OGH 5Ob261/15s

OGH5Ob261/15s14.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. C***** GmbH & Co OG, *****, 2. K*****Gesellschaft m.b.H., *****, beide vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. November 2015, AZ 47 R 271/15y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 14. Juli 2015, TZ 3208/2015, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00261.15S.0614.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts zu lauten hat:

1. Aufgrund der nachstehenden Urkunden

1 Kaufvertrag Paket 4, 19.06.2015

2 Spezialvollmacht Paket 4, 18.06.2015

3 Bestätigung § 89a+b NO, 19.06.2015

4 Rangordnungsbeschluss, 23.04.2015

wird folgende Eintragung bewilligt:

1 Vormerkung des Eigentumsrechts

in EZ ***** KG *****

auf 1/1 Anteil B-LNR 6 der

K*****Gesellschaft m.b.H.

ADR: *****

im Rang TZ 1909/2015 zu 1/1 (bezogen auf den Anteil)

für C*****, GmbH & Co OG, FN *****

2. Das Mehrbegehren der Antragsteller, das Eigentumsrecht der Erstantragstellerin im Rang TZ 1909/2015 einzuverleiben, wird abgewiesen.

Verständigt werden:

1 Schönherr Rechtsanwälte GmbH, FN 266331p,

Schottenring 19, 1010 Wien

2 C*****, GmbH & Co OG, FN *****

3 Magistrat der Stadt Wien,

MA 69 Liegenschaftsmanagement, Lerchenfelder Straße 4, 1080 Wien

4 Finanzamt für Gebühren-, Verkehrsteuern und Glücksspiel, Marxergasse 4, 1030 Wien

5 K*****Gesellschaft m.b.H., FN*****“

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

 

Begründung:

Die Antragstellerinnen begehrten die Einverleibung des Eigentumsrechts der Erstantragstellerin ob der Liegenschaft EZ ***** KG ***** im Rang TZ 1909/2015; dies aufgrund des Kaufvertrags vom 19. 6. 2015, der Spezialvollmacht vom 18. 6. 2015, der Bestätigung gemäß §§ 89a und 89b NO vom 19. 6. 2015, des Rangordnungsbeschlusses vom 23. 4. 2015 sowie der Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer. Gegenstand der Bestätigung gemäß §§ 89a und 89b NO ist, dass die S***** GmbH als deren unbeschränkt haftende Gesellschafterin am 18. und 19. 6. 2015 berechtigt war, die Erstantragstellerin selbständig zu vertreten, und dass Frau K***** C***** und Frau R***** H***** mit Wirkung vom 12. 6. 2015 zu Geschäftsführerinnen bestellt wurden und am 18. und 19. 6. 2015 berechtigt waren, die S***** GmbH zu vertreten. Mit der Spezialvollmacht vom 18. 6. 2015 beauftragte und bevollmächtigte die Erstantragstellerin Dr. P***** M***** und Mag. C***** B*****, jeden von ihnen selbständig, in ihrem Namen und auf ihre Rechnung, alle Erklärungen im Zusammenhang mit dem Kauf (unter anderem) der Liegenschaft EZ ***** KG ***** abzugeben und entgegenzunehmen. Diese Spezialvollmacht wurde für die Erstantragstellerin von deren einzelvertretungsbefugter Gesellschafterin und für diese von deren (gemeinsam vertretungsbefugten) Geschäftsführerinnen K***** C***** und R***** H***** unterzeichnet. Deren Unterschrift wurde vom Luxemburger Notar J***** S***** beglaubigt. Dieser Beglaubigungsvermerk enthält deren Geburtsdaten nicht. Auf der letzten Seite der Spezialvollmacht ist eine Apostille des Luxemburger Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten betreffend die Unterschrift des Notars J***** S***** angebracht. Der Kaufvertrag vom 19. 6. 2015 wurde für die Erstantragstellerin (Käuferin) von einem der nach der Spezialvollmacht vom 18. 6. 2015 hierzu bevollmächtigten Vertreter unterfertigt.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Der Beglaubigungsvermerk für die Unterschriften auf der Spezialvollmacht sei unzureichend, da er den Vorschriften der §§ 79 Abs 5 und 82 Abs 1 NO nicht entspreche.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Gemäß § 31 Abs 1 GBG könne die Einverleibung nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt seien und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthalten. Das Geburtsdatum einer natürlichen Person müsse sowohl in der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde selbst als auch in dem die Beglaubigung der Unterschriften dieser Urkunde betreffenden Vermerk enthalten sein. Bei der Spezialvollmacht handle es sich um eine Vollmacht, aufgrund derer eine Einverleibung geschehen solle und die aus diesem Grund die Erfordernisse des § 31 Abs 1 GBG zu erfüllen habe. Der Beglaubigungsvermerk des Luxemburger Notars enthalte die Geburtsdaten der Vollmachtgeberinnen nicht. Die Spezialvollmacht enthalte auf ihrer letzten Seite zwar eine den Kriterien des sowohl für Österreich als auch für Luxemburg geltenden Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung, BGBl 27/1968, entsprechende Apostille betreffend die Unterschrift des Notars J***** S*****. Allerdings werde durch diese Apostille nicht die Richtigkeit oder die Formgültigkeit der den Beglaubigungsvermerk enthaltenden Rechtshandlung bestätigt, sondern sie diene nur dazu, die Authentizität der Unterschrift und die Eigenschaft, in der die unterschreibende Person gehandelt hat, zu bestätigen. Da somit die Spezialvollmacht keinen den Anforderungen des § 31 Abs 1 GBG entsprechenden Beglaubigungsvermerk und ein solcher auch nicht substituierbar sei, könne mit dieser Urkunde das Eigentumsrecht nicht intabuliert werden. Auf die allfällige Rechtsrichtigkeit der Beglaubigung nach dem Staat der Errichtung der Vollmacht komme es aufgrund der insoweit eindeutigen verfahrensrechtlichen Formvorschrift des § 31 Abs 1 GBG nicht an.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zu der hier aufgeworfenen Thematik, die angesichts der fortschreitenden Internationalisierung des Grundstückserwerbs aufgrund von im Ausland errichteter Urkunden von zusehends größerer Bedeutung sein werde, gebe es keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerinnen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, diese dahin abzuändern, dass der Antrag bewilligt und das Eigentumsrecht zugunsten der Erstantragstellerin einverleibt werde.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Die Einverleibung kann gemäß § 31 Abs 1 GBG nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält.

1.2 Die Revisionsrekurswerber verneinen die Anwendbarkeit des § 31 Abs 1 GBG auf die vorliegende Spezialvollmacht, weil nur der zwischen den Antragstellerinnen abgeschlossene Kaufvertrag, und nicht auch diese Spezialvollmacht die Grundlage für die Einverleibung des Eigentumsrechts der Erstantragstellerin sei. Darüber hinaus sei § 31 GBG auf die vorliegende Spezialvollmacht jedenfalls deshalb nicht anzuwenden, weil diese im Großherzogtum Luxemburg beglaubigt worden sei. Der die Urkunde beglaubigende Notar habe nur die auf ihn anwendbaren Bestimmungen, die den Inhalt einer Beglaubigungsklausel festlegen, zu beachten gehabt.

1.3 Privaturkunden, aufgrund deren eine Einverleibung stattfinden soll, müssen neben den Erfordernissen der §§ 26, 27 GBG auch die in § 32 Abs 1 GBG genannten Angaben enthalten. Dazu zählt die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden solle, dass er in die Einverleibung zustimmt. Stammt diese Erklärung nicht vom Berechtigten, sondern von einem dazu Bevollmächtigten, gehört die Vollmacht selbst zu den Eintragungsgrundlagen (RIS‑Justiz RS0106107 [T1]; 5 Ob 96/15a). Soll also die Einverleibung – wie hier – aufgrund einer im Vollmachtsnamen unterfertigten Privaturkunde erfolgen, muss die Unterschrift des Vollmachtgebers nach § 31 Abs 1 GBG auf der Verfügungsvollmacht selbst gerichtlich oder notariell beglaubigt werden.

1.4 Über die notwendige Form der die Eintragungsgrundlage bildenden Urkunden entscheidet das Registerrecht, also das Recht am Registerort (5 Ob 199/05h = RIS‑Justiz RS0076777 [T2] = RS0076712 [T1]; 5 Ob 34/84; vgl auch Verschraegen in Rummel³ § 8 IPRG Rz 9 und § 31 IPRG Rz 14). Die für die Einverleibung in das inländische Grundbuch erforderlichen Urkunden müssen daher immer den besonderen Vorschriften des österreichischen Rechts genügen, auch wenn sie, wie hier die Vollmacht, im Ausland errichtet wurden (5 Ob 34/84). Ob hier – wie die Antragstellerinnen behaupten – die Beglaubigungsklausel den Anforderungen des Rechts des Großherzogtums Luxemburg für eine Einverleibung des Eigentumsrechts der Erstantragstellerin entspricht, ist daher unbeachtlich.

2.1 Die Antragstellerinnen vertreten in ihrem Revisionsrekurs die Auffassung, dass der auf der Spezialvollmacht angebrachte Beglaubigungsvermerk ohnedies den gesetzlichen Anforderungen des § 31 GBG entspreche. Die Angabe des Geburtsdatums der die Urkunde unterfertigenden Personen sei nicht erforderlich, weil die Ausstellerin der Spezialvollmacht keine natürliche, sondern eine juristische Person sei.

2.2 Nach § 27 Abs 2 GBG müssen die Urkunden, aufgrund derer eine bücherliche Eintragung geschehen soll, eine solche Bezeichnung der am Rechtsgeschäft beteiligten Personen enthalten, dass diese nicht mit anderen verwechselt werden können; dazu muss bei natürlichen Personen das Geburtsdatum angegeben werden (5 Ob 206/09v). Zu den Urkunden im Sinn des § 27 GBG zählen alle Urkunden, auf die sich eine beantragte Grundbucheintragung stützt (5 Ob 78/15d, 5 Ob 144/13g mwN). Verfügungsvollmachten wie die von den Antragstellerinnen vorgelegte Spezialvollmacht gehören zu den Eintragungsgrundlagen (RIS‑Justiz RS0106107 [T1]; 5 Ob 96/15a). Auch für diese gelten daher die Erfordernisse des § 27 Abs 2 GBG.

2.3 Der Zweck des § 27 Abs 2 GBG besteht darin, eine eindeutige Identifizierung der am Rechtsgeschäft beteiligten Person zu ermöglichen (RIS‑Justiz RS0060482 [T7]; 5 Ob 78/15d, 5 Ob 144/13g mwN). Das Gesetz enthält zwar keine Vorschrift über die Identitätsprüfung, aber gerade das Erfordernis der Anführung des Geburtsdatums dient zweifellos der Vermeidung von Zweifeln in diese Richtung (5 Ob 195/08z; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 94 GBG Rz 25 mwN). Im Fall der Vollmachtserteilung durch eine juristische Person sind die Organe der Machtgeberin in diesem Sinn am Rechtsgeschäft beteiligte natürliche Personen. Der Beglaubigungsvermerk auf der von der juristischen Person erteilten Vollmacht zum Abschluss eines Liegenschaftskaufvertrags muss daher das Geburtsdatum der vertretungsbefugten Organe der Machtgeberin enthalten.

3.1 Wenn die beigebrachte Urkunde nicht alle in den §§ 31 bis 34 GBG festgesetzten besonderen Erfordernisse zur Einverleibung, wohl aber die allgemeinen Erfordernisse (§§ 26, 27 GBG) zur grundbücherlichen Eintragung besitzt, kann aufgrund der Urkunde die Vormerkung (§ 8 Z 2) bewilligt werden (§ 35 GBG). Das Begehren um Einverleibung begreift jenes um Vormerkung stillschweigend in sich, wenn der Antragsteller die Vormerkung nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat (§ 85 Abs 3 GBG).

3.2 Die für eine Einverleibung notwendige Beglaubigung einer beim Abschluss des Titelgeschäfts verwendeten Verfügungsvollmacht iSd § 31 Abs 1 und 6 GBG ist für die Vormerkung nicht zu fordern (5 Ob 10/03m, 5 Ob 316/00g, 5 Ob 2199/96k; Rassi, Grundbuchsrecht2 Rz 149; Verweijen in Kodek, Grundbuchsrecht § 35 GBG Rz 16, 17). Das Fehlen einer iSd § 31 GBG mangelfreien Beglaubigung der für die Machthaberin abgegebenen Unterschriften hat daher zwar die Abweisung des Einverleibungsbegehrens zur Folge. Da aber (auch) die Spezialvollmacht die in den §§ 26 und 27 GBG aufgezählten allgemeinen Erfordernisse zur grundbücherlichen Eintragung besitzt, ist die Vormerkung zu bewilligen (§ 95 Abs 2 GBG).

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