OGH 1Ob223/16z

OGH1Ob223/16z20.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. H***** W*****, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 55.000 EUR sA und Feststellung (Streitwert 15.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 6. Oktober 2016, GZ 14 R 65/16f‑18, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 4. März 2016, GZ 33 Cg 13/15x‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00223.16Z.1220.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

*****Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Auch wenn ein subjektives Recht auf Beförderung nicht besteht, hat jeder Bewerber um eine zu besetzende Planstelle Anspruch darauf, dass die Behörde den ihr vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum oder Auslegungsspielraum pflichtgemäß nutzt. In diesem Sinne hat die Bestimmung des § 4 Abs 3 BDG auch Schutzgesetzcharakter zugunsten der einzelnen Bewerber, indem sich diese darauf verlassen können, dass die Entscheidung verfahrensrechtlich einwandfrei getroffen wird. Da die Norm somit auch die Verhinderung von Schäden bei einem zu Unrecht übergangenen Bewerber anstrebt, kann deren Verletzung auch für bloße Vermögensschäden haftbar machen (RIS‑Justiz RS0112461; vgl auch RS0102403).

Weil der vom Gesetz gewährte Rechtsschutz gerade nicht im Anspruch auf Ernennung, sondern im Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens besteht, kann haftungsbegründend nicht nur die Rechtswidrigkeit des Ernennungsergebnisses, sondern auch die des Ernennungsvorgangs sein. Maßgebend ist, ob der ernannte Bewerber die ausgeschriebene Stelle auch im Falle eines fehlerfreien Ernennungsvorgangs erhalten hätte (RIS‑Justiz RS0112461 [T5], RS0102403 [T3]).

2. Im vorliegenden Fall ist nicht zweifelhaft, dass der Ernennungsvorgang bzw das Besetzungsverfahren insoweit fehlerhaft war, als das Gutachten der Begutachtungskommission – jedenfalls in Bezug auf die Bewerbung des Klägers – nicht ausreichend begründet war. Allein diese Rechtswidrigkeit kann aber – entgegen der Auffassung des Revisionswerbers – noch nicht dazu führen, dass der Kläger Anspruch darauf hätte, vermögensmäßig so gestellt zu werden, als wäre er auf die Planstelle ernannt worden. Im Sinne der dargestellten Judikatur ist vielmehr– schon aus einfachen Kausalitätserwägungen – zu prüfen, ob der Kläger bei einem fehlerfreien Verfahren bestellt worden wäre.

3. Wenn der Revisionswerber wiederholt ausführt, es sei unzulässig, dass ein mangelhaftes Gutachten der Begutachtungskommission in einem später stattfindenden Amtshaftungsverfahren durch ein Gericht „ersatzweise“ saniert wird, ist dies insoweit schwer verständlich, als doch– wie dargelegt – der bloße Umstand der Planstellenvergabe aufgrund eines mangelhaften Gutachtens noch nicht dazu führen kann, dass alle Mitbewerber ohne weiteres Ansprüche auf Vergütung der Gehaltsdifferenz auf schadenersatzrechtlichem Wege haben. Da ein Mangel des Bestellungsverfahrens nach Besetzung der Planstelle nicht nachträglich saniert werden kann, können die maßgeblichen Kausalitätsfragen notwendigerweise erst im anschließenden Amtshaftungsverfahren beurteilt werden. Dort ist dann eben auch zu prüfen, welcher Bewerber bei dem anzunehmenden hypothetischen Kausalverlauf, also bei Erstattung eines mangelfreien Gutachtens, zum Zug gekommen wäre.

Das Berufungsgericht hat nun im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung ausführlich dargestellt, aufgrund welcher (vom Erstgericht festgestellten) Umstände der schließlich ernannte Mitbewerber für die ausgeschriebene Funktion höher qualifiziert gewesen sei als der Kläger. Dass dem Berufungsgericht bei dieser Beurteilung ein grober und damit korrekturbedürftiger Fehler unterlaufen wäre, vermag der Revisionswerber in seiner Rechtsrüge nicht aufzuzeigen. Angesichts des Einzelfallcharakters dieser Beurteilung war keine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage zu lösen.

In den in diesem Zusammenhang unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens angestellten Erörterungen, in denen er in Wahrheit sogenannte sekundäre Feststellungsmängel behauptet, die der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen wären, wiederholt der Revisionswerber im Wesentlichen seine Feststellungswünsche aus dem Berufungsverfahren, ohne sich aber mit der Argumentation des Berufungsgerichts auseinanderzusetzen. So führt er etwa aus, dass die ergänzende Feststellung zu treffen gewesen wäre, dass sowohl er als auch der schließlich ernannte Bewerber die unter lit f der Ausschreibung erwünschten Kenntnisse aufgewiesen hätten. Das Berufungsgericht hat aber ohnehin ausgeführt, dass bei beiden Bewerbern die Erfüllung dieses Erfordernisses gleichermaßen als gegeben angenommen werde. Im Übrigen hat das Erstgericht sowohl den beruflichen Werdegang der beiden Bewerber als auch deren im Laufe ihres Berufslebens erworbenen Qualifikationen im Einzelnen festgestellt. Die Beurteilung und Gewichtung dieser Umstände im Zusammenhang mit der Frage der besseren Eignung für die ausgeschriebene Planstelle ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Wenn der Revisionswerber daher etwa moniert, es hätte im Berufungsverfahren die ergänzende Feststellung getroffen werden müssen, dass er auf bestimmten Rechtsgebieten bessere Kenntnisse als seine Mitbewerber aufgewiesen habe, ist dies schon vom Ansatz her verfehlt, da derartige Beurteilungen eben nicht in den Tatsachenbereich fallen. Dies gilt auch für die übrigen vermeintlichen „Feststellungen“, die unter dem Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO vermisst werden.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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