OGH 3Ob176/16b

OGH3Ob176/16b18.10.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Rudolf C. Stiehl, Dr. Roman Keltner, LL.M., Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Karl F. Engelhart, Rechtsanwalt in Wien, als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen des Univ.‑Prof. Dr. P*****, 2. Dr. M*****, vertreten durch Mag. Lorenz Pracht, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Mag. Elisabeth Mace, Rechtsanwältin in Wien, wegen 230.326,79 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. April 2016, GZ 38 R 325/15y‑63, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00176.16B.1018.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können nach ständiger Rechtsprechung nicht nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden, es sei denn, das Berufungsgericht hätte sich mit der Mängelrüge überhaupt nicht befasst oder diese mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen (RIS‑Justiz RS0042963 [T9, T12, T28, T52]). Solches behauptet die Zweitbeklagte jedoch nicht einmal.

2. Richtig ist, dass das Mietobjekt bei Mietvertragsabschluss über keine zeitgemäße Badegelegenheit verfügte

. Die „Urkategorie“ gemäß § 15a Abs 2 MRG richtet sich jedoch nur im Regelfall nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags; entscheidend ist der nach dem Inhalt des Vertrags vom Vermieter herzustellende und tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung. Dabei schadet es auch nicht, dass der Mieter den Einbau kategoriebestimmender Merkmale selbst übernimmt, sofern die Kosten hiefür vom Vermieter getragen werden

(5 Ob 7/10f = RIS‑Justiz

RS0070288 [T5]). Nach den Feststellungen gibt es im Mietobjekt (aufgrund der allein den Beklagten anzulastenden Verzögerungen erst) seit Mai 2012 in den vorhandenen Badezimmern mindestens zwei funktionierende neuwertige Duschen; dass das „große Badezimmer“ noch immer nicht fertiggestellt ist, liegt nur daran, dass sich die Beklagten bislang nicht bezüglich dessen Ausstattung entscheiden konnten.

3. Mit ihrer Argumentation, das Mietobjekt sei den Beklagten nicht innerhalb der – auch nach dem Standpunkt der Zweitbeklagten durch die Räumung der letzten Fahrnisse der Vormieter am 28. Juni 2010 ausgelösten – Frist des § 16 Abs 1 Z 4 MRG übergeben worden, entfernt sich die Revisionswerberin von den Feststellungen der Vorinstanzen. Danach haben die Beklagten das Mietobjekt nämlich bereits im September 2010 (nach dem Mietvertragsabschluss am 7. September 2010) übernommen. Dass das Objekt zumindest bis zum 19. Juli 2012 objektiv unbrauchbar war, hatte seine Ursache allein in der – den Beklagten zuzurechnenden – massiven Verzögerung der Sanierungsarbeiten. Für die Revisionswerberin ist auch aus dem Umstand nichts zu gewinnen, dass den Beklagten die Schlüssel zu jenem Stiegenhaus, das nur zu ihrem Mietobjekt führt, erst am 14. Mai 2012 übergeben wurden, weil das Objekt über drei Eingänge (von insgesamt drei Stiegenhäusern aus) verfügt und die Beklagten nicht einmal behauptet haben, das Fehlen der Schlüssel zum dritten Stiegenhaus anlässlich der Übernahme des Objekts gerügt zu haben.

4. Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach Grad und Dauer der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0021324 [T3]), und wirft daher regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf (1 Ob 224/15w). Dass das Mietobjekt bis zum 19. Juli 2012 objektiv unbrauchbar war, hatte Gründe, die nach den Feststellungen ausschließlich in der Sphäre der Beklagten lagen, und rechtfertigt deshalb keine Mietzinsminderung. Auch die Ansicht der Vorinstanzen, dass den Beklagten wegen des von der Klägerin entgegen der getroffenen Vereinbarung nicht bis Ende 2011 sanierten unbrauchbaren Aufzugs in jenem Stiegenhaus, über das nur das von ihnen gemietete Objekt erreichbar ist, beginnend mit Jänner 2012 eine Mietzinsminderung von (nur) 3 % zusteht, stellt angesichts der festgestellten geringen Auswirkungen des Fehlens dieses Lifts keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

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