European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00166.16D.0707.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 15 Abs 1 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Im Firmenbuch ist seit 4. 5. 2010 die S***** KG (künftig „KG“) eingetragen, deren Komplementär der geschäftsführende Alleingesellschafter der seit 11. 12. 2015 im Firmenbuch eingetragenen i***** GmbH (künftig „GmbH“) ist und die nur eine Kommanditistin hat.
Nachdem bei der KG mit Eingabe vom 17. 12. 2015 deren Löschung, die Eintragung des Abtretungsvertrags vom 17. 12. 2015 und die Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch die GmbH beantragt worden war, stellte der geschäftsführende Alleingesellschafter der GmbH nach Aufforderung des Erstgerichts den Antrag, bei der GmbH die Übertragung der Mitunternehmeranteile der Gesellschafter an der KG auf die GmbH einzutragen. Mit Abtretungsvertrag vom 17. 12. 2015 hätten der Komplementär und die Kommanditistin ihre gesamten Gesellschaftsanteile an der KG an die GmbH übertragen.
Das Erstgericht wies den bei der GmbH gestellten Antrag auf Eintragung des Übergangs des Vermögens der KG gemäß § 142 UGB auf die GmbH ab, weil der Aufforderung vom 23. 12. 2015, den positiven Wert des zu übertragenden Vermögens zu bescheinigen, nicht nachgekommen worden war.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Übertrügen sämtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft alle ihre Anteile an eine Kapitalgesellschaft (Einbringung aller Mitunternehmeranteile), habe das Firmenbuchgericht zu prüfen, ob die Eintragung gegen zwingende handelsrechtliche Normen verstoße. Der Komplementär und geschäftsführende Alleingesellschafter der GmbH hafte für die Schulden der KG unbeschränkt. Wäre der Verkehrswert der KG nicht positiv, läge in der Vermögensübernahme durch die GmbH eine nach § 82 GmbHG verbotene Zuwendung an den Alleingesellschafter. Eine solche wäre überdies schon dann gegeben, wenn nur der vom Komplementär an die GmbH übertragene Mitunternehmeranteil keinen positiven Verkehrswert aufwiese. Zutreffend habe das Erstgericht den Antrag des Geschäftsführers der GmbH abgewiesen, weil er dem Verbesserungsauftrag vom 23. 12. 2015 nicht nachgekommen sei. Überdies bestünden aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der am 7. 12. 2015 erfolgten Bargründung der GmbH Anzeichen für eine verdeckte Sacheinlage. Sollte die GmbH für die Übertragung des Mitunternehmeranteils ihres Alleingesellschafters diesem ein Entgelt gezahlt haben, wäre ein Mittelrückfluss an ihn erfolgt und damit die Umgehung der Sachgründungsvorschriften evident. Wäre das Entgelt – gemessen am Verkehrswert des Anteils – überhöht, läge zusätzlich eine verdeckte Einlagenrückgewähr vor.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
1. Der auf die Bewilligung der bei der KG begehrten Eintragungen gerichtete Abänderungsantrag ist verfehlt, weil diese Eintragungen nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind.
2. Unzutreffend begründet das Rechtsmittel den Aufhebungsantrag damit, dass über den Eintragungsantrag bei der KG noch nicht entschieden wurde.
3. Entgegen der Behauptung der Rechtsmittelwerber wurde der Verbesserungsauftrag des Erstgerichts vom 23. 12. 2015 nach der Aktenlage dem als Vertreter des Geschäftsführers einschreitenden Notar am 24. 12. 2015 elektronisch zugestellt. Es trifft auch nicht zu, dass dem Beschluss zu entnehmen ist, es handle sich um die Feststellung des Verkehrswerts des vom Alleingesellschafter in die GmbH eingebrachten Einzelunternehmens.
4.1. Verbleibt bei einer eingetragenen Personengesellschaft (Offene Gesellschaft oder Kommanditgesellschaft) nur noch ein Gesellschafter, so erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über (§ 142 Abs 1 UGB).
4.2. Nach der den Fall einer GmbH & Co KG betreffenden Rechtsprechung tritt durch analoge Anwendung des § 142 Abs 1 UGB eine Gesamtrechtsnachfolge auch dann ein, wenn alle Gesellschafter einer Personengesellschaft ihre Geschäftsanteile auf eine von ihnen neu gegründete Gesellschaft übertragen. Dadurch, dass alle Gesellschafter der KG ihre Anteile der GmbH übertragen, ändert sich zunächst an der Identität der KG nichts; vielmehr kommt es gleichzeitig zu einem Anwachsen nach § 142 UGB und damit auch zu einer Gesamtrechtsnachfolge der GmbH. Wollte man den Gesellschaftern die Übertragung aller Anteile auf einen einzigen Erwerber im Weg der Abtretung versagen, so hätte dies zur Folge, dass der Erwerber zunächst durch Abtretung eines Gesellschaftsanteils Gesellschafter werden müsste, um sodann durch Anwachsen nach § 142 UGB die übrigen Anteile zu erwerben. Für einen derartigen Umweg besteht aber keine Notwendigkeit (2 Ob 54/00f).
4.3. Die analoge Anwendung des § 142 Abs 1 UGB wird auch dann bejaht, wenn das Ausscheiden der bisherigen Gesellschafter der Personengesellschaft und Eintritt desjenigen, auf den das Unternehmen der Personengesellschaft zum Zweck der Fortführung als Einzelunternehmen vereinbarungsgemäß übergehen soll, gleichzeitig erfolgen (4 Ob 78/01a; RIS-Justiz RS0115542).
4.4. Der hier zu beurteilende Fall ist dem zuletzt genannten Fall gleichgelagert. Es erschiene als unnötiger Formalismus, die Anwendbarkeit des § 142 Abs 1 UGB davon abhängig zu machen, dass die GmbH, auf die das Vermögen der KG übergehen soll, noch vor dem Ausscheiden der bisherigen Gesellschafter formell als Gesellschafter beitritt.
5. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in der ausführlich begründeten Entscheidung 6 Ob 25/17w ausgesprochen, dass die Vermögensübernahme nach § 142 UGB entsprechend der bestehenden Praxis sowohl bei der übertragenden Gesellschaft als auch beim übernehmenden Gesellschafter zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden und gleichzeitig einzutragen ist, sofern dieser Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen oder im Zug der Vermögensübernahme einzutragen ist. Wird die Vermögensübernahme nach § 142 UGB eingetragen, ist eine allfällige gleichzeitig damit verbundene (Teil-)Betriebsübertragung (§ 3 Abs 1 Z 15 FBG) weder anzumelden noch einzutragen. Die Anmelde- und Eintragungspflicht der Anwachsung nach § 142 UGB bei beiden beteiligten Rechtsträgern beruht nicht auf einer analogen Anwendung des § 3 Abs 1 Z 15 FBG, sondern der einschlägigen Bestimmungen bei den unternehmensrechtlich geregelten Umgründungen (Verschmelzung, Spaltung, Umwandlung) mit dem wesentlichen Aspekt der Gesamtrechtsnachfolge.
6.1. Zu Unrecht meinen die Rechtsmittelwerber, das Firmenbuchgericht habe im zu beurteilenden Fall nicht zu überprüfen, ob zwingende unternehmensrechtliche Normen verletzt seien, weil der Rechtserwerb bereits eingetreten sei. Sie übersehen, dass es zu keinem Rechtserwerb kommt, wenn die Verletzung der zwingenden Normen die Nichtigkeit der Übertragung zur Folge hat.
6.2. Auf die von den Rechtsmittelwerbern sonst nicht angegriffenen, auf der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beruhenden Ausführungen des Rekursgerichts zur materiellen Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts, zum Bestehen von Verdachtsmomenten an der Gültigkeit des Abtretungsvertrags und zur Pflicht desjenigen, der eine Eintragung im Firmenbuch anstrebt, das Vorliegen ihrer Voraussetzungen nachzuweisen, kann verwiesen werden.
7.1. Die Behauptung im Revisionsrekurs, der Preis für die Abtretung des Mitunternehmeranteils des Alleingesellschafters habe 569,15 EUR betragen, ist eine im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof unbeachtliche Neuerung (§ 66 Abs 2 AußStrG iVm § 15 Abs 1 FBG).
7.2. Der Verweis auf Ausführungen in einem Revisionsrekurs in einem anderen Firmenbuchverfahren, das die Einbringung des Einzelunternehmens des Alleingesellschafters in die GmbH betrifft, ist unbeachtlich, wird doch damit das hier zu behandelnde Rechtsmittel nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0007029, RS0043579; 6 Ob 224/07w).
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