OGH 10ObS7/17b

OGH10ObS7/17b24.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Cadilek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Alexander Lison, Rechtsanwalt in Braunau, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. November 2016, GZ 12 Rs 111/16d‑97, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:010OBS00007.17B.0124.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1 Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Versicherter vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, wenn in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit und trotz zumutbarer Krankenbehandlung leidensbedingte Krankenstände in einer Dauer von sieben Wochen und darüber im Jahr zu erwarten sind (RIS‑Justiz RS0084855 [T7], RS0084898 [T12]). Es kann nämlich nicht damit gerechnet werden, dass krankheitsbedingte Abwesenheiten in einem solchen Ausmaß von den in Betracht kommenden Arbeitgebern akzeptiert werden; ein derart betroffener Versicherter würde in diesem Fall nur bei besonderem Entgegenkommen des Dienstgebers auf Dauer beschäftigt werden (10 ObS 159/93, SSV-NF 7/76).

1.2 Zeiten „einmaliger“, wenn auch länger dauernder Krankenstände sind hingegen im Regelfall nicht in die zu erwartende Krankenstandsdauer einzubeziehen (10 ObS 126/05k, SSV‑NF 20/7).

2.1 Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen war beim Kläger ab Anfang des Jahres 2015 unter Berücksichtigung aller seiner physischen und psychischen Leidenszustände mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Krankenständen von jährlich sechs Wochen zu rechnen. Obwohl aus psychiatrischer Sicht eine regelmäßige Medikamenteneinnahme unter regelmäßiger fachärztlicher Kontrolle sowie eine zusätzliche psychotherapeutische Behandlung erfolgen sollte, führt der Kläger keine adäquate Behandlung durch. Es wäre deshalb ein stationärer Aufenthalt an einer entsprechenden Fachabteilung mit Schwerpunkt psychosomatische Schmerzen und Depressionsbehandlung angezeigt. Dort könnte auch eine entsprechende psychopharmakologische Behandlung eingeleitet, auf allfällige Unverträglichkeiten reagiert und eine Psychotherapie begonnen werden.

2.2 Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der einmalige Krankenstand infolge dieses stationären Aufenthalts sei in die regelmäßig zu erwartenden Krankenstandsdauer von sechs Wochen nicht einzubeziehen, weshalb kein Ausschluss vom Arbeitsmarkt gegeben sei, entspricht der oben dargestellten Rechtsprechung.

2.3 Auf welche Ursachen ein einmaliger Krankenstand zurückzuführen ist (etwa auf einen Unfall, eine physische oder eine psychische Erkrankung), ist für dessen Nichteinrechenbarkeit in die regelmäßig zu erwartende Krankenstände rechtlich bedeutungslos. Nur dann, wenn – aus welchen gesundheitlichen Gründen immer – mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu erwartende Krankenstände von sieben Wochen oder darüber vorlägen, wäre einem Versicherten die Fähigkeit zu einer (unselbständigen oder selbständigen) Erwerbstätigkeit genommen. Mit der in der Zulassungsbeschwerde aufgeworfenen Frage, ob auch Krankenstände zur Behandlung von Depressionen tatsächlich unter Zeiten „einmaliger“ Krankenstände zu subsumieren seien und – anders als Krankenstände nach Hüftoperationen – nicht doch in die regelmäßig zu erwartende Krankenstandsdauer einbezogen werden müssten, wird demnach keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

Die Revision des Klägers ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

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