OGH 20Os3/16s

OGH20Os3/16s10.6.2016

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 10. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshof Dr. Schwab als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Grassner und Dr. Haslinger als Anwaltsrichter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Janisch als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 20. Juli 2015, AZ D 39/14 (DV 2/15), TZ 44, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Koenig, des Kammeranwalts der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer Mag. Lughofer, LL.M. und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0200OS00003.16S.0610.000

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt ***** der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes im Grunde von Verstößen gegen §§ 9 Abs 1, 16 Abs 1 RAO schuldig erkannt, nach § 16 Abs 1 Z 2 DSt zu einer Geldbuße in Höhe von 3.500 Euro verurteilt und zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet.

Danach hat er

a) es unterlassen, bei Übernahme der Mandate einer Mehrzahl mittelloser Klienten in mehreren arbeitsrechtlichen Verfahren des Landesgerichts Wels diese darüber aufzuklären, dass auch die Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe (welche vom Disziplinarbeschuldigten lediglich gemäß § 64 Abs 1 Z 1 ZPO beantragt wurde) möglich ist sowie eine entsprechende Antragstellung verabsäumt und dadurch seine Klienten nicht mit dem erforderlichen Eifer und der erforderlichen Treue und Gewissenhaftigkeit vertreten;

b) mit den zu a) erwähnten Klienten vereinbart, dass diese im Falle des Ersiegens an ihn ein Honorar von 20 % des ersiegten Betrags, im Falle des Unterliegens von 700 Euro zu bezahlen haben und dadurch eine unzulässige Honorarvereinbarung in Form eines pactum de quota litis abgeschlossen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe mit den Anträgen, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und einen Freispruch zu fällen in eventu die verhängte Geldbuße herabzusetzen. Der Kammeranwalt erstatte hierzu eine ablehnende Gegenausführung.

Die Berufung macht in der Sache (ohne ausdrückliche Bezeichnung) die Nichtigkeitsgründe gemäß § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO geltend.

Soweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) sinngemäß vorbringt, die Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten sei übergangen worden, ist sie auf die Seiten 17 bis 21 des angefochtenen Erkenntnisses zu verweisen. Dort setzte sich der erkennende Senat sehr ausführlich mit der Einlassung des Disziplinarbeschuldigten auseinander (um sie im Ergebnis als unglaubwürdig zu werten).

Wenn die Berufung (insb in ihrem Punkt 6.) vermeint, die Schlussfolgerungen des Disziplinarrats entbehrten jedweder Grundlage, releviert sie keine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der erstinstanzlichen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite im Sinne eines Verstoßes gegen die Kriterien logischen Denkens oder grundlegender Erfahrungen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 444).

Darüber hinaus beschränkt sich die Mängelrüge einerseits auf eine eigenständige Würdigung der nach Ansicht des Berufungswerbers erzielten Beweisergebnisse und zeigt weder einen Widerspruch noch eine Aktenwidrigkeit auf (vgl Ratz,WK‑StPO § 281 Rz 439 und Rz 467). Indem sie Spekulationen über Übersetzungsfehler des beim Klientenkontakt eingesetzten Dolmetschers anstellt und die Nichtbeachtung des Zweifelsgrundsatzes behauptet, kritisiert sie in rechtlich unzulässiger Weise die erstinstanzliche Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0102162).

Mit dem Vorbringen (Punkt 5.), das Beweisverfahren sei nur unzureichend geführt und nicht sämtliche Klienten des Disziplinarbeschuldigten seien zeugenschaftlich einvernommen worden, will die Berufung möglicherweise den Nichtigkeitsgrund der Z 5a geltend machen. Diesem Vorbringen mangelt es indes an der Behauptung, der Beschwerdeführer sei in der Disziplinarverhandlung in erster Instanz an einer zielgerichteten Antragstellung gehindert gewesen (RIS‑Justiz RS0114036).

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist entgegenzuhalten, dass die (festgestellte) Vereinbarung einer quota litis als Honorar gemäß § 879 Abs 2 Z 2 ABGB und § 16 Abs 1 RAO unzulässig ist und die Modalität der späteren Abrechnung und die Frage, ob das (unzulässige) pactum letztlich umgesetzt wurde, für die Schuldfrage im Sinne einer entscheidenden Tatsache irrelevant ist.

Das Vorbringen der Schuldberufung vermag weder Bedenken an der Richtigkeit der logisch nachvollziehbaren und empirisch einwandfrei begründeten Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen zu wecken noch ein Außerachtlassen aktenkundiger Beweisergebnisse aufzuzeigen, sondern erschöpft sich im Begehren eines Zweifelsfreispruchs.

Der Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Nichtigkeit und des Ausspruchs über die Schuld musste somit ein Erfolg versagt bleiben.

Auch der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe kommt keine Berechtigung zu. Mehreren Tathandlungen gegen neun Klienten sowie vier Vorstrafen steht kein Milderungsgrund entgegen. Bei dem von § 16 Abs 1 Z 2 DSt vorgegebenen Rahmen von Geldbußen bis zum Betrag von 45.000 Euro ist die verhängte Geldbuße von 3.500 Euro jedenfalls nicht überhöht.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 54 Abs 5 DSt.

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