OGH 5Ob52/17h

OGH5Ob52/17h4.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin E* GmbH, *, vertreten durch die Mag. Günter Novak‑Kaiser Rechtsanwalt GmbH, Murau, wegen grundbücherlicher Eintragungen in den EZZ * und * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 23. Jänner 2017, AZ 1 R 235/16z, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Murau vom 7. Oktober 2016, TZ 2110/2016, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118128

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

B e g r ü n d u n g :

Die Antragstellerin begehrte die Einverleibung der Dienstbarkeit gemäß § 111 Abs 4 WRG auf dem Grundstück 1086 der EZ * zugunsten des Grundstücks 247/2 der EZ * entsprechend dem Bescheid des Landeshauptmanns für Steiermark vom 29. 4. 2008 und die Ersichtlichmachung dieser Dienstbarkeit in der EZ *.

Die Vorinstanzen wiesen den Antrag übereinstimmend mangels ausreichender Bestimmtheit der einzuverleibenden Dienstbarkeit ab. Das Rekursgericht ergänzte, dass der vorgelegte Bescheid vom 29. 4. 2008 keinen Ausspruch einer Verpflichtung enthalte und daher keine Urkunde darstelle, aufgrund der nach § 33 Abs 1 lit d GBG eine Einverleibung stattfinden könnte.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin zeigt keine Rechtsfragen von erheblicher, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung auf:

1. Gemäß § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint. Auch bei öffentlichen Urkunden ist danach zu prüfen, ob ihr Inhalt und ihre Form das Eintragungsbegehren decken (5 Ob 39/91; RIS‑Justiz RS0060521).

2.1 Nach § 33 Abs 1 lit d GBG können Urkunden, die die Eigenschaft eines gerichtlich vollziehbaren Ausspruchs einer öffentlichen Behörde haben, Grundlage einer bücherlichen Einverleibung sein. Das Grundbuchsgericht ist dann nur zur Vollziehung des behördlichen Anspruchs berufen (Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht² § 33 GBG Rz 5, Rz 9).

2.2 Zu den Urkunden nach § 33 Abs 1 lit d GBG zählen jedenfalls solche, die einen Exekutionstitel im Sinne der EO bilden. Nach § 1 Z 10 EO kommen als Exekutionstitel auch Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche, welche von Verwaltungsbehörden oder anderen hierzu berufenen öffentlichen Organen gefällt wurden, in Frage. Solche Urkunden können zu einer grundbücherlichen Einverleibung eines Rechts führen, wenn sie eine darauf abzielende gerichtliche Exekution – insbesondere nach § 350 EO [„Einräumung oder Aufhebung bücherlicher Rechte“] gestatten (vgl RIS‑Justiz RS0004550; 5 Ob 66/01v [Verpflichtung zur unentgeltlichen und lastenfreien Abtretung eines Grundstücks oder von Grundstücksteilen ins öffentliche Gut]; 5 Ob 234/08k; Weigand aaO Rz 31). Bei einem behördlichen Bescheid ist daher zu prüfen, ob er überhaupt einen Ausspruch einer Verpflichtung (Leistung) enthält, durch die das Begehren begründet wird (RIS‑Justiz RS0060680 = 5 Ob 20/81; vgl 5 Ob 234/08k = RIS‑Justiz RS0004550 [T2]). Die bloße Feststellung eines Rechts ist keine Grundlage für eine Exekution gemäß § 350 EO (Heller/Berger/Stix EO4, 2516; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, Exekutionsordnung § 350 Rz 6 mwN).

3.1 § 111 Abs 4 WRG fingiert eine Dienstbarkeit, die auf der Fiktion einer stillschweigenden Zustimmung des Grundeigentümers zur Grundinanspruchnahnme basiert (vgl Oberleitner/Berger, WRG3 § 111 Rz 19; B. Rauschauer, Wasserrecht § 111 Rz 15) und zur Annahme des Bestands der Dienstbarkeit berechtigt, wenn die im Gesetz geforderten Voraussetzungen vorliegen, insbesondere der fremde Grund nur in einem für den Betroffenen unerheblichen Ausmaß in Anspruch genommen wird. Ist das der Fall, kann die „kleine Dienstbarkeit“ im Bewilligungsbescheid mit Feststellungs-wirkung festgehalten werden, was aber voraussetzt, dass im wasserrechtlichen Bescheid die – in ihrem Ausmaß für den Betroffenen unerhebliche – Inanspruchnahme der Grundflächen eindeutig bestimmt ist (RIS‑Justiz RS0082243; 1 Ob 13/94). Liegen diese Voraussetzungen vor, kann erforderlichenfalls unmittelbar eine Vollstreckungsverfügung erlassen werden (vgl 1 Ob 13/94; VwGH 24. 1. 1980, 2559/79; 27. 9. 1994, 92/07/0133).

3.2 Im Spruch des zur Begründung des Antrags vorgelegten Bescheids wird unter der Überschrift „Dienstbarkeit“ festgestellt, dass „mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die im Befund näher beschriebenen und in den genehmigten Projektunterlagen dargestellten geringfügigen Grundinanspruchnahmen die erforderlichen Dienstbarkeiten des Leitungsrechts [...] als eingeräumt anzusehen sind“. Diese Formulierung gibt bei richtigem Verständnis in erster Linie den Wortlaut des § 111 Abs 4 WRG wieder. Ob diesem Bescheid daher überhaupt eine Feststellungswirkung zukommen kann, weil – wie das Rekursgericht meint – weder der Begründung noch den angesprochenen Planunterlagen ausreichend bestimmt entnommen werden kann, dass für die bewilligte Anlage Grund in einem für den Betroffenen nur unerheblichen Ausmaß (dazu RIS‑Justiz RS0082243) in Anspruch genommen wird, muss hier nicht abschließend geprüft werden. Es begründet jedenfalls keine im Einzelfall (dazu RIS‑Justiz RS0004550 [T4]) aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht dem Bescheid keine im Sinn des § 350 EO exekutierbare Verpflichtung zubilligte, weil auch die bei ausreichender Bestimmtheit gegebene Feststellungswirkung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids (mangels eines gerichtlich vollziehbaren Anspruchs) keine taugliche Grundlage für die begehrte Einverleibung einer Dienstbarkeit und deren Ersichtlichmachung beim herrschenden Grundstück darstellt. Dass eine Vollstreckungsverfügung erlassen werden kann, wenn im wasserrechtlichen Bescheid die „kleine Dienstbarkeit“ gemäß § 111 Abs 4 WRG eindeutig bestimmt ist, ist zwar zutreffend (dazu 1 Ob 115/14i mwN), hier aber schon deshalb ohne Bedeutung, weil eine solche nicht zu beurteilen ist.

4. Da eine neuerliche Antragstellung auf Basis der hier vorliegenden Grundlage nicht erfolgreich wiederholt werden kann, erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit dem von den Vorinstanzen ebenfalls verneinten Erfordernis, dass nach § 12 Abs 1 GBG Inhalt und Umfang einer Dienstbarkeit zu ihrer Einverleibung möglichst bestimmt angegeben werden müssen (stRsp vgl RIS‑Justiz RS0060544).

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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