OGH 11Ns59/16i

OGH11Ns59/16i22.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in dem die Strafsachen gegen Dejan P***** zu AZ 20 Hv 49/11m des Landesgerichts St. Pölten und gegen Gerhard E***** zu AZ 222 Hv 23/16v des Landesgerichts für Strafsachen Graz betreffenden Zuständigkeitsstreit zwischen diesen Gerichten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 60 Abs 1 Satz 2 OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110NS00059.16I.0922.000

 

Spruch:

Das Verfahren gegen Dejan P***** ist vom Landesgericht St. Pölten zu führen.

Gründe:

Gegen Dejan P***** ist zu AZ 20 Hv 49/11m des Landesgerichts St. Pölten ein Strafverfahren anhängig. Im Austausch gegen den Strafantrag in seinem Punkt 1./ (ON 29) erhob die Staatsanwaltschaft Graz zur Zl 26 St 59/15i am 21. März 2016 (mittlerweile rechtswirksam) Anklage gegen P***** wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB.

Mit Blick auf das gegen einen der unmittelbaren Täter, nämlich Gerhard E*****, zu AZ 222 Hv 23/16v des Landesgerichts für Strafsachen Graz anhängige Verfahren verfügte das Landesgericht St. Pölten am 27. Juli 2016 die Abtretung des Verfahrens gegen Dejan P***** wegen §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB an das Landesgericht für Strafsachen Graz (ON 1 S 23).

Dieses verneinte seine Zuständigkeit und retournierte das Verfahren gegen Dejan P***** am 4. August 2016 „mangels Vorliegens der Voraussetzung des § 37 StPO“ (ON 1 S 24).

Das Landesgericht St. Pölten legte die Akten dem Obersten Gerichtshof gemäß § 38 StPO zur Klärung des negativen Kompetenzkonflikts vor (ON 56).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 37 StPO ist im Hauptverfahren eine Zuständigkeit kraft Zusammenhangs (nur) dann gegeben, wenn entweder im Fall subjektiver, objektiver oder subjektiv-objektiver Konnexität sowie eines engen sachlichen Zusammenhangs (Fabrizy, StPO12 § 37 Rz 1) gleichzeitig (dh einmalig) Anklage erhoben wird (Abs 1 leg cit) oder aber im Fall des Vorliegens verschiedener Anklagen zum Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens einer Anklage ein anderes (auf einer anderen Anklage beruhendes) Hauptverfahren gegen denselben Angeklagten (bereits und noch immer) anhängig ist (Abs 3 leg cit). Nur im letzten Fall (subjektiver Konnexität) sind diese bis dahin getrennt geführten Verfahren durch das Gericht zu verbinden. Welches Gericht in diesen Fällen zuständig ist, ergibt sich aus § 37 Abs 2 StPO. Eine Verbindung von auf verschiedenen Anklagen basierenden Hauptverfahren ausschließlich aufgrund objektiver Konnexität sieht das Gesetz – anders als nach § 56 StPO idF BGBl 1993/526 – nicht (mehr) vor (vgl RIS‑Justiz RS0125115 [T1]; mit zutreffenden Utilitätserwägungen und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien [vgl zu solchen contra verba legis aber Kramer, Juristische Methodenlehre3, 129 f] aM Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 8 mwN).

Da die Anklagen gegen Dejan P***** und Gerhard E***** nicht unter einem erhoben wurden, scheidet eine Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Graz kraft objektiver Konnexität aus. Zur Führung des Verfahrens gegen Dejan P***** ist sohin – wie bereits die Generalprokuratur ausführte – zufolge subjektiver Konnexität das bereits mit einem älteren Verfahren gegen diesen befasste Landesgericht St. Pölten berufen.

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