OGH 5Ob75/16i

OGH5Ob75/16i14.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers C***** T*****, vertreten durch Dr. Peter Wenger, öffentlicher Notar in Graz, wegen Grundbuchseintragungen in EZ ***** und *****, je Grundbuch *****, und EZ 85, Grundbuch *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Agrarbezirksbehörde für Steiermark, Dienststelle Stainach, 8950 Stainach, Salzburgerstraße 232, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 26. Februar 2016, AZ 1 R 163/15k, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom 20. April 2015, TZ 1530/2015, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00075.16I.0614.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

 

Begründung:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Agrarbezirksbehörde ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Entscheidung des Rekursgerichts vom 25. 2. 2015, die den Bewilligungsbeschluss erster Instanz abänderte und das Grundbuchsgesuch des Übernehmers und Antragstellers zur Gänze abwies, wurde innerhalb offener Rechtsmittelfrist nicht bekämpft und rechtskräftig.

2. Beim Vollzug einer solchen Entscheidung des Rekursgerichts sind sämtliche in erster Instanz bewilligte Eintragungen nach § 129 Abs 2 letzter Satz GBG zu löschen (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 125 GBG Rz 3 mwN). Ebenfalls zu löschen ist die Anmerkung des Rekurses (Kodek aaO § 129 GBG Rz 9).

3. Alle Beschlüsse des Grundbuchsverfahrens sind nach § 122 GBG grundsätzlich anfechtbar. Das gilt jedoch nicht für Zustellanordnungen oder die Löschung einer Plombe (Kodek aaO § 122 GBG Rz 4).

4. Das Erstgericht hat auf seine Vollzugsanordnung verwiesen (Spruchpunkt 1) und nach § 129 Abs 2 GBG die Löschung des rechtskräftig erledigten Rekurses angeordnet (Spruchpunkt 2). Diese amtswegigen Aussprüche sind gesetzliche Folge einer rechtskräftigen Entscheidung über ein Grundbuchsgesuch, tangieren die Rechtsstellung des Antragstellers oder sonstiger Rechtsmittelwerber nicht und sind deshalb nicht selbständig anfechtbar.

5. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine Vollzugsanordnung als eigene gerichtliche Entscheidung anfechtbar, wenn die Eintragungsbewilligung von einem anderen Gericht als dem Grundbuchsgericht erteilt wurde. Es ist dann nur die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchstand zu prüfen (RIS‑Justiz RS0001316; RS0002519; 5 Ob 104/15b). Dieser Fall liegt jedoch nicht vor, wenn das Erstgericht als Grundbuchsgericht die abändernde Entscheidung des Rekursgerichts nach § 129 Abs 2 letzter Satz GBG zu vollziehen hat.

6. Ob eine Vollzugsanordnung grundsätzlich anfechtbar ist, in der das Grundbuchsgericht erster Instanz die Wiederherstellung des ursprünglichen Grundbuchstands veranlasst, dabei die als Folge eines rechtskräftigen Bewilligungsbeschlusses in der Zwischenzeit eingetretene Änderung berücksichtigt und – wie hier in den Spruchpunkten 3 und 4 – konkrete Eintragungen anordnet, kann dahin gestellt bleiben. Die Agrarbehörde war nämlich nicht zur Erhebung eines Rekurses legitimiert.

7. Die im Übergabevertrag vorgesehene Teilung der Stammsitzliegenschaft EZ 71 und der Verbleib der Mitgliedschaftsrechte an der Agrargemeinschaft bei der nach Abschreibung einiger Grundstücke verbleibenden restlichen EZ 71 war nach § 4 Abs 5 StAgrGG, LGBl 1986/8, nur mit Bewilligung der Revisionsrekurswerberin als zuständige Agrarbehörde zulässig (vgl Kodek aaO § 94 GBG Rz 198).

8. Die Rechtsprechung bejaht die Rechtsmittellegitimation einer Agrarbehörde, wenn sie in ihrem Rechtsmittel die Einhaltung von bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Flurverfassungsbestimmungen gewährleisten will (RIS‑Justiz RS0116135; RS0006663; RS0006805; 5 Ob 1/16g). So kann sie die ohne erforderliche Bewilligung erfolgte Verbücherung eines Übergabevertrags bekämpfen (5 Ob 15/85).

9. Hier hat die Agrarbehörde die im Übergabevertrag vorgesehene Teilung der Stammsitzliegenschaft genehmigt. Das sowohl dem Übergabevertrag als auch dieser Bewilligung widersprechende Grundbuchgesuch wurde jedoch in der Folge rechtskräftig abgewiesen. Die hinsichtlich der argrargemeinschaftlichen Rechte getroffene Anordnung des Vollzugs dieser Entscheidung steht nicht in Widerspruch zu § 4 Abs 5 StAgrGG oder der erteilten Genehmigung: Die Mitgliedschaft ist wie im Übergabevertrag geregelt mit jenen Grundstücken verbunden, die nach Teilung der Stammsitzliegenschaft bei der EZ 71 verbleiben sollten. Diese restliche Stammsitzliegenschaft hat nur eine andere Bezeichnung.

10. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Agrarbehörde seinem Spruch nach nicht Folge, obwohl es in seiner Argumentation inhaltlich die Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung auch im Grundbuchsverfahren (RIS‑Justiz RS0006491; RS0006693 [T3]) verneinte. Dieses Vergreifen in der Entscheidungsform begründet aber keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 AußStrG (RIS‑Justiz RS0036324).

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