OGH 1Nc6/17y

OGH1Nc6/17y10.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski und Mag. Wurzer als weitere Richter in der beim Landesgericht Steyr zu AZ 4 Nc 1/17x anhängigen Verfahrenshilfesache des Antragstellers P***** E*****, über dessen Antrag auf Delegierung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010NC00006.17Y.0210.000

 

Spruch:

Der Antrag auf Delegierung des Verfahrens wird abgewiesen.

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Der Kläger begehrt mit seinem beim Landesgericht Steyr eingebrachten Antrag einerseits, ihm die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage zu gewähren, und andererseits die Delegierung des Verfahrens an einen Gerichtshof außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Linz. Den von ihm behaupteten Amtshaftungsanspruch stützt er auf behauptetes Fehlverhalten von Organen des Bezirksgerichts und des Landesgerichts Steyr, die ein von ihm eingeleitetes Exekutionsverfahren „mutwillig und vorsätzlich verschleppt“ hätten. Seinen Antrag auf Delegierung der Sache an ein Gericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Linz begründet er damit, dass Organe dieses Gerichtshofs, unter anderem dessen (ehemaliger) Präsident in der Sache tätig gewesen und als Zeugen vorgesehen seien. Richter desselben Oberlandesgerichtssprengels würden eigene Kollegen nicht unvoreingenommen behandeln. In Amtshaftungssachen sei eine solche Delegierung generell üblich, wenn Justizverwaltungsorgane involviert seien. Da grundsätzlich vorgesehen sei, als Verfahrenshelfer einen Rechtsanwalt aus dem Bundesland zu bestellen, in dem die Sache verhandelt werde, sei es erforderlich, zuerst über die Delegierung zu entscheiden.

Das vom Landesgericht Steyr zunächst angerufene Oberlandesgericht Linz stellte die Akten mit Beschluss vom 11. 1. 2017, 4 Nc 1/17d‑3, an das Erstgericht zurück, weil gemäß § 31 Abs 2 JN die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Delegierungsantrag an ein Gericht außerhalb seines Sprengels beim Obersten Gerichtshof liege.

Das Landesgericht Steyr legte den Akt dem Obersten Gerichtshof „zur allfälligen Entscheidung aufgrund des Beschlusses des OLG Linz“ vor.

Rechtliche Beurteilung

1. Ein Antrag auf Delegierung – auch jener nach § 31 JN aus Gründen der Zweckmäßigkeit – kann nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden (RIS‑Justiz RS0073042; RS0114309; Schneider in Fasching/Konecny³ § 31 JN Rz 32). Die Beurteilung einer Delegation nach § 31 Abs 1 JN hat sich auf die Frage der Zweckmäßigkeit aus den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beschränken (RIS‑Justiz RS0046333). Solche Gründe macht der Antragsteller nicht geltend. Sein Antrag ist daher abzuweisen.

2. Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung – auch über Verfahrenshilfeanträge zur Erhebung einer Amtshaftungsklage (RIS‑Justiz RS0122241) – unter anderem dann zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus der Entscheidung eines Landes- oder aus dem kollegialen Beschluss eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das im Instanzenzug zuständig wäre. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG liegt daher nur vor, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (RIS‑Justiz RS0056449 [T32]). Die Voraussetzungen für eine Delegierung des Verfahrens 4 Nc 1/17x des Landesgerichts Steyr an ein Gericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Linz sind hier nicht gegeben, weil der Antragsteller seinen Amtshaftungsanspruch erkennbar nicht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz oder aus einem Verhalten eines seiner Organe ableitet. Dass er – freilich ohne nähere Konkretisierung – an einer Stelle seines Antrags anmerkt, der (ehemalige) Präsident dieses Gerichtshofs sei als Zeuge vorgesehen, gibt zwar ein Einschreiten dieses Justizverwaltungsorgans zu erkennen, ohne dass dem Vorbringen aber entnommen werden könnte, der Antragsteller leite die von ihm behaupteten Ansprüche auch daraus ab. Damit besteht keine Grundlage für eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gemäß § 9 Abs 4 AHG.

3. Die Fälle des § 9 Abs 4 AHG sind solche notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung (Nachweise bei Schragel , AHG 3 Rz 255). Ein Antragsrecht kommt der Partei insoweit nicht zu (RIS‑Justiz RS0056449 [T27]). Soweit eine Delegierung von Amts wegen an einen anderen Gerichtshof im Sprengel des Oberlandesgerichts Linz erforderlich ist, liegt die Zuständigkeit dieses Gerichtshofs vor. Der Akt ist daher zunächst an das Landesgericht Steyr als Vorlagegericht zurückzustellen.

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