OGH 1Nc48/17z

OGH1Nc48/17z9.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu AZ 32 Cg 11/17y anhängigen Rechtssache der klagenden Partei M***** S*****, vertreten durch die Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Kommandit‑Partnerschaft, Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 5.280,85 EUR sA, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010NC00048.17Z.1009.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zurückgestellt.

 

Begründung:

Der Kläger begehrt mit seiner beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Amtshaftungsklage vom Bund die Zahlung von 5.280,85 EUR sA. Nach den Klagsbehauptungen leitet er seinen Amtshaftungsanspruch zwar auch „aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien“ ab (S 2) und fordert insbesondere jene Kosten, die „aufgrund des nichtigen Berufungsurteils“ entstanden seien (S 6). Inhaltlich macht der anwaltlich vertretene Kläger jedoch nur jene Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Arbeits‑ und Sozialgericht Wien geltend, die ihm aufgrund der Nichterfüllung konkreter Aufträge des Oberlandesgerichts Wien, der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils im zweiten Rechtsgang wegen Nichtigkeit durch dieses Oberlandesgericht und durch eine behauptete Verfahrensverschleppung entstanden seien. Letztlich argumentiert er, dass „die Entscheidung“ des Oberlandesgerichts Wien gesicherter oberstgerichtlicher Rechtsprechung entspreche. Zugleich beantragt er die Delegierung des Verfahrens gemäß § 9 Abs 4 AHG an ein anderes Gericht gleicher Gattung (genannt wird ein Gericht im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien).

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung im Sinne des § 9 Abs 4 AHG „unter Hinweis auf das Klagsvorbringen“ vor.

Diese Vorlage ist nicht berechtigt, weil der Oberste Gerichtshof (derzeit) zu einer Delegierung nach der zitierten Gesetzesstelle nicht zuständig ist.

Rechtliche Beurteilung

1. Voranzustellen ist, dass nach der Judikatur die Fälle des § 9 Abs 4 AHG solche notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung sind (vgl nur die Nachweise bei Schragel , AHG 3 Rz 255). Ein Antragsrecht kommt den Parteien insoweit nicht zu (RIS‑Justiz RS0056449 [T27]). Der förmliche Delegierungsantrag des Klägers wäre daher als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0056449 [T33]).

2. Nach § 9 Abs 4 AHG hat das übergeordnete Gericht ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch unter anderem aus der Entscheidung eines Gerichtshofs abgeleitet wird, der nach den Bestimmungen des AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wäre.

Der Kläger begründet seinen Amtshaftungsanspruch (erkennbar) ausschließlich mit einem möglichen Fehlverhalten des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien, auch wenn er seinen Ersatzanspruch formal auch aus „einer Entscheidung des OLG Wien“ ableiten will. Welche Entscheidung das sein soll, wird in der Klagserzählung nicht dargelegt. Dass er „aufgrund des nichtigen Berufungsurteils“ entstandene Kosten fordert, ist sprachlich nicht korrekt und auch nicht gemeint, begehrt er doch die Kosten seiner Berufungsbeantwortung, die durch die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils im zweiten Rechtsgang wegen Nichtigkeit frustriert und damit nicht notwendig gewesen seien. Den Ausführungen des Klägers, der auch davon spricht, dass „die Entscheidung“ des Oberlandesgerichts Wien entsprechend einer gesicherten höchstgerichtlichen Judikatur ausgefallen sei, kann damit nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, er wolle seinen Amtshaftungsanspruch auch auf ein mögliches Fehlverhalten dieses Oberlandesgerichts, dem Berufungsgericht im Anlassverfahren, stützen. Selbst wenn man diese Beurteilung nicht teilen sollte, wäre der Kläger im Rahmen eines Verbesserungsverfahrens aufzufordern, bekanntzugeben, ob er die behaupteten Ersatzansprüche auch aus einer bestimmten Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien und mit welcher Begründung ableiten will.

Da derzeit nicht zu erkennen ist, dass das Oberlandesgericht Wien von potentiellen amtshaftungsbegründenden Vorwürfen erfasst wäre, ist der Akt an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zurückzustellen.

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