OGH 12Ns16/17z

OGH12Ns16/17z28.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski in der Medienrechtssache des Antragstellers Christian R***** gegen die Antragsgegnerin V***** GmbH wegen § 7a MedienG, AZ 95 Hv 63/06i des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Anzeige der Ausgeschlossenheit des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120NS00016.17Z.0328.000

 

Spruch:

Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sind von der Entscheidung über den Antrag der V***** GmbH auf Erneuerung des Verfahrens, das zum Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 17. März 2010, AZ 15 Os 95/09y, geführt hat, ausgeschlossen.

An ihre Stelle treten Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari.

 

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. August 2008, GZ 95 Hv 63/06i‑25, wurde der Antrag des Christian R*****, die V***** GmbH wegen eines in der Zeitschrift Profil vom 10. April 2006 erschienenen Artikels zur Zahlung einer Entschädigung nach § 7a MedienG zu verurteilen, abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Berufung des Antragstellers gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 20. April 2009, AZ 18 Bs 18/09t, Folge und hob das erstgerichtliche Urteil auf und verurteilte die Antragsgegnerin zur Zahlung eines Entschädigungsbetrags an den Antragsteller.

Mit Beschluss vom 17. März 2010, AZ 15 Os 95/09y, wies der Oberste Gerichtshof den Antrag der Antragsgegnerin auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a StPO zurück.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte mit Urteil vom 25. Oktober 2016 fest, dass die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien und des Obersten Gerichtshofs Art 10 MRK verletzen (BSW 60818/10).

Aufgrund des letztgenannten Urteils beantragt die V***** GmbH gemäß § 363a Abs 1 StPO die Erneuerung des Verfahrens.

Über diesen Antrag hat nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs dessen 15. Senat zu entscheiden.

Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek sowie Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl gehören als Vorsitzender bzw als Richter diesem Senat an. Die Genannten waren allerdings als Mitglieder des 15. Senats bereits an der zu 15 Os 95/09y ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 17. März 2010 beteiligt.

Gemäß § 43 Abs 4 StPO ist ein Richter von einer Entscheidung über einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a StPO) ausgeschlossen, wenn er im Verfahren bereits als Richter tätig gewesen ist.

Die Beschlussfassung über die Wiederaufnahme (§ 357 Abs 2 StPO, § 87 Abs 1 StPO) ist nach herrschender Meinung nicht Teil des früheren Verfahrens, aus welchem Grund Richter, die an ihr mitgewirkt haben, von der Entscheidung über einen neuerlichen Wiederaufnahmeantrag nicht ausgeschlossen sind (13 Os 94/11i; Lässig , WK‑StPO § 43 Rz 35).

§ 43 Abs 4 StPO normiert die Ausgeschlossenheit eines Richters im Falle der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme oder auf Erneuerung des Verfahrens auf die gleiche Weise. Daher ist auch die Beschlussfassung über den Erneuerungsantrag nicht Teil des früheren Verfahrens, weshalb grundsätzlich jene Richter, die an dieser Beschlussfassung mitgewirkt haben, nicht von der Entscheidung über einen neuerlichen Erneuerungsantrag ausgeschlossen sind.

Dass § 43 Abs 4 StPO solcherart die Ausgeschlossenheit eines Richters von einer Entscheidung über einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens nur nach dessen Tätigwerden im Grundverfahren, nicht jedoch im Erneuerungsverfahren normiert, stellt unter Berücksichtigung der ratio der in Rede stehenden Vorschrift für den hier vorliegenden Fall eines gegen ein Erneuerungsverfahren gerichteten, sich auf ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte berufenden Antrags gemäß § 363a StPO eine durch Analogie zu schließende planwidrige Lücke dar (zuletzt 12 Ns 52/15s).

Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sind demnach von der Entscheidung über den genannten Erneuerungsantrag ausgeschlossen (vgl RIS‑Justiz RS0125149).

An ihre Stelle treten nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari.

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