OGH 3Ob194/16z

OGH3Ob194/16z18.10.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in Stockerau, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, *****, vertreten durch Emberger Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wegen 35.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juli 2016, GZ 13 R 124/16z‑47, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00194.16Z.1018.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen die Schadenersatzklage wegen eines vom Kläger anlässlich einer Operation in einem Spital der Beklagten erlittenen Schlaganfalls ab. Abgesehen davon, dass die Operation lege artis ausgeführt worden sei, sei der Kläger rechtzeitig und ausreichend über die mit der beabsichtigten Operation verbundenen Risken aufgeklärt worden. Der Beklagten sei überdies der Beweis gelungen, dass der Kläger in jedem Fall die Zustimmung zur Behandlung erteilt hätte.

Der Kläger vermag in seiner außerordentlichen Revision keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Rechtliche Beurteilung

Für den Fall der Verletzung der Aufklärungspflicht trifft den Arzt bzw den Krankenhausträger die Beweislast dafür, dass der Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zu den ärztlichen Maßnahmen erteilt hätte (RIS‑Justiz RS0108185, RS0111528 [T1], RS0038485). Da die Vorinstanzen aufgrund der getroffenen Tatsachenfeststellungen davon ausgingen, dass der Kläger unabhängig von der konkreten Aufklärung, das heißt also auch bei näherer Detaillierung der Risikoquoten, der konkreten Operation zugestimmt hätte, weil ihm die Gefahr, ohne Operation einen Schlaganfall zu erleiden, zu groß erschien, muss der erhobene Schadenersatzanspruch jedenfalls scheitern. Auf die (scheinbar, wenn man das den erstgerichtlichen Feststellungen zugrunde liegende Sachverständigengutachten heranzieht) widersprüchlichen erstgerichtlichen Feststellungen zur Risikowahrscheinlichkeit kommt es daher gar nicht an.

Die ärztliche Aufklärung hat grundsätzlich so rechtzeitig zu erfolgen, dass dem Patienten noch eine angemessene Überlegungsfrist offen bleibt. Die Dauer der den Patienten nach entsprechender Aufklärung durch den Arzt einzuräumenden Überlegungsfrist hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Dringlichkeit der ärztlichen Behandlung ab (RIS‑Justiz RS0118651). Zu 7 Ob 64/11d hat der Oberste Gerichtshof bereits die Beurteilung der Vorinstanzen als vertretbar gebilligt, dass die der dortigen Klägerin zwischen Aufklärung und Operation zur Verfügung gestandene Zeit ausreicht, wenn zwischen der stationären Aufnahme und Aufklärung und der ausgeführten Operation zumindest eine Nacht lag und darüber hinaus (so wie auch im vorliegenden Fall) bereits geraume Zeit vorher die medizinischen Möglichkeiten einer Operation oder alternativer Behandlungsmethoden erörtert wurden und der Patient eine Operation in Aussicht nahm bzw terminlich festlegte. Der der vom Kläger ins Treffen geführten Entscheidung 1 Ob 252/15b zugrunde liegende Sachverhalt unterschied sich vom vorliegend zu beurteilenden Fall dadurch, dass dort die Durchführung der Operation am Tag der Aufklärung überhaupt erstmals thematisiert und überdies eine Operation mit (bei Erwachsenen) relativ niedrigen Erfolgsaussichten durchgeführt wurde. Die Beurteilung der hier gegebenen Aufklärung als rechtzeitig und der Frist zwischen Aufklärung und Operation als ausreichend steht daher im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsprechung.

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