OGH 3Ob77/16v

OGH3Ob77/16v18.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Kinder F*****, A***** und E*****, über den Revisionsrekurs des Vaters T*****, vertreten durch Dr. Niki Alexander Haas, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Februar 2016, GZ 45 R 32/16p‑208, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 23. April 2015, GZ 40 Pu 10/11d‑159, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00077.16V.0518.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschluss über die erstgerichtliche Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsantrags wurde dem Vater am 24. April 2015 durch Hinterlegung an der von ihm zuvor im Verfahren angegebenen Anschrift zugestellt. Da die 14‑tägige Rekursfrist verstrich, ohne dass der Vater ein Rechtsmittel erhob, bestätigte das Erstgericht am 2. Juli 2015 die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit.

Im Zuge weiterer Zustellungen an den Vater erfuhr das Erstgericht, dass dieser von der bisher bekannten Anschrift verzogen sei. Eine Anfrage an das zentrale Melderegister ergab eine neue Anschrift. Dort stellte das Erstgericht den Beschluss neuerlich zu, worauf der Vater zunächst die Gewährung von Verfahrenshilfe beantragte und nach deren Bewilligung und neuerlicher Zustellung des Beschlusses an den als Verfahrenshelfer beigegebenen Rechtsanwalt durch diesen Rekurs erhob.

Das Rekursgericht wies den Rekurs wegen Verspätung zurück und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, dass zur Frage der Änderung der Abgabestelle ohne Kenntnis des Gerichts, weil der Zusteller keine Mitteilung erstattet habe, noch immer uneinheitliche Lehrmeinungen bestünden und der Lösung dieser Frage über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme. Im Übrigen verwies es darauf, dass der Vater Kenntnis vom laufenden Verfahren gehabt, aber dem Gericht nie eine Änderung der Adresse bekannt gegeben habe. Demnach habe für das Erstgericht keine Pflicht bestanden, Nachforschungen über die Abgabestelle des Vaters einzuleiten. Das bloße Nichtbeheben von Zustellstücken beweise noch keine Änderung der Abgabestelle; der Vater habe auch nicht behauptet, zum Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses am 24. April 2014 an der Abgabestelle nicht anwesend gewesen zu sein. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts, welches von Amts wegen eine neuerliche Zustellung veranlasst habe, sei die ursprüngliche Zustellung des Beschlusses am 24. April 2015 durch Hinterlegung wirksam gewesen. Bei Hinterlegungsfällen ohne gemeldeten und erkannten Abgabestellenwechsel gehe es zu Lasten der Partei, dass sie dem Gericht eine Änderung der Abgabestelle nicht bekannt gegeben habe. Eine weitere Zustellung führe nicht zur Eröffnung einer neuen Rechtsmittelfrist.

Der Revisionsrekurs des Vaters, mit dem er eine Sachentscheidung über seinen als verspätet zurückgewiesenen Rekurs anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 4 Ob 174/01v (= RIS‑Justiz RS0115725, RS0115726) ‑ der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgend - ausgesprochen, dass die Partei mit der Unterlassung der ihr obliegenden Mitteilung der Änderung der Abgabestelle die Gefahr trage, dass an der früheren Abgabestelle zugestellt werde und die Behörde die Änderung nicht ohne Schwierigkeiten erkennen könne. In einem solchen Fall könne an dieser Abgabestelle zugestellt werden, gleichgültig, wo sich die Partei befunden habe und welche Abgabestelle für sie zu diesem Zeitpunkt sonst in Betracht gekommen wäre. Dem Gericht sei die Feststellung der nunmehrigen Abgabestelle schon deshalb nicht „ohne Schwierigkeiten“ im Sinn des § 8 Abs 2 ZustG möglich, weil es gar keinen Grund gehabt habe, Nachforschungen anzustellen. An dieser Rechtsprechung hat in der Folge sowohl der Verwaltungsgerichtshof als auch der Oberste Gerichtshof festgehalten (2 Ob 207/13z mwN). In der zuletzt genannten Entscheidung hat sich der Oberste Gerichtshof auch mit den teilweise abweichenden Lehrmeinungen zu diesem Problem auseinandergesetzt (vgl auch [nunmehr] zustimmend Stumvoll in EvBl 2015/12, auf den sich der Revisionsrekurs allein beruft).

Die rekursgerichtliche Zurückweisung des vom Vater erhobenen Rekurses steht daher im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Es trifft nicht zu, dass ‑ wie der Rechtsmittelwerber behauptet ‑ die Änderung der Abgabestelle dem Erstgericht vor Fassung und Zustellung des Beschlusses vom 23. April 2015 bekannt geworden wäre: Allein der Umstand, dass in den vorliegenden Unterlagen (Schriftstücke aus einem anderen Verfahren) eine andere Anschrift des Vaters aufschien, bedeutete nämlich nicht, dass die bis dahin von ihm angegebene Anschrift ihren Charakter als Abgabestelle verloren hätte.

Der Revisionsrekurs ist daher mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

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