OGH 3Ob103/17v

OGH3Ob103/17v7.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen L*****, geboren am ***** 2010, wohnhaft bei der Mutter B*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Zimmert, Rechtsanwältin in Neunkirchen, wegen Obsorge über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters R*****, vertreten durch Kölly Anwälte OG in Oberpullendorf, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 10. April 2017, GZ 16 R 68/17i‑37, womit der Rekurs des Vaters gegen Punkt 3. des Beschlusses des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 12. Jänner 2017, GZ 6 Ps 194/15s‑22, zurückgewiesen und dem Rekurs gegen diesen Beschluss im Übrigen nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00103.17V.0607.000

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts richtet, zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss trug das Erstgericht den Eltern in dem anhängigen Obsorgeverfahren die Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation innerhalb von acht Wochen und die Vorlage einer Bestätigung darüber auf und erkannte diesem Beschluss vorläufig Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zu (Punkt 1. und 2. des Beschlusses). In Punkt 3. sprach es aus, dass dem Vater für den Fall, dass die Mediation nicht zu einer Einigung führe, aufgetragen wird, binnen längstens zehn Wochen bekanntzugeben, zu welchem Beweisthema er die Einvernahme von ihm namhaft gemachter Zeugen beantragt, widrigenfalls deren Einvernahme unterbleibe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters gegen den Auftrag zur Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Den Rekurs gegen Punkt 3. wies es mit der Begründung zurück, dass verfahrensleitende Beschlüsse gemäß § 45 AußStrG, soweit nicht deren selbständige Anfechtung angeordnet werde, nur mit Rekurs gegen die Entscheidung über die Sache anfechtbar seien.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters enthält zwar in seinem Rechtsmittelantrag (nur) die Erklärung, dass der bestätigende Teil der Rekursentscheidung angefochten werde. Den Rechtsmittelausführungen in Verbindung mit den Revisionsrekursanträgen ist allerdings zu entnehmen, dass der Vater auch die Zurückweisung seines Rekurses gegen Punkt 3. der erstgerichtlichen Entscheidung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit der Revisionsrekurs den Mediationsauftrag anficht, ist er unzulässig:

Der Vater selbst bezieht sich in seinem Revisionsrekurs auf den – auch aktenkundigen (ON 28) – Umstand, dass er nach Erhebung des Rekurses gemeinsam mit der Mutter an einem Erstgespräch über Mediation teilgenommen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer voraus, weil es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, rein theoretische Fragen zu entscheiden (Kodek in Rechberger, ZPO4 Vor § 461 Rz 9 mwN). Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Beschwer (RIS‑Justiz RS0041868; RS0006497; Zechner in Fasching/Konecny IV/I2 Vor §§ 514 ff ZPO Rz 66 mwN). Sie liegt vor, wenn der Rechtsmittelwerber in seinem Rechtsschutzbegehren durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt wird, er also ein Bedürfnis auf Rechtsschutz gegenüber der angefochtenen Entscheidung hat (RIS‑Justiz RS0041746; RS0043815). Ist das nicht der Fall, ist das Rechtsmittel auch dann zurückzuweisen, wenn die Entscheidung formal vom Antrag abweicht (RIS‑Justiz RS0041868 [T14, T15]). Das Rechtsschutzbedürfnis muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein (RIS‑Justiz RS0043815 [T27]; RS0006497 [T36]; zu allem jüngst: 3 Ob 48/17f).

Im vorliegenden Fall ist die Beschwer bezüglich des Mediationsauftrags weggefallen: Dieser mit dem Revisionsrekurs bekämpfte Auftrag entfaltet infolge seiner Befolgung durch die Eltern für die Zukunft keinerlei Rechtswirkungen. Eine Überprüfung der Rekursentscheidung in diesem Punkt könnte daher nur noch von theoretischem Interesse sein, weil sie auf die Rechtssphäre des Vaters keinen Einfluss mehr hat.

In diesem Punkt ist daher der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

2. Im Übrigen zeigt der außerordentliche Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf:

Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass gemäß § 45 Satz 2 AußStrG verfahrensleitende Beschlüsse, soweit nicht ihre selbständige Anfechtung angeordnet ist, nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Sache anfechtbar sind. Zu den verfahrensleitenden Beschlüssen gehört die Entscheidung über Beweisanträge. Darunter fallen auch die der Stoffsammlung dienenden Aufträge und Verfügungen (RIS‑Justiz RS0120910), die dem Vater in Punkt 3. des erstgerichtlichen Beschlusses erteilt wurden.

Soweit sich daher der Revisionsrekurs erkennbar auch gegen die Zurückweisung des Rekurses des Vaters gegen Punkt 3. der erstgerichtlichen Entscheidung richtet, ist er mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

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