OGH 4Ob146/16y

OGH4Ob146/16y30.8.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Mag. D***** L*****, vertreten durch Mag. Karl Liebenwein, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshilfevertreter, über den Revisionsrekurs der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Februar 2016, GZ 45 R 55/16w‑42, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 24. November 2015, GZ 28 P 14/14s‑37, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00146.16Y.0830.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht die Genehmigung eines vom Sachwalter der Betroffenen geschlossenen gerichtlichen Vergleichs. Aufgrund einer Zulassungsvorstellung der Betroffenen ließ es den Revisionsrekurs nachträglich zu, weil gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung auch dann erteilt werden könne, wenn sich der Betroffene dagegen ausspreche und „nicht auszuschließen bzw zu erwarten“ sei, dass die Erteilung der Genehmigung zu einer Verschlechterung von dessen „emotionalen“ Zustand führte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs nicht zulässig.

1. Das Pflegschaftsgericht darf ein Rechtsgeschäft nur dann genehmigen, wenn der Abschluss im Interesse des Pflegebefohlenen liegt. Dabei hat der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt, dass nicht allein materielle Gesichtspunkte maßgebend sind, sondern dass auch die Interessen und Wünsche des Pflegebefohlenen, aber auch seine Befindlichkeit und seine konkreten Lebensumstände berücksichtigt werden müssen (3 Ob 75/02d; 3 Ob 99/14a). Damit liegt zur vom Rekursgericht formulierten Rechtsfrage bereits gesicherte Rechtsprechung vor: Die mögliche Verschlechterung der emotionalen Befindlichkeit ist in eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Gesamtbeurteilung einzubeziehen.

2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall begründet keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung. Das Erstgericht hat ausführlich dargelegt, weshalb die mit der Beendigung des Mietzins- und Räumungsstreits verbundene Aufgabe des Mietverhältnisses hier im Interesse der Betroffenen liegt. Die vom Gegner zu leistende Zahlung ermöglicht ihr einen Neubeginn, der nicht durch ihre – im Kern schon der Bestellung des Sachwalters zugrunde liegende – emotionale Bindung an das strittige Geschäftslokal belastet ist.

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