OGH 6Ob41/17y

OGH6Ob41/17y19.4.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. J***** Z*****, vertreten durch Dr. Martin Benning, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Klemens Dallinger, Rechtsanwalt, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R***** AG, *****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 40 Cg 27/13s (vormals AZ 15 Cg 251/00d) des Handelsgerichts Wien (Streitwert 7.267.283,42 EUR sA) über den Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 27. Juli 2016, GZ 3 Nc 2/16v‑14 mit dem die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen wird, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00041.17Y.0419.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zwar analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig (6 Ob 189/16m), er ist aber nicht berechtigt.

1.1.  Wie der erkennende Senat in seiner das selbe Verfahren betreffenden Vorentscheidung 6 Ob 189/16m bereits ausgesprochen hat, ist das Zivilgericht bei einer Wiederaufnahmsklage nach § 530 Z 1 bis Z 4 ZPO an die Einstellung der Staatsanwaltschaft gebunden (RIS‑Justiz RS0044634). Diese Rechtsprechung lässt sich auch auf die mit 1. 1. 2015 eingeführte Zurücklegung der Anzeige mangels ausreichenden Anfangsverdachts nach § 35c StAG übertragen, weil in diesem Fall die Staatsanwaltschaft sogar noch deutlicher als bei einer Einstellung zum Ausdruck bringt, dass eine Verfolgung nicht (weiter) stattfindet.

1.2.  Dass diese Bindungswirkung verfassungsrechtlich unbedenklich ist, hat der erkennende Senat in der Vorentscheidung 6 Ob 121/16m eingehend begründet. Darauf kann hier verwiesen werden. Wenn die Rechtsordnung die Wiederaufnahme eines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens Einschränkungen unterwirft, entspricht dies dem – gleichfalls von Art 6 EMRK geschützten – Gebot der Rechtssicherheit (6 Ob 189/16m).

1.3. Die im Rekurs vertretene Auffassung, das Prozessgericht habe selbst darüber zu entscheiden, ob eine strafbare Handlung vorliegt, widerspricht der ständigen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0044638). Im Übrigen hat die Staatsanwaltschaft Wien entgegen den Rekursausführungen nicht nur wegen Verjährung von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand genommen, sondern sich inhaltlich sehr ausführlich mit dem Vorbringen des Wiederaufnahmeklägers befasst.

2.  Soweit in der Wiederaufnahmsklage auch die Bestimmung des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO zitiert war, wurde dieser Wiederaufnahmsgrund nicht gesondert ausgeführt. Im Übrigen kann nach der Entscheidung 9 Ob 359/97b die in einem späteren Strafverfahren abgelegte zum Zivilverfahren gegenteilige Zeugenaussage zwar den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO verwirklichen. Ein bloßes Nicht-erinnern-können stellt jedoch keine inhaltlich abweichende und mit der ersteren Aussage unvereinbare Zeugenaussage dar (vgl RIS‑Justiz RS0044567 [T2]). Genauso bildet die lediglich aus dem Inhalt einer Zeugenaussage – sich nun nicht mehr erinnern zu können – selbst abgeleitete, durch keine anderen neuen Umstände gestützte Annahme ihrer Unrichtigkeit keinen Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO (RIS‑Justiz RS0044807).

3.  Der angefochtene Beschluss erweist sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Rekurs ein Erfolg zu versagen war.

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