OGH 5Ob95/16f

OGH5Ob95/16f25.10.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. F***** GmbH (FN *****), *****, und 2. R***** eGen (FN *****), *****, diese vertreten durch Mag. Christoph Kaltenhauser, Rechtsanwalt in Mittersill, wegen Pfandrechtseinverleibung auf der Liegenschaft EZ *****, KG *****, über den Revisionsrekurs von Dr. W***** K*****, als mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 30. November 2015, AZ *****, bestellter Masseverwalter der Erstantragstellerin, dieser vertreten durch K-B-K Kleibel Kreibich Bukovc Hirsch Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 3. März 2016, AZ 53 R 334/15x, mit dem über Rekurs der Zweitantragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 9. Dezember 2015, TZ 4788/2015, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs des Masseverwalters wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die das Grundbuchgesuch auch der Zweitantragstellerin abweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Der Vollzug sowie die Verständigung der Beteiligten obliegt dem Erstgericht.

Begründung

Die Erstantragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 375 KG *****. Über ihr Vermögen wurde mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 30. 11. 2015, der am selben Tag bekannt gemacht wurde, der Konkurs eröffnet. Der Revisionsrekurswerber wurde zum Masseverwalter bestellt.

Beide Antragsteller brachten, vertreten durch einen Rechtsanwalt, am 1. 12. 2015 um 16:59:32 Uhr beim Erstgericht ein Grundbuchsgesuch ein. Sie beantragten aufgrund der Pfandurkunde vom 14. 5. 2012 die Einverleibung eines Höchstbetragspfandrechts in der EZ 375 zugunsten der Zweitantragstellerin im Rang der Rangordnung für die Verpfändung vom 19. 12. 2014.

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch mit der Begründung ab, dass die Liegenschaft aus insgesamt 13 Grundstücken bestehe, von denen jedoch lediglich zwei in der Pfandurkunde aufgezählt seien. Der Antrag sei mangels Bestimmtheit der Privaturkunde abzuweisen (§ 94 Abs 1 Z 3, § 32 Abs 1 lit a GBG).

Dieser Beschluss wurde dem Rechtsvertreter beider Antragsteller sowie dem Masseverwalter der Erstantragstellerin zugestellt.

Nur die Zweitantragstellerin erhob dagegen einen Rekurs. Das Rekursgericht gab ihrem Rechtsmittel Folge und bewilligte ihren Antrag auf Einverleibung des Höchstbetragspfandrechts. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Erstantragstellerin als Liegenschaftseigentümerin bereits vor Einbringung des Grundbuchsgesuchs bewirke aufgrund der vorrangigen Anmerkung der Rangordnung für die Verpfändung keine Grundbuchsperre. Die Zweitantragstellerin sei als Pfandgläubigerin unabhängig von der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Liegenschaftseigentümers berechtigt gewesen, einen Antrag auf Einverleibung zu stellen. Die von der Liegenschaftseigentümerin dem einschreitenden Rechtsanwalt erteilte Vollmacht sei jedoch nach § 26 Abs 1 IO erloschen. Das Erstgericht habe daher das Grundbuchsgesuch der Liegenschaftseigentümerin im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Antrag der Zweitantragstellerin und Pfandgläubigerin sei jedoch berechtigt. Zum Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs hätten zwar nur zwei der in der Pfandurkunde genannten Grundstücke zum Gutsbestand der Liegenschaft gehört. Im Jahr 2013 seien die in der Pfandurkunde genannten Grundstücke aber in der betreffenden EZ vereint gewesen. Durch die Angabe der vier verpfändeten Grundstücke, mit denen letztlich die neue Einlage gebildet worden sei, könne über den Umfang der Belastung kein Zweifel bestehen.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Der Oberste Gerichtshof habe sich bisher mit der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die bloße Anführung bestimmter Grundstücke aus einer bestimmten KG der Pfandurkunde genüge, wenn für diese Grundstücke eine neue Einlage erst eröffnet werden müsse, noch nicht auseinandergesetzt. Auch zum Erlöschen der Einschreitervollmacht durch die Eröffnung des Konkurses fehle es an gesicherter Rechtsprechung des Höchstgerichts.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Masseverwalters, der die Bewilligung des Grundbuchsgesuchs der Zweitantragstellerin bekämpft, ist zulässig und berechtigt.

1.1 Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Liegenschaftseigentümerin und Erstantragstellerin wurde am 30. 11. 2015 bekannt gemacht und zufolge § 2 Abs 1 IO am 1. 12. 2015, 00:00 Uhr wirksam. Zum Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs am Nachmittag des 1. 12. 2015 waren die Wirkungen der Konkurseröffnung daher bereits eingetreten.

1.2 Die Eintragung des Höchstbetragspfandrechts aufgrund der Pfandurkunde vom 14. 5. 2012, auf der die Unterschrift der Schuldnerin entsprechend § 56 Abs 3 GBG notariell beglaubigt worden war, im Rang der am 19. 12. 2014 bewilligten und zum Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs noch aufrechten Rangordnung für die Verpfändung wäre nach Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs über Antrag der Zweitantragstellerin trotz Eröffnung des Konkurses zulässig gewesen (5 Ob 153/09z = SZ 2009/155; vgl RIS‑Justiz RS0121707 [T1]; vgl RS0063848 [T2]; vgl RS0034769 [T3, T4]; Mahrer in Kodek Grundbuchsrecht § 56 GBG Rz 9). Es bestand insoweit keine Grundbuchsperre nach § 13 IO.

1.3 Der Masseverwalter ist nach der ständigen Rechtsprechung im Grundbuchsverfahren nur insoweit rechtsmittellegitimiert, als er eine der Grundbuchsperre des § 13 IO widersprechende Eintragung bekämpft oder andere spezifisch durch die Konkurseröffnung ausgelöste Rechtswirkungen und Rechtsfolgen geltend macht oder solche Einwände erhebt, die ohne Konkurseröffnung auch dem Schuldner als Buchberechtigten zugestanden wären. Er kann jedoch keine aus § 94 GBG resultierende, der Bewilligung entgegenstehende Einwendungen geltend machen, die der Schuldner selbst aufgrund der antragsgemäßen Bewilligung seines Grundbuchsgesuchs nicht mehr aufgreifen könnte (RIS‑Justiz RS0121703). Hier wurde das Gesuch der Schuldnerin rechtskräftig abgewiesen. Die Rechtsmittellegitimation des Masseverwalters ist deshalb nicht beschränkt. Die dem Zulassungsausspruch des Rekursgerichts zugrunde gelegte Frage, ob die Einschreitervollmacht des Rechtsanwalts gegenüber der Erstantragstellerin durch die Konkurseröffnung tatsächlich erloschen ist (s dazu aber RIS-Justiz RS0019967 [T1]) ist aufgrund der rechtskräftigen Abweisung nicht mehr zu beantworten.

2.1 In der vorgelegten Pfandurkunde räumte die Erstantragstellerin (Kreditnehmerin) der Zweitantragstellerin (Kreditgeberin) zur Sicherstellung der Kreditforderungen ein Höchstbetragspfandrecht an den Grundstücken a) Nr 96/1 b) Nr 98/3 c) Nr 80/2 d) Nr 98/2 der „EZ neu“ GB ***** ein. Zum nach § 93 GBG maßgeblichen Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs auf Eintragung des Höchstbetragspfandrechts in der EZ 375 der genannten Katastralgemeinde bestand der Grundbuchskörper aus insgesamt 13 Grundstücken. Nur zwei der in der Grundbuchsurkunde aufgezählten Grundstücke waren Bestandteil der Einlage.

2.2 Nach § 32 Abs 1 lit a GBG muss eine Privaturkunde, aufgrund der eine Einverleibung stattfinden soll, außer den Erfordernissen der §§ 26, 27 GBG die von der Einverleibung betroffene Liegenschaft und das einzuverleibende Recht bezeichnen. Die Angabe der Einlagezahl reicht nach Rechtsprechung und Lehre für die Einverleibung eines Pfandrechts aus, die einzelnen Grundstücke müssen nicht angeführt werden (5 Ob 218/72; vgl RIS-Justiz RS0011390; Weigand in Kodek Grundbuchsrecht § 32 GBG Rz 18; Hinteregger in Schwimann ABGB4 § 451 ABGB Rz 12). Der Oberste Gerichtshof begründete dies zu 5 Ob 218/72 damit, dass über den Umfang der Belastung kein Zweifel bestehen könnte, weil zufolge § 13 Abs 1 GBG Pfandrechte von vornherein nicht auf einzelnen Bestandteilen des Grundbuchskörpers eingetragen werden könnten und iSd § 25 Abs 2 LiegTeilG alle Eintragungen auf dem Grundbuchskörper auch für zugeschriebene Grundstücke wirkten. Die Rechtsprechung lässt mittlerweile auch für die Einverleibung des Eigentumsrechts die Angabe der Einlagezahl genügen, wenn der Vertragsgegenstand dadurch eindeutig bezeichnet wird (RIS-Justiz RS0011237 [T2]). Die zu RIS-Justiz RS0011390 zum Ausdruck gebrachte Differenzierung zwischen Eigentumsrecht und Pfandrecht wurde nicht mehr aufrecht erhalten.

2.3 § 32 Abs 1 lit a GBG bezweckt nicht den Schutz des Buchberechtigten vor leichtfertigen oder übereilten Geschäftsabschlüssen, sondern die Schaffung völlig eindeutiger Entscheidungsgrundlagen für das Grundbuchsgericht, das bei Prüfung eines Einverleibungsgesuchs auf die Urkunden angewiesen ist (RIS‑Justiz RS0108861). Die notwendigen Angaben müssen jedenfalls unzweifelhaft aus dem Inhalt der Grundbuchsurkunde hervorgehen, ohne dass das Grundbuchsgericht weitergehende Schlussfolgerungen anzustellen hat (RIS-Justiz RS0108861 [T3]).

2.4 Im vorliegenden Fall wurde der Pfandgegenstand durch die Angabe von einzelnen Grundstücken festgelegt, die als Bestandteil eines zum Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde noch nicht existenten und als „EZ neu“ bezeichneten Grundbuchskörpers angeführt wurden.

2.5 Die zweitinstanzliche Rechtsprechung sieht es als ausreichend für die Einverleibung an, wenn die Pfandurkunde die Nummer eines Grundstücks, nicht aber die noch nicht bekannte Zahl der für dieses Grundstück neu zu eröffnenden Einlage nennt (LG Feldkirch RPflSlg 2161). Ähnlich entschied das Landesgericht Graz in einem Fall, in dem im ersten Grundbuchsgesuch die Eröffnung der Einlage und im folgenden Gesuch die Eintragung in dieser Einlage ohne Angabe der Einlagezahl begehrt worden war (RPflSlg 1447). In derartigen Fällen bestand zum Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs aufgrund des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs allerdings kein Zweifel daran, dass sich das Pfandrecht mangels Kenntnis der künftigen Einlagezahl auf sämtliche in der Grundbuchsurkunde bezeichnete, von anderen Grundbuchskörpern abzuschreibende Grundstücke bezieht, welche die neu zu eröffnende Einlage bilden sollten und nach Bewilligung auch bildeten.

2.5 Diese Klarheit, die § 32 Abs 1 lit a GBG bezwecken will, fehlt im vorliegenden Fall, in dem nach mehrfachen Zu- und Abschreibungen der Grundbuchskörper zum maßgeblichen (§ 93 GBG) Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs aus insgesamt 13 Grundstücken besteht und nur mehr zwei der in der Pfandbestellungsurkunde genannten Grundstücke Bestandteil der Einlage sind. Mit § 25 Abs 2 LiegTeilG wurde nach der jüngeren Rechtsprechung nur eine Bestimmung für das Eintragungsverfahren nach einer Liegenschaftsteilung, nicht aber materielles Recht geschaffen (RIS-Justiz RS0107386). Die Belastung auch des Teilstücks mit einer auf dem Grundbuchskörper bereits eingetragenen Last ist daher nur Folge einer Zuschreibung. Es lässt sich daraus alleine jedoch nicht folgern, was genau nach dem Willen der Parteien im Pfandbestellungsvertrag verpfändet werden sollte, weil es sich dabei um die materiell‑rechtliche Frage der Vertragsauslegung handelt.

2.6 Diese Zweifel am Umfang des eingeräumten Pfandrechts rechtfertigen nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG die Abweisung des Grundbuchsgesuchs.

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