OGH 1Ob57/17i

OGH1Ob57/17i28.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei > >v*****, vertreten durch Dr. Klaus Perktold, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. DI J***** L*****, 2. M***** Z*****, und 3. J***** S*****, alle Landtagsabgeordnete, vertreten durch die Dr. Holzmann Rechtsanwalt GmbH, Innsbruck, wegen 548.752,50 EUR sA und Feststellung (Streitwert 182.917,50 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 9. Februar 2017, GZ 2 R 3/17h‑13, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 27. September 2016, GZ 17 Cg 27/16m‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00057.17I.0628.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil lautet:

„Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 548.752,50 EUR samt 4 % Zinsen aus 60.972,50 EUR seit dem 12. 1. 2016, 4 % Zinsen aus weiteren 60.972,50 EUR seit dem 25. 2. 2016, 4 % Zinsen aus weiteren 60.972,50 EUR seit dem 25. 3. 2016, 4 % Zinsen aus weiteren 60.972,50 EUR seit dem 25. 4. 2016, 4 % Zinsen aus weiteren 60.972,50 EUR seit dem 25. 5. 2016, 4 % Zinsen aus weiteren 60.972,50 EUR seit dem 25. 6. 2016, 4 % Zinsen aus weiteren 60.972,50 EUR seit dem 25. 7. 2016, 4 % Zinsen aus weiteren 60.972,50 EUR seit dem 25. 8. 2016 sowie 4 % Zinsen aus weiteren 60.972,50 EUR seit dem 25. 9. 2016 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die beklagten Parteien der klagenden Partei für sämtliche weiteren Schäden zur ungeteilten Hand haften, die „aus der Unterlassung des bis zum 15. 12. 2015 einzubringenden Antrags auf Zuerkennung der Parteiförderung gemäß § 9 Abs 3 des Tiroler Parteienfinanzierungs‑ und Klubförderungsgesetzes für das Kalenderjahr 2016 an die klagende Partei entstehen.“

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 79.374,16 EUR (darin 3.162,69 EUR USt und 60.398 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die klagende politische Partei wurde Anfang 2013 konstituiert und erreichte (als Wahlpartei) bei der im April durchgeführten Wahl zum Tiroler Landtag 2013 9,54 % der gültigen Stimmen und damit vier Sitze im Landtag. Unmittelbar nach diesem Wahlerfolg entstanden Streitigkeiten innerhalb der Partei darüber, welche Personen die Landtagssitze bekleiden sollten. Die drei Beklagten und eine weitere Person, die auf der Wahlliste erstgereiht waren, widersetzten sich dem Ansinnen des anderen „Lagers“, auf ihre Landtagsmandate zu verzichten. Die einzigen Einnahmequellen der klagenden Partei waren/sind die Parteiförderung und die Klubförderung. Bis zur Wahl wurden die erforderlichen Mittel faktisch ausschließlich von einem (weiteren) Gründungsmitglied bereitgestellt. Bereits wenige Tage nach der Wahl war die klagende Partei klageweise von einem Vertragspartner für Leistungen im Zuge des Wahlkampfs auf einen Betrag in Höhe von mehr als 650.000 EUR in Anspruch genommen worden. Als es im Dezember 2013 zu einem „Einigungsparteitag“ kam, war allen bewusst, dass die Partei allfällige Zahlungspflichten aus dem genannten Vertrag nur über die (monatlich auszubezahlende) Parteienförderung und über einen längeren Zeitraum aufbringen könnte. Angesichts des Wahlergebnisses betrug die jährliche Parteienförderung für die klagende Partei mehr als 730.000 EUR. Beim Parteitag wurde der Vorstand schließlich mit Personen aus den einander gegenüberstehenden Lagern beschickt. Die drei Beklagten unterfertigten im Zuge des Parteitages folgende „Zusage“:

„Mit diesem Schreiben bestätigen die Mitglieder des > >v***** Landesklub unwiderruflich, dass sie innert der im Tiroler Parteienfinanzierungs‑ und Klubförderungsgesetz 2012 vorgesehenen Einreichfrist, mit zumindest drei Unterschriften der Mandatare die Parteienfinanzierung für die politische Partei > >v***** beantragen werden.

Um Parteienförderung für das Jahr 2014 in der Höhe von € 731.670 wurde bereits am 6. Dezember 2013 angesucht. Für die Beantragung für alle Folgejahre der 16. Periode des Tiroler Landtages dient diese Zusage als Grundlage.

Die Mitglieder des > >v***** Landtagsklubs bestätigen mit deren Unterschrift, dass sie die Parteienförderung rechtzeitig beantragen, und die Auszahlung für das Jahr 2014 sowie für alle weiteren Jahre der 16. Periode des Tiroler Landtages auf das Konto ..., lautend auf Partei V***** veranlassen werden.

Mit freundlichen Grüßen

> >v***** Landtagsklub“

Obwohl es schon kurze Zeit nach dem Parteitag innerhalb der klagenden Partei erneut zu Streitigkeiten gekommen war, suchten die Beklagten im Sinne ihrer Zusage für die Jahre 2014 und 2015 um die Parteienförderung an, die auch ausgezahlt wurde. Im Februar 2015 erklärten sie allerdings „aufgrund unüberbrückbarer Differenzen“ mit dem neuen Parteivorstand ihren Austritt aus der klagenden Partei und gründeten eine neue politische Partei; unstrittig ist, dass auch die vierte Abgeordnete nicht mehr Mitglied der klagenden Partei bzw deren Landtagsklubs ist. Trotz Aufforderung stellten die Beklagten für das Jahr 2016 entgegen ihrer Zusage den Antrag auf Parteienförderung nicht mehr und ermächtigten auch den Obmann der klagenden Partei nicht zu einer Antragstellung. Der daraufhin von ihm selbst namens der klagenden Partei gestellte Antrag wurde von der Tiroler Landesregierung mangels Erfüllung der Voraussetzungen zurückgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Tirol als unbegründet ab. Die klagende Partei erhält seit 1. 1. 2016 keine Parteienförderung mehr. Diese hatte bis dahin monatlich 60.972,50 EUR betragen.

Die klagende Partei begehrt von der Beklagten nun zur ungeteilten Hand aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung von 548.752,50 EUR samt Zinsen (für die Monate Jänner bis September 2016) sowie die Feststellung, dass ihr die Beklagten für sämtliche (weitere) Schäden haften, die aus der Unterlassung des Antrags auf Zuerkennung der Parteiförderung entstehen. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, beim Einigungsparteitag sei die Bereitschaft bestimmter Mitglieder, eine Vorstandsfunktion zu übernehmen, daran geknüpft worden, dass auch für die restliche Legislaturperiode der Zufluss der Parteienförderung gesichert ist, zumal die einzige Einnahmequelle die Förderungsmittel gewesen seien. Nachdem die Forderung des Erstbeklagten danach, dass ein bestimmtes Mitglied keine Funktion in der Partei übernimmt, erfüllt worden sei, hätten sich die Beklagten bereit erklärt, die unwiderrufliche Verpflichtung zu übernehmen, auch in Zukunft die erforderlichen Schritte zu setzen, um die Förderungsmittel für die klagende Partei zu erhalten. Nur aufgrund der schriftlichen Verpflichtungserklärung der Beklagten hätten in der Folge die gewählten Vorstandsmitglieder die Wahl angenommen. Der Erstbeklagte habe die Erklärung von sich aus textiert und abgefasst. Sie sei bereits am Tag vor dem Einigungsparteitag der Einigungskommission übermittelt worden. Diese Verpflichtungserklärung sei gerade auch für den Fall abgegeben worden, dass die Beklagten neuerlich Bestrebungen zeigen könnten, aus der Partei auszutreten. Sie wären daher auch nach ihrem Parteiaustritt verpflichtet geblieben, die abgegebene Zusage einzuhalten und die klagende Partei nicht durch Unterlassen der zwingend erforderlichen Antragstellung zu schädigen. Hätten die Beklagten entsprechend ihrer Zusage den Antrag für das Jahr 2016 gestellt, wäre der klagenden Partei die Parteienförderung zugekommen. Bei zutreffender Gesetzesauslegung hätte die klagende Partei nämlich ungeachtet der nicht mehr bestehenden Parteizugehörigkeit ihrer Abgeordneten Anspruch auf die Förderungsmittel gehabt. Da die ursprünglich berufenen Mandatare ihre Stellung als Abgeordnete behalten hätten, sei die klagende Partei weiterhin als eine „im Landtag vertretene politische Partei“ anzusehen, die Anspruch auf Parteienförderung habe.

Die Beklagten wandten dagegen im Wesentlichen ein, sie hätten der klagenden Partei keinen Schaden zugefügt, weil diese für das Jahr 2016 keinen Anspruch auf Parteienförderung gehabt habe. Nach ihrem Austritt aus der klagenden Partei und der Gründung einer neuen politischen Partei sei die klagende Partei nicht mehr durch die ihr bisher zurechenbaren Abgeordneten im Landtag vertreten und habe daher keinen Anspruch auf Parteienförderung, auch wenn die neu gegründete Partei diesen Anspruch nicht habe erwerben können. Sie seien seit ihrem Parteiaustritt und der Gründung der neuen Partei zur Antragstellung im Sinne der schriftlichen Zusage weder berechtigt noch verpflichtet. Die Zusage habe sich ausdrücklich auf ihre Funktion als Mitglieder des Landtagsklubs der klagenden Partei bezogen; ihre Erfüllung „sei rechtlich unmöglich geworden“. Zudem sei im Tiroler Landtag beschlossen worden, dass der klagenden Partei „nach ihrem Austritt keine Parteienförderung mehr gebühre“. Von den Beklagten könne nicht verlangt werden, im Interesse der klagenden Partei von einem Parteiaustritt trotz der unüberbrückbaren Differenzen Abstand zu nehmen. Auch während des erstinstanzlichen Verfahrens lehnten es die Beklagten im Zuge von Vergleichsgesprächen ab, die Parteienförderung (für das Jahr 2017) zu beantragen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Gemäß § 2 Abs 1 Tiroler Parteienfinanzierungs‑ und Klubförderungsgesetz 2012 (TPKG) fördere das Land Tirol auf Antrag „im Landtag vertretene politische Parteien“ bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung auf der Ebene des Landes, einschließlich der Tätigkeit allfälliger Bezirksorganisationen, und auf der Ebene der Gemeinden Tirols durch die jährliche Zuwendung von Fördermitteln (Parteienförderung). Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch könne nicht mehr gesagt werden, dass die Beklagten (nach ihrem Austritt) der klagenden Partei zuzuordnen wären und diese im Landtag vertreten wäre; die Beklagten würden sich vielmehr ausdrücklich nicht mehr zur klagenden Partei bekennen. Wäre nur auf den ursprünglichen Wahlerfolg abzustellen, hätte der Gesetzgeber keine Ermächtigung der Landtagsmandatare für den Antrag auf Parteienförderung vorsehen müssen. Seit dem Austritt der Beklagten habe die klagende Partei daher keinen Anspruch auf Parteienförderung mehr.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Das TPKG sehe neben der Klubförderung (§ 3) in § 2 Abs 1 die Unterstützung der Parteien bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Landes einschließlich der Tätigkeit allfälliger Bezirksorganisationen, und auf der Ebene der Gemeinden Tirols, vor. Daraus „folge“, dass eine politische Partei nur so lange im Landtag vertreten ist, als sie über ihr zuordenbare Abgeordnete verfügt, die für sie im Landtag an der politischen Willensbildung durch parlamentarische Tätigkeiten mitwirken können. Ohne ihr zuordenbare Abgeordnete fehle ihr jedwede Möglichkeit, an der parlamentarischen Tätigkeit im Landtag teilzunehmen und mitzuwirken. Dem Erstgericht sei daher darin beizupflichten, dass die klagende Partei seit 15. 12. 2015 nicht mehr im Tiroler Landtag vertreten ist und daher bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Parteienförderung für das Jahr 2016 gehabt habe. Darüber hinaus seien die Beklagten ab dem Zeitpunkt der Mandatsrücklegung bzw des Parteiaustritts nicht mehr der klagenden Partei als deren Landtagsabgeordnete zuzuordnen und wären daher auch nicht legitimiert gewesen, den nach § 9 Abs 3 TPKG geforderten Antrag einzubringen bzw eine Person für die Antragstellung zu ermächtigen. Ein Landtagsabgeordneter sei einer politischen Partei nur solange zuzuordnen, als er im Landtag für diese Partei an der politischen Willensbildung teilnimmt und mitwirkt. Der klagenden Partei sei zwar beizupflichten, dass es den Beklagten faktisch möglich gewesen wäre, Parteienförderung für die klagende Partei für das Jahr 2016 zu beantragen, allerdings seien sie hiezu nicht (mehr) legitimiert gewesen. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig. Dass während laufender Legislaturperiode sämtliche Abgeordneten einer Partei austreten, sei einzigartig, sodass der Beurteilung der daraus resultierenden Rechtsfragen – bezogen auf das TPKG – keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Soweit die klagende Partei in ihrer Revision (weiterhin) die Auffassung vertritt, im Schadenersatzprozess müsse – nach einem entsprechenden Beweisverfahren – beurteilt werden, wie die für die Auszahlung der Parteienförderung zuständige Behörde tatsächlich entschieden hätte, wenn die Beklagten ihre notwendige Mitwirkung an der Antragstellung nicht unterlassen hätten, ist ihr allerdings nicht zu folgen. Zu vergleichbaren Fällen – etwa zur Ersatzpflicht eines Prozessbevollmächtigten wegen Vertretungsfehlern – wird judiziert, dass bei der Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausgangs nicht darauf abzustellen ist, wie das Gericht des Vorprozesses, wären die beanstandeten Unterlassungen unterblieben, seinerzeit entschieden hätte, sondern darauf, wie richtigerweise hätte entschieden werden müssen (RIS‑Justiz RS0115755). Geht es – wie hier – nicht um die Klärung strittiger Tatfragen, sondern ausschließlich um die rechtliche Beurteilung eines feststehenden Sachverhalts, ist die Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausgangs im Vorverfahren eine reine Rechtsfrage (9 Ob 22/15y = RIS‑Justiz RS0115755 [T4]). Kommt es nun aber nur darauf an, wie über einen formgerechten Antrag auf Parteienförderung richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre (in diesem Sinne auch RIS‑Justiz RS0022706 [T4, T6]), haben die Vorinstanzen zu Recht von der Durchführung eines Beweisverfahrens über den hypothetischen Entscheidungsinhalt abgesehen.

Wie bereits die Vorinstanzen richtig erkannt haben, kommt es für die Frage, ob der klagenden Partei für das Jahr 2016 Parteienförderung zu gewähren gewesen wäre entscheidend auf die Auslegung der in § 2 Abs 1 TPKG enthaltenden Formulierung „im Landtag vertretene politische Parteien“ an. Nur solchen kann ja Parteienförderung nach dieser Bestimmung gebühren.

Allein auf der Ebene der grammatikalischen Auslegung ergibt sich auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs kein eindeutiges Ergebnis. Ausgehend vom auch für die Wahl zum Tiroler Landtag geltenden Persönlichkeits‑ und Listenwahlrecht (vgl §§ 29 ff der Tiroler Landtagswahlordnung 2011 – TLWO 2011) üben die Abgeordneten ein freies Mandat aus, sodass auch für den Regelfall nicht gesagt werden kann, dass sie eine bestimmte politische Partei im rechtlichen Sinn „vertreten“ würden, zumal auch die einzelne politische Partei nicht mit jener Wahlpartei („Wählergruppe“ in der Diktion der TLWO 2011) identisch ist, die sich an der Wahl zum betreffenden Vertretungskörper beteiligt hat. Liegt nun aber eine „Vertretung“ im üblichen Wortsinn nicht vor, kann mit der verwendeten gesetzlichen Formulierung nur ein anderes Verhältnis zwischen der Partei und bestimmten Abgeordneten gemeint sein. Dass dabei die Parteizugehörigkeit im eigentlichen Sinn nicht ausschlaggebend ist, wird auch von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen, kommt es doch immer wieder vor, dass parteifreie Kandidaten auf Wahllisten gereiht werden und von einer Partei errungene Mandate besetzen; auch hier scheint die vierte Abgeordnete im Landtag nun als parteifreie („wilde“) Abgeordnete tätig zu sein. Zur Lösung der Rechtsfrage ist daher in erster Linie auf die sonstigen Auslegungsmethoden zurückzugreifen.

Im Rahmen der systematischen Auslegung ist zu beachten, dass sich die grundsätzlichen gesetzlichen Regelungen für die Parteienförderung in den §§ 2 und 3 des TPKG finden, wobei die Förderung von „im Landtag vertretenen politischen Parteien“ (§ 2) von jener der „im Landtag nicht vertretenen politischen Parteien“ (§ 3) abgegrenzt wird. Geht man nun davon aus, dass bei der gesetzlichen Formulierung primär diese Abgrenzungsfunktion im Vordergrund stand, spricht einiges dafür, dass mit den „im Landtag vertretenen politischen Parteien“ jene gemeint sind, die aufgrund des Erfolgs der ihnen zuzurechnenden Wahlpartei Landtagssitze errungen haben, die mit von ihr nominierten Abgeordneten besetzt wurden. Demgegenüber sind andere, „im Landtag nicht vertretene politische Parteien“ nur dann förderungswürdig, wenn sie bei der Wahl ebenfalls kandidiert, dort aber zwar keinen Abgeordnetensitz errungen, aber mindestens 2,5 % der gültigen Stimmen erhalten haben. Im Übrigen stellen beide Bestimmungen ausschließlich auf die Ergebnisse der (letzten) Landtagswahl ab, ordnen sie doch übereinstimmend an, dass die jeweiligen Fördermittel auf die in Betracht kommenden politischen Parteien im Verhältnis der bei der letzten Landtagswahl auf sie entfallenden gültigen Stimmen aufzuteilen sind (§ 2 Abs 2, § 3 Abs 2 TPKG).

Im Rahmen der teleologischen Auslegung ist zu fragen, welche Ziele der Gesetzgeber mit der zu beurteilenden gesetzlichen Regelung verfolgen wollte. Berücksichtigt man, dass das Gesetz klar zwischen der Parteienförderung und der Klubförderung unterscheidet, und nur letztere der „Unterstützung der parlamentarischen Tätigkeit“ (§ 1 Abs 2, § 5 Abs 1 TPKG) dienen soll, ergibt sich, dass es für die Parteienförderung gemäß § 2 TPKG nicht auf die politische Tätigkeit im Rahmen des Landtags ankommt. Daher wird für die Parteienförderung auch klar ausgesprochen (ähnlich die Regelung des SbgPFG; s dazu VfGH G 62/2017 ua), dass damit im Landtag vertretene politische Parteien bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung auf der Ebene des Landes, einschließlich der Tätigkeit allfälliger Bezirksorganisationen, und auf der Ebene der Gemeinden Tirols durch die jährliche Zuwendung von Fördermitteln (Parteienförderung) gefördert werden (§ 2 Abs 1 TPKG). Auch in der programmatischen Bestimmung des § 1 Abs 1 TPKG wird für die Parteienförderung darauf hingewiesen, dass das Land Tirol den politischen Parteien in Tirol für ihre Tätigkeit bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung Förderungen gewährt, die von den (Klub‑)Förderungen zur Unterstützung der parlamentarischen Tätigkeit abgegrenzt werden (§ 1 Abs 2 TPKG).

Es liegt nahe, dass nicht jede politische Partei durch die Parteienförderung unterstützt werden soll, sondern diese zumindest eine gewisse (landes‑)politische Bedeutung haben muss, um förderungswürdig zu erscheinen. Dass die Förderung nicht vom jeweils aktuellen Zuspruch der Wählerschaft abhängig sein kann, liegt schon deshalb nahe, weil dieser nicht ausreichend exakt festgestellt werden kann. Als geeigneter Parameter kommt daher nur der Wahlerfolg bei landesweiten Wahlgängen, hier also bei der Wahl zum Tiroler Landtag, in Betracht. Politischen Parteien, die zwar kein Landtagsmandat, aber doch mindestens 2,5 % der gültigen Stimmen errungen haben, soll eine einmalige Zuwendung von Fördermitteln gebühren (§ 3 Abs 1 TPKG), die wohl auch dazu dienen soll, die Wahlkampfkosten abzudecken. Eine darüber hinausgehende Bedeutung für die Mitwirkung an der politischen Willensbildung auf Landes‑, Bezirks‑ und Gemeindeebene wird hingegen jenen Parteien zugebilligt, deren Wahlerfolg so groß war, dass zumindest ein Landtagssitz errungen werden konnte. Wird diese Schwelle überschritten, soll die weitere Existenz dieser politischen Partei dadurch unterstützt werden, dass ihr für die Dauer der Legislaturperiode (monatlich auszuzahlende) Fördermittel (Parteienförderung) zur Verfügung gestellt werden. Die Förderung erfolgt ganz allgemein für die „Mitwirkung an der politischen Willensbildung“, ohne dass es dabei auf die parlamentarische Tätigkeit ankäme; dafür wird (zusätzlich) die Klubförderung nach den §§ 5 bis 8 TPKG gewährt. Bereits unter diesem Aspekt erscheint die Rechtsauffassung der Beklagten fragwürdig, der Anspruch auf Parteienförderung gehe verloren, wenn sich die ursprünglich von der betreffenden Partei nominierten Abgeordneten während der Legislaturperiode nicht mehr zu dieser bekennen. § 2 TPKG stellt ja primär auf eine bestimmte Größe und die damit einhergehende Bedeutung für die Mitwirkung an der politischen Willensbildung ab, wobei als Beurteilungsmaßstab das Wahlergebnis in gültigen Stimmen herangezogen wird. Der darin zum Ausdruck kommende Wählerzuspruch muss sich nicht notwendigerweise dadurch ändern, dass sich später die Abgeordneten von der politischen Partei abwenden. Das Gesetzesverständnis der Beklagten würde schließlich dazu führen, dass eine politische Partei die gesamte Parteienförderung behielte, wenn nur ein einziger Abgeordneter sich weiter zu ihr bekennt, alle anderen aber ihre politische Gesinnung ändern (und daraus auch formale Konsequenzen ziehen), was insofern inkonsequent erschiene, als auch dies zu einer (erheblichen) Verminderung des Grades der Mitwirkung an der politischen Willensbildung führen müsste, wenn man unterstellt, der „Austritt“ aller Abgeordneten mache eine politische Partei praktisch bedeutungslos und damit förderungsunwürdig. Fraglich wäre bei der Gesetzesauslegung der Beklagten auch, welches Kriterium dafür entscheidend sein sollte, dass bestimmte Abgeordnete nicht mehr der betreffenden politischen Partei „zuzuordnen“ sind und diese daher nicht mehr (durch diese Abgeordneten) im Landtag vertreten wäre. Der bloße Parteiaustritt kann schon deshalb nicht entscheidend sein, weil ja durchaus schon von vornherein Nichtparteimitglieder Landtagsmandate einer Partei bekleiden können. Gerade im vorliegenden Fall haben sich auch nur die drei Beklagten nach ihrem Austritt einer anderen (neu gegründeten) Partei angeschlossen, wogegen die vierte Abgeordnete einen solchen Parteiwechsel nicht vorgenommen hat.

Geht man nun davon aus, dass sich die Bedeutung einer politischen Partei für die politische Willensbildung auf Landes‑, Bezirks‑ und Gemeindeebene in praktikabler Weise primär am Wahlerfolg bei der letzten Landtagswahl festmachen lässt, erscheint es auch konsequent, dass der Landesgesetzgeber lediglich für die Klubförderung Regelungen für (nachträgliche) Änderungen der für die Aufteilung der Gesamtförderungssumme maßgebenden Verhältnisse während der Förderungsperiode (§ 7 TPKG) geschaffen hat, nicht aber für die Parteienförderung, die ja unabhängig von der parlamentarischen Tätigkeit erfolgt und sich am Wahlerfolg zu einem bestimmten Stichtag orientiert. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, dass für diesen Förderungsbereich eine spätere Loslösung von Abgeordneten von ihrer ursprünglichen Partei ohne Bedeutung sein soll.

Diese Auffassung entspricht auch dem klaren Regelungswillen des historischen Gesetzgebers, der in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage deutlich zum Ausdruck kommt: „Ein Unterschied zu dieser Regelung [Klubförderung] besteht freilich dahin, dass es hinsichtlich der Parteienförderung keine dem § 7 Abs 2 entsprechende Regelung über die Berücksichtigung der sich während der Förderungsperiode allenfalls ändernden anspruchsbestimmenden Verhältnisse braucht. Die Auszahlung knüpft hier nämlich am Wahlerfolg bei der letzten Landtagswahl an und bleibt – die weitere Existenz der politischen Partei und gültige Anträge nach § 9 Abs 1 durch eine nach § 9 Abs 3 ermächtigte Person vorausgesetzt – für die gesamte Förderungsperiode konstant.“

Unter Heranziehung aller anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung ergibt sich damit, dass die Wendung „im Landtag vertretene politische Parteien“ in § 2 TPKG dahin zu verstehen ist, dass eine Partei dann im Landtag vertreten ist, wenn die ihr zuzurechnende Wahlpartei aufgrund ihres Wahlerfolgs zumindest einen Landtagssitz errungen hat. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, haben doch sowohl die drei Beklagten als auch die vierte Abgeordnete ihre Landtagsmandate über die Wahlliste der klagenden Partei erhalten. Damit stand dieser auch für das Jahr 2016 Parteienförderung nach § 2 TPKG zu, die ihr allerdings deshalb nicht gewährt wurde, weil bei der Antragstellung die Regelung des § 9 Abs 3 TPKG nicht eingehalten wurde.

Die genannte Regelung sieht vor, dass Anträge von einer durch die Mehrheit der der betreffenden politischen Partei zuzuordnenden Landtagsabgeordneten schriftlich ermächtigten Person einzubringen sind. Dass die Beklagten ihre Mitwirkung an einer solchen Antragstellung entgegen ihrer schriftlichen „unwiderruflichen Zusage“ unterlassen haben, ist nicht strittig. Soweit sie sich in diesem Zusammenhang auf rechtliche Unmöglichkeit berufen, verkennen sie den Inhalt der von ihnen übernommenen Leistungspflicht. Sie haben sich nicht etwa dazu verpflichtet, der klagenden Partei die Förderungsmittel zukommen zu lassen, sondern – in Kenntnis des § 9 TPKG – lediglich zu der erforderlichen Mitwirkung an der Antragstellung. Eine solche war ihnen zweifellos möglich, selbst wenn sie die Auffassung vertreten haben sollten, der klagenden Partei stünde Parteienförderung ohnehin nicht zu. Einen vernünftigen Grund dafür, die zugesagte Mitwirkung an der Antragstellung zu unterlassen, gab es schon deshalb nicht, weil die bloße Leistung von Unterschriften für sie nicht die geringste Belastung dargestellt hätte und sie für den Erfolg des Antrags keineswegs einzustehen gehabt hätten.

Geht man von der – soeben dargelegten – Rechtslage aus, nach der die klagende Partei weiterhin als eine im Landtag vertretene politische Partei anzusehen ist, kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Beklagten der klagenden Partei „zuzuordnende Landtagsabgeordnete“ im Sinne des § 9 Abs 3 TPKG sind und daher allein berufen gewesen wären, die notwendigen Mitwirkungsschritte zu setzen, um eine formgerechte Antragstellung zu ermöglichen. Der Einwand, sie hätten ihre „unwiderrufliche Zusage“ lediglich als Mitglieder des Landtagsklubs abgegeben und wären an diese nach ihrem Ausscheiden nicht mehr gebunden, ist unverständlich, sollte die Erklärung doch nach dem festgestellten Sachverhalt und dem nicht substanziell bestrittenen Vorbringen der klagenden Partei in erster Linie dazu dienen, das Zufließen von Förderungsmitteln auch für den Fall ihres Austritts zu gewährleisten. Folgte man der Auffassung der Beklagten, wäre ihre Zusage von vornherein wertlos gewesen, was aber keinesfalls zu unterstellen ist.

Daran, dass die Beklagten schuldhaft, sogar vorsätzlich, ihre ausdrücklich übernommene Mitwirkungspflicht verletzt und damit den Schaden der klagenden Partei verursacht haben, kann kein Zweifel bestehen. Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass in der mündlichen Streitverhandlung die Mitwirkung an der Antragstellung für das Jahr 2017 erörtert, von den Beklagten aber abgelehnt wurde. Wenn die Revisionsgegner ihr Verschulden unter Hinweis auf die gegenteilige Rechtsmeinung in einem vom Amt der Tiroler Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten leugnen, übersehen sie offenbar, dass ihre vertraglich übernommene Verpflichtung (lediglich) darin bestand, die Parteienförderung für die klagende Partei „rechtzeitig zu beantragen“, also eine Ermächtigung im Sinne des § 9 Abs 3 TPKG zeitgerecht zu erteilen. Die Abgabe einer solchen Erklärung wäre ihnen nun – ohne jeglichen Aufwand – möglich gewesen, weshalb auch ihr Hinweis auf § 1447 ABGB ins Leere geht. Gerade angesichts des hohen Risikos eines Verstoßes gegen ihre Verpflichtung für die klagende Partei kann es die Beklagten nicht entlasten, wenn sie das ihnen politisch‑taktisch zweckmäßig erscheinende Vorgehen gewählt haben, ihre zugesagte Mitwirkung – möglicherweise in der irrigen Annahme, es bestünde ohnehin kein Anspruch auf Parteienförderung mehr – vertragswidrig zu verweigern. Die Frage, ob ein Antrag auf Parteienförderung Aussicht auf Erfolg haben kann, betraf allein die Sphäre der klagenden Partei; darum hatten sich die Beklagten nicht zu kümmern.

Im Zusammenhang mit dem Einwand der Revisionsgegner, die Entschließungen des Tiroler Landtags, mit denen die Landesregierung – unter Hinweis auf das erwähnte Rechtsgutachten – aufgefordert wurde, die Parteienförderung nicht auszuzahlen, sei als authentische Interpretation im Sinne des § 8 ABGB zu qualifizieren, unterlassen sie jede inhaltliche Auseinandersetzung mit den Erfordernissen für einen solchen Gesetzgebungsakt. Eine allgemein gültige, abstrakte Klarstellung einer Auslegungsfrage im Sinne des § 8 Satz 1 ABGB liegt schon nach dem Vorbringen der Beklagten keinesfalls vor.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher im Sinne einer vollständigen Klagestattgebung abzuändern. Das Zahlungsbegehren wurde der Höhe nach nicht bestritten. Im Hinblick auf die weiters begehrte Feststellung der Haftung der Beklagten für den Entgang der erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz fällig gewordenen Monatsbeträge für das Jahr 2016 liegt ein ausreichendes Feststellungsinteresse im Sinne des § 228 ZPO vor.

Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen beruht auf § 41 Abs 1 und § 46 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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