OGH 3Ob165/16k

OGH3Ob165/16k23.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Breitenecker Kolbitsch Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Heinrich Rösch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Juni 2016, GZ 5 R 44/16a-72, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00165.16K.1123.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen wiesen die auf Unterlassung der Entwicklung und Realisierung eines Bauprojekts auf einer näher bezeichneten „Liegenschaftsfläche“ gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin zeigt keine erheblichen Rechtsfragen auf und ist deshalb als nicht zulässig zurückzuweisen. Das ist wie folgt kurz zu begründen (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Die Auslegung von Willenserklärungen ist regelmäßig einzelfallbezogen und begründet mangels auffallender Fehlbeurteilung daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS‑Justiz RS0042555 ua).

Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der vertraglichen Unterlassungsverpflichtung der Beklagten ist schon deshalb jedenfalls vertretbar, weil jene von der Klägerin angesprochenen Aktivitäten, welche die Beklagte zwischen Juni 2009 und Winter 2011/12 setzte, um die Liegenschaft „baureif“ zu machen, nur der Schaffung der allgemeinen Voraussetzungen für irgendeine künftige Bebauung oder sonstige Verwertung der Liegenschaften dienten; Maßnahmen, die einer Realisierung des speziellen, zwischen den Streitteilen seinerzeit ins Auge gefassten Projekts entsprechen, sind darin nicht zwingend zu erblicken.

Selbst wenn aufgrund der Feststellungen auch eine andere Auslegung vertretbar wäre, ergäbe sich noch keine im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung (RIS‑Justiz RS0042555 [T1, T4] ua; jüngst 8 Ob 47/16v mwN).

2. Regelmäßige Voraussetzung der vorbeugenden Unterlassungsklage ist der Beginn einer Rechtsverletzung. Die bloße Drohung einer Rechtsverletzung rechtfertigt die vorbeugende Unterlassungsklage nur unter besonderen Umständen, wenn nämlich ein dringendes Rechtsschutzbedürfnis des Bedrohten dies verlangt, weil das Abwarten einer Rechtsverletzung zu einer nicht wiedergutzumachenden Schädigung führen würde (RIS‑Justiz RS0009357 [T17]). Der Kläger muss in einem solchen Fall die tatsächlichen Umstände, die eine ernstlich drohende und unmittelbar bevorstehende Gefahr seiner Schädigung begründen, im Einzelnen darlegen und im Bestreitungsfall beweisen (RIS‑Justiz RS0009357 [T21]). Die bloß theoretische Möglichkeit der Schädigung genügt nicht (RIS‑Justiz RS0009357 [T23]). Auch die Frage, ob in einem konkreten Fall die tatsächlichen Umstände eine ernstlich drohende und unmittelbar bevorstehende Gefahr einer Schädigung begründen können, ist keine solche von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0009357 [T28]).

Zu berücksichtigen ist, dass das Projekt für die Beklagte spätestens seit Ende des Jahres 2011 aus mehreren Gründen gestoppt war und sie in der Folge bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz jahrelang tatsächlich untätig blieb. Zum wesentlichen Zeitpunkt (§ 406 ZPO; vgl RIS‑Justiz RS0079941) eine ernstlich drohende und unmittelbar bevorstehende Gefahr einer Verletzung der Unterlassungspflicht der Beklagten und damit die Erstbegehungsgefahr zu verneinen, ist deshalb jedenfalls vertretbar.

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