OGH 3Ob131/17m

OGH3Ob131/17m30.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*, vertreten durch Mag. Nicole Neugebauer‑Herl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei L*, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Dr. Friedrich Petri, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26. April 2017, GZ 40 R 259/16h‑24, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E119406

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

Bei Beurteilung der Frage, ob auf ein Recht stillschweigend verzichtet wurde, ist zwar besondere Vorsicht geboten; dies gilt ganz besonders dann, wenn aus der Nichtgeltendmachung von Dauertatbeständen durch längere Zeit auf einen stillschweigenden Kündigungsverzicht geschlossen werden soll (RIS‑Justiz RS0014420).

Aufgrund der Besonderheiten des hier zu beurteilenden Sachverhalts ist die Bejahung eines schlüssigen Verzichts der Klägerin auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG durch die Vorinstanzen allerdings nicht zu beanstanden:

Der schlüssige Verzicht der Klägerin ist hier nicht etwa bloß in der längeren Nichtausübung ihres Kündigungsrechts zu erblicken, sondern darin, dass sie ein früheres Verfahren über eine (auch) auf § 30 Abs 2 Z 4 erster und zweiter Fall MRG gestützte Aufkündigung, in dem die Beklagte selbst eingeräumt hatte, die Wohnung nur einmal wöchentlich zum Übernachten zu nutzen, während ihre Schwester das aufgekündigte Objekt seit elf Jahren „mit ihr“ (und nicht, wie die Klägerin unterstellt, „im gemeinsamen Haushalt mit ihr“) bewohne und den Mietzins begleiche, durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs beendete; darin verpflichtete sich die Beklagte – abgesehen von hier nicht relevanten Punkten – zur Zahlung eines höheren Mietzinses. Diese Vorgangsweise kann von einem redlichen Erklärungsempfänger aber nur so verstanden werden, dass die Klägerin bereit ist, die – abgesehen von Änderungen in der Person der Untermieter auch noch bei Zustellung der nunmehrigen (zweiten) Aufkündigung bestehende, an sich den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG verwirklichende – Situation, dass die Beklagte die von nicht eintrittsberechtigten Personen (Untermietern) bewohnte aufgekündigte Wohnung selbst nur in sehr geringem Ausmaß (als Absteige) nutzt, gegen Leistung eines erhöhten Mietzinses hinzunehmen.

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