European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00223.15W.0712.000
Spruch:
A. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Darf eine Klage wegen Verletzung einer Unionsmarke (Art 96 lit a VO [EG] 207/2009 idF VO [EU] 2015/2424) aufgrund des Einwands der böswilligen Markenrechtsanmeldung (Art 52 Abs 1 lit b VO [EG] 207/2009 idF VO [EU] 2015/2424) abgewiesen werden, wenn der Beklagte zwar eine damit begründete Widerklage auf Nichtigerklärung der Unionsmarke erhoben (Art 99 Abs 1 VO [EG] 207/2009 idF VO [EU] 2015/2424), das Gericht über diese Widerklage aber noch nicht entschieden hat?
2. Wenn nein: Darf das Gericht die Verletzungsklage aufgrund des Einwands der böswilligen Markenrechtsanmeldung abweisen, wenn es zumindest zugleich der Widerklage auf Nichtigerklärung stattgibt, oder hat es mit der Entscheidung über die Verletzungsklage jedenfalls bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Widerklage zuzuwarten?
B. Das Verfahren über das Rechtsmittel des Klägers wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.
Begründung:
I. Sachverhalt:
Der Kläger ist Inhaber der Unionswortmarke „Baucherlwärmer“ für die Klassen 5, 29, 30 und 33 des Nizzaer Klassifikationsübereinkommens mit Priorität 17. 5. 2005. Er vertreibt einen Kräuteransatz, den er etwa ab dem Jahr 2000 als „Baucherlwärmer“ bezeichnete. Auch die Beklagte bietet eine Kräutermischung zum Ansetzen in hochprozentigem Alkohol an, die sie ebenfalls mit „Baucherlwärmer“ kennzeichnet. Der Kläger hat sich die Marke schützen lassen, um sich Ausschließlichkeitsrechte daran zu sichern.
II. Anträge und Vorbringen der Parteien:
Der Kläger begehrt – gestützt auf seine Unionsmarke – (zusammengefasst), die Beklagte zu verpflichten, es zu unterlassen, das Zeichen „Baucherlwärmer“ für die Waren und Dienstleistungen der näher bezeichneten Klassen zu benutzen. Weiters begehrt er Beseitigung und Urteilsveröffentlichung.
Die Beklagte wendete ua ein, der Kläger habe die Unionsmarke sittenwidrig und bösgläubig erworben. Sie erhob aus diesem Grund auch eine Widerklage auf Nichtigerklärung der Unionsmarke des Klägers.
III. Bisheriges Verfahren:
Das Erstgericht unterbrach das Verfahren über die Widerklage bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegenständlichen Verfahrens über die Verletzungsklage. Der Unterbrechungsbeschluss wurde im Rechtsmittelweg behoben, sodass die Widerklage nach wie vor in erster Instanz anhängig ist. Ein Urteil wurde bislang noch nicht gefällt. Die hier verfahrensgegenständliche Verletzungsklage wies das Erstgericht (im zweiten Rechtsgang) wegen bösgläubiger Markenrechtsanmeldung des Klägers ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach Art 99 GMV sei der Einwand der bösgläubigen Markenrechtsanmeldung im Verletzungsstreit schon dann zulässig, wenn die Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke durch den Beklagten mit einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit angefochten werde. Die Entscheidung über eine solche Widerklage werde nicht vorausgesetzt. Die Unterbrechung des Verfahrens über die Widerklage möge zwar unzweckmäßig gewesen sein, weil die Frage, ob der Kläger bei der Anmeldung seiner Gemeinschaftsmarke bösgläubig gewesen sei, nur im Verfahren über die Widerklage die Hauptfrage sei, während es sich im Verletzungsstreit dabei nur um eine Vorfrage handle, sodass die Entscheidung über die Widerklage Bindungswirkung im Verletzungsstreit entfalten würde, umgekehrt aber nicht die Beurteilung der genannten Vorfrage im Verletzungsstreit für das Verfahren über die Widerklage. Das ändere aber nichts daran, dass dem Erfordernis des Art 99 Abs 1 VO (EG) 207/2009 (GMV) einer Anfechtung der Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke durch eine Widerklage der Beklagten des Verletzungsstreits hier entsprochen worden sei. Daher sei der Einwand der Beklagten, der Kläger sei bei der Anmeldung der Marke böswillig gewesen, vom Erstgericht zu Recht geprüft worden.
Bei der Anmeldung seiner Gemeinschaftsmarke habe der Kläger schon seit langem gewusst, dass die Beklagte und davor ihr Vater für eine ganz gleichartige Ware das dann vom Kläger angemeldete Zeichen „Baucherlwärmer“ verwendet habe. Der Kläger habe mit der Anmeldung beabsichtigt, die Beklagte an der weiteren Verwendung dieses Zeichens zu hindern. Die Gemeinschaftsmarke des Klägers sei daher gemäß Art 52 Abs 1 lit b GMV nichtig. Der Kläger könne sich somit der Beklagten gegenüber auf diese Gemeinschaftsmarke nicht berufen.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat über eine von ihm zugelassene Revision des Klägers zu entscheiden, welche die Stattgebung der Klage anstrebt. Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel unter anderem geltend, die Vorinstanzen hätten ohne Verfahrensverbindung bzw ohne rechtskräftige Entscheidung im Widerklageverfahren die Frage der Bösgläubigkeit im Verletzungsverfahren nicht prüfen dürfen.
IV. Rechtsgrundlagen:
1. Am 23. 3. 2016 ist die VO (EU) 2015/2424, mit der die VO (EG) 207/2009 geändert wurde, in Kraft getreten. Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz war in diesem Verfahren zwar vor dem genannten Datum, allerdings sind Änderungen des zwingenden Rechts, sofern nicht Übergangsrecht etwas anderes bestimmt, vom Rechtsmittelgericht ohne weiteres von Amts wegen seiner Entscheidung zugrunde zu legen, auch wenn der zu beurteilende Sachverhalt bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht wurde (vgl RIS‑Justiz RS0106868). Im Zusammenhang mit den hier relevanten Fragestellungen hat die VO (EU) 2015/2424 jedoch ohnehin keine relevante Änderung der Rechtslage nach der GMV mit sich gebracht. Die VO (EU) 2015/2424 wirkt sich daher im vorliegenden Fall bloß insoweit aus, als im Folgenden die nach der Neuregelung gebotene Terminologie verwendet wird („Unionsmarke“ statt „Gemeinschaftsmarke“; vgl auch EuGH 28. 4. 2016 – C‑35/16 P) und die VO (EG) 207/2009 nun als „Unionsmarkenverordnung“ (UMV) bezeichnet wird.
2. Gemäß Art 99 Abs 1 UMV haben die Unionsmarkengerichte von der Rechtsgültigkeit der Unionsmarke auszugehen, sofern diese nicht durch den Beklagten mit einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit angefochten wird.
V. Vorlagefragen:
1. Zu beurteilen ist der Einwand der Beklagten, der Kläger habe die Klagsmarke bösgläubig angemeldet. Dabei handelt es sich um einen absoluten Nichtigkeitsgrund (Art 52 Abs 1 lit b UMV), der im Verletzungsstreit nach Art 99 Abs 1 UMV nur wirksam erhoben werden kann, wenn der Beklagte eine darauf gestützte Widerklage erhebt. Fraglich ist,
- ob es genügt, die Widerklage zu erheben, sodass die Verletzungsklage noch vor der Entscheidung über die Widerklage wegen bösgläubigen Markenrechtserwerbs abgewiesen werden kann, oder
- ob die Verletzungsklage nur dann aus diesem Grund abgewiesen werden kann, wenn die Marke zumindest zugleich aufgrund der Widerklage für nichtig erklärt wird, oder
- ob der Einwand des bösgläubigen Markenrechtserwerbs im Verletzungsprozess überhaupt erst dann Erfolg haben kann, wenn die Marke aufgrund der Widerklage rechtskräftig für nichtig erklärt wurde.
2. Die (deutschsprachige) Lehre nimmt an, dass der Nichtigkeitseinwand jedenfalls erst dann Erfolg haben kann, wenn die Marke im Verfahren über die Widerklage für nichtig erklärt wurde. Nicht klar ist allerdings, ob die Entscheidung über die Widerklage bereits rechtskräftig geworden sein muss.
2.1. Nach Eisenführ/Overhage in Eisenführ/ Schennen, GMV4, Art 99 Rz 7, ergeht die Entscheidung in einem Verletzungsprozess mit Verfalls- oder Nichtigkeitswiderklage regelmäßig „uno actu“ durch ein Endurteil. Die Widerklage sei eine selbstständige Klage, über die auch dann zu entscheiden sei, wenn die Verletzungsklage zurückgenommen werde. Über die Widerklage sollte zuerst entschieden werden, weil die erfolgreiche Widerklage die Verletzungsklage unbegründet mache. Da Eisenführ/Overhage eine gemeinsame Entscheidung über Verletzungs- und Widerklage („uno actu“) für möglich halten, scheinen sie die Rechtskraft nicht als erforderlich anzusehen.
2.2. Müller (in Beck'scher Online-Kommentar GMV, Art 99 Rz 12) vertritt die Auffassung, dass über die Widerklage vor der Entscheidung über die Verletzungsklage zu entscheiden sei (so auch Grüger in Kur/Bomhard/Albrecht, Beck'scher Online-Kommentar Markenrecht5, VO (EG) 207/2009 Art 99 Rz 35), zumal die erfolgreiche Widerklage zur Vernichtung der Gemeinschaftsmarke durch Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit bzw des teilweisen Verfalls oder der teilweisen Nichtigkeit mit Wirkung erga omnes und erst „danach“ zur Abweisung der Verletzungsklage mangels Rechtsbestands der Gemeinschaftsmarke im entsprechenden Umfang führe. Diesen Formulierungen könnte entnommen werden, dass auf die Rechtskraft der Entscheidung über die Widerklage gewartet werden müsste.
3. Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen beruht auf folgenden Erwägungen:
3.1. Die Frage, ob mit der Entscheidung über die Verletzungsklage auf die Entscheidung über die Widerklage zu warten ist, stellt sich von vornherein nur dann, wenn der mit Widerklage geltend gemachte Einwand der Nichtigkeit oder des Verfalls für die Entscheidung über die Verletzungsklage präjudiziell ist. Das trifft nicht zu, wenn die Verletzungsklage schon aus anderen Gründen – etwa wegen des Fehlens von Verwechslungsgefahr iSv Art 9 Abs 1 lit b UMV – abgewiesen werden kann. Die nachfolgenden Erwägungen erfassen daher nur den Fall, dass es allein vom Einwand der Nichtigkeit oder des Verfalls abhängt, ob die Verletzungsklage Erfolg hat oder nicht. Das trifft hier zu, weil die Verletzungsklage bei Aufrechtbestehen der Klagsmarke nach Art 9 Abs 1 lit a UMV Erfolg hätte.
3.2. Zwar hat das Gericht nach der österreichischen Zivilprozessordnung (ZPO) Vorfragen grundsätzlich selbstständig zu beurteilen (Fucik in Rechberger 4, § 190 ZPO Rz 2). Anders als (etwa) nach deutschem Recht würde daher ein Gericht im Verletzungsprozess den Einwand der Nichtigkeit einer nationalen Marke auch dann (vorfrageweise) prüfen, wenn der Beklagte keinen entsprechenden Löschungsantrag beim Patentamt erhoben hätte (Widerklagen sind bei nationalen Marken nicht vorgesehen). Dringt der Beklagte mit dem Einwand durch, würde die Verletzungsklage abgewiesen. Diese Entscheidung hätte aber nur Wirkung inter partes; die Marke als solche bliebe mangels Löschung durch das Patentamt bestehen.
3.3. Nach Art 99 Abs 1 UMV kann der Einwand der Nichtigkeit oder des Verfalls demgegenüber nur dann Erfolg haben, wenn der Beklagte die Marke aus diesem Grund mit Widerklage „angefochten“ hat. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung würde zwar schon das Erheben der Widerklage ausreichen. Folgt man dieser Auffassung, könnte der Nichtigkeits- oder Verfallseinwand im Verletzungsprozess schon vor der Entscheidung über die Widerklage Erfolg haben und zur Abweisung der Verletzungsklage führen. Dies ist allerdings mit dem Zweck von Art 99 Abs 1 UMV wohl nicht vereinbar. Denn dieser Zweck liegt offenkundig darin, abgesehen vom Ausnahmetatbestand des Art 99 Abs 3 UMV ein Auseinanderfallen der Rechtslage inter partes und erga omnes zu vermeiden. Insbesondere dürfte der Gemeinschaftsgesetzgeber ganz selbstverständlich angenommen haben, dass eine Verletzungsklage nur dann wegen des Vorliegens eines Nichtigkeits- oder Verfallsgrundes abgewiesen werden kann, wenn dieser Grund auch mit allseitiger Wirkung zur Ungültigerklärung der Marke führt. Diese Erga-omnes-Wirkung kann nach österreichischem und deutschem Verfahrensrecht im Verletzungsstreit nicht erzielt werden, da die Frage der Nichtigkeit oder des Verfalls hier nur eine Vorfrage wäre, über die nicht gesondert mit allseitiger (Gestaltungs‑)Wirkung entschieden wird. Daher ist eine Widerklage oder allenfalls ein Löschungsantrag nach Art 56 UMV erforderlich, um eine Vernichtung der Marke zu bewirken.
3.4. Auf dieser Grundlage nimmt der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung an, dass eine Verletzungsklage (abgesehen vom Fall des Art 99 Abs 3 UMV) nur dann aufgrund der Nichtigkeit oder des Verfalls der Klagsmarke abgewiesen werden kann, wenn die Marke zugleich aufgrund der Widerklage für nichtig oder verfallen erklärt wird (4 Ob 14/12f; 17 Ob 17/09p). Damit ist sichergestellt, dass der Einwand der Nichtigkeit oder des Verfalls inter partes (im Verletzungsverfahren) nur Erfolg hat, wenn die Marke aus demselben Grund im Widerklageverfahren mit allseitiger Wirkung für nichtig oder verfallen erklärt wird. Insbesondere muss der in erster Instanz unterlegene Kläger in diesem Fall sowohl die Entscheidung über die Verletzungsklage als auch jene über die Widerklage anfechten, um im Rechtsmittelverfahren Erfolg zu haben. Bekämpft er nur die Entscheidung über die Verletzungsklage, müsste sein Rechtsmittel scheitern, weil dann die Entscheidung über die Nichtigkeit oder den Verfall der Marke rechtskräftig würde und einem Erfolg der Verletzungsklage von vornherein entgegenstünde.
3.5. Es ist aber auch die Auffassung vertretbar, dass mit der Entscheidung über die Verletzungsklage überhaupt bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Widerklage zugewartet werden müsste. Denn die Marke wird erst mit der Rechtskraft des der Widerklage stattgebenden Urteils vernichtet (vgl Art 100 Abs 6 UMV), und es sind Situationen vorstellbar, in denen (allerdings unvernünftiges) Vorgehen der Parteien zu abweichenden Entscheidungen über die Verletzungs- und die Widerklage führt.
(a) So könnte der in erster Instanz unterlegene Kläger nur die Entscheidung über die Widerklage mit Rechtsmittel bekämpfen. In diesem Fall bliebe seine Verletzungsklage jedenfalls abgewiesen, das Rechtsmittel könnte aber auch zur Abweisung der Widerklage führen. Die Abweisung der Widerklage hat aber – anders als eine stattgebende Entscheidung – keine allseitige Wirkung. Zwar bleibt die Marke in diesem Fall (vorerst) aufrecht, diese Entscheidung steht aber in zukünftigen Verfahren schon wegen Art 47 GRC (Art 6 EMRK) einer (Wider‑)Klage oder einem Löschungsantrag (Art 56 UMV) einer anderen Person die am ersten Verfahren nicht beteiligt war, nicht entgegen.
(b) Umgekehrt könnte der in erster Instanz unterlegene Beklagte nur die Entscheidung über die Verletzungsklage oder jene über die Widerklage anfechten. Im erstgenannten Fall müsste er, wenn die Klage nicht aus anderen Gründen (zB wegen fehlender Verwechslungsgefahr) abzuweisen ist, scheitern, weil wegen der dann rechtskräftigen Abweisung der Widerklage von der Rechtsbeständigkeit der Klagsmarke auszugehen wäre. Im zweitgenannten Fall bliebe das stattgebende Urteil im Verletzungsprozess aufrecht, die Marke könnte aber aufgrund des Rechtsmittels für nichtig oder für verfallen erklärt werden. Ob dies eine Wiederaufnahme des Verfahrens über die Verletzungsklage rechtfertigte, wäre eine Frage des nationalen Verfahrensrechts.
(c) Diese möglichen verfahrensrechtlichen Verwicklungen wiegen allerdings wohl nicht so schwer, dass mit der Entscheidung über die Verletzungsklage tatsächlich bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Widerklage zugewartet werden müsste. Denn mit einer solchen Vorgangsweise wäre eine beträchtliche Verzögerung des Verfahrens verbunden, die ausschließlich damit begründet werden könnte, dass auch für ein in sich widersprüchliches Verhalten der Parteien vorgesorgt werden müsse. Die Folgen eines solchen Verhaltens haben sich die Parteien aber selbst zuzuschreiben; eine allgemeine Regel sollte daraus eher nicht abgleitet werden (hard cases make bad law).
3.6. Nach Auffassung des Senats sollte daher aus Art 99 Abs 1 UMV (nur, aber doch) abgeleitet werden, dass eine Verletzungsklage nur dann wegen des Vorliegens eines Nichtigkeits- oder Verfallsgrundes abgewiesen werden darf, wenn zumindest zugleich der Widerklage aus diesem Grund stattgegeben wird. Das bloße Erheben der Widerklage sollte nicht ausreichen; ein Warten auf die Rechtskraft der Entscheidung über die Widerklage sollte ebenfalls nicht erforderlich sein. Vielmehr sollte diese Frage – ebenso wie die mögliche Verbindung von Klage- und Widerklageverfahren und die Gestaltung des Rechtsmittelverfahrens – ausschließlich nach nationalem Verfahrensrecht beurteilt werden.
3.7. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, Art 99 Abs 1 UMV in zwei Richtungen anders auszulegen: Nach dem Wortlaut genügt anscheinend das Erheben der Widerklage; der Zweck könnte es auch erfordern, mit der Entscheidung über die Verletzungsklage überhaupt bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Widerklage zuzuwarten. Daher wird der EuGH um eine diesbezügliche Klarstellung der Rechtslage ersucht.
VI. Verfahrensrechtliches:
Als Gericht letzter Instanz ist der Oberste Gerichtshof zur Vorlage verpflichtet, wenn die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht derart offenkundig ist, dass kein Raum für einen vernünftigen Zweifel bleibt. Solche Zweifel liegen hier vor. Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Verfahren über das Rechtsmittel des Klägers zu unterbrechen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)