OGH 12Os88/16g

OGH12Os88/16g18.8.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. August 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Janisch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Raul B***** wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 4. Mai 2016, GZ 4 Hv 15/16t‑37, und über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00088.16G.0818.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Raul B***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 12. November 2015 in W***** mit Gewalt gegen eine Person Leopoldine A***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich ihren Rucksack samt 500 Euro Bargeld, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, indem er „energisch an dem über dem linken Arm der Leopoldine A***** hängenden Rucksack zerrte, bis ein Riemen riss, wodurch Leopoldine A***** in Form mehrerer Hämatome im Bereich des linken Unterarms verletzt wurde, wobei die Tat infolge heftiger Gegenwehr der Geschädigten beim Versuch blieb“.

Nach den maßgeblichen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen (US 3) hatte der Angeklagte Leopoldine A***** dabei beobachtet, als sie mit Hilfe einer Bankangestellten 500 Euro von einem Bankomaten behob und das Geld in ihrem Rucksack verstaute. In weiterer Folge suchte die Genannte die Ordination ihres Hausarztes auf. Als Leopoldine A***** diese wieder verließ, versuchte der Angeklagte, ihr den Rucksack zu entreißen. Das Opfer hielt den Rucksack jedoch fest und zog ihn energisch an sich, woraufhin der Angeklagte mehrfach mit nicht unerheblicher Kraft derart am Rucksack riss, dass dessen Riemen abriss.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) die tatrichterlichen Annahmen hinsichtlich der Tatzeit (US 3, 4: „gegen 16.30 Uhr“) kritisiert, bezieht sie sich auf keinen entscheidenden Umstand (vgl RIS‑Justiz RS0098557).

Angesichts dessen, dass das Schöffengericht die Glaubhaftigkeit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten insgesamt verneinte (US 4), musste es sich – entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) – nicht mit dem Detail seiner Verantwortung befassen, wonach er „mit Sicherheit ca. 20 Minuten“ vor seinem für 16:45 Uhr angesetzten Termin bei der Drogenberatungsstelle Circle eingetroffen sei (vgl RIS‑Justiz RS0098642).

Inwiefern es einen entscheidenden Umstand darstellen sollte, ob und woher der Angeklagte wissen konnte, dass das Opfer das Gebäude, in dem sich die Ordination des Hausarztes befand, „nach möglichst kurzer Zeit wieder verlassen würde“, gibt die Beschwerde nicht bekannt.

Das Beweisergebnis, wonach auf dem Rucksack (nur) die DNA des Opfers aufgefunden werden konnte (vgl ON 7 AS 51 ff), mussten die Tatrichter nicht erörtern, weil es der Annahme der Täterschaft des Angeklagten nicht entgegen stand (vgl 14 Os 46/15v; RIS‑Justiz RS0098646 [T8]). Weshalb verwertbare DNA‑Spuren des Angeklagten auf dem Rucksack eine zwingende Folge des vorliegenden Raubgeschehens sein sollten, erklärt das Rechtsmittel nicht.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt mit ihrem Hinweis auf Unsicherheiten des Opfers betreffend die Identifizierung des Täters keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (vgl RIS‑Justiz RS0118780).

Eine Urteilsannahme, wonach „die Vorverurteilung des Angeklagten im Sinn des § 142 StGB ihn als Täter im gegenständlichen Fall überführt hätte“, hat das Erstgericht nicht getroffen (vgl die bloß Charaktereigenschaften des Angeklagten betreffenden Erwägungen US 4 unten), sodass das darauf bezogene Rechtsmittelvorbringen keiner Erwiderung zugänglich ist.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt ausgehend von der Konstatierung, wonach der Angeklagte mit nicht unerheblicher Kraft am Rucksack gerissen habe, sodass der Riemen gerissen sei, eine Tatbeurteilung nach § 142 Abs 2 StGB an. Indem die Beschwerde jedoch die Urteilsannahmen übergeht, wonach diese (nicht unerhebliche) Krafteinwirkung mehrfach (US 3) gegen eine sehr betagte (84‑jährig) und hilfsbedürftige Person (US 4, 6) erfolgte, orientiert sie sich prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der im Urteil konstatierten Tatsachen (RIS‑Justiz RS0117247 [T2]).

Damit kann aber das weitere Vorbringen zu den sonstigen

– kumulativen (RIS‑Justiz RS0094279) – Voraussetzungen des §

142 Abs 2 StGB dahingestellt bleiben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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