderlichen Modus nicht einmal ansatzweise ein Vorbringen erstattet. Dem hält die Klägerin im Revisionsrekurs lediglich entgegen, dass der Modus im Verfahren „unstrittig“ gewesen sei. Das Fahrzeug befinde sich bereits bei ihr „als letztes Glied in der Verkaufskette“, sie solle daran nach dem Willen eines Mitleasingnehmers der Beklagten Eigentum erhalten. Eine Eigentumsübertragung sei zudem mittels Besitzkonstituts, Besitzanweisung oder Übergabe kurzer Hand zulässig. Sie zeigt damit jedoch keine Unvertretbarkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichts auf, weil es nicht um den für eine Eigentumsübertragung an die Klägerin erforderlichen Modus geht. Vielmehr kommt es, worauf das Rekursgericht hingewiesen hat, auf den von der Klägerin behaupteten Eigentumserwerb der Leasingnehmer der Beklagten am hier zu behandelnden Fahrzeug an. Ausgehend davon liegt die von der Revisionsrekurswerberin behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens nicht vor (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).
4. Allein aus den Gründen einer Entscheidung kann, worauf das Rekursgericht in seiner Entscheidung zu Spruchpunkt 2 hingewiesen hat, eine Beschwer nicht abgeleitet werden (RIS‑Justiz RS0043947). Einer der von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle, in denen eine Beschwer durch die Begründung (und nicht den Spruch) anerkannt wird (zB bei Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse oder bei Zwischenurteilen, vgl RIS‑Justiz RS0043947 [T6]) liegt nicht vor, sodass die Revisionsrekurswerberin auch in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufzeigt.
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