OGH 10ObS38/16k

OGH10ObS38/16k10.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Harald Kohlruss (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Arnold & Arnold Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter Straße 65, wegen Versehrtenrente, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2016, GZ 23 Rs 46/15h‑34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00038.16K.0510.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Beim Kläger lag nach den Feststellungen der Vorinstanzen seit 1997 eine durch die berufliche Tätigkeit als Lagerarbeiter erworbene, durch chemisch‑irritative Stoffe verursachte Asthmaerkrankung mit objektivem Nachweis einer Leistungsminderung im Sinn der Nummer 41 der Liste der Berufskrankheiten vor, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH bedingte.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 30. 11. 1999 anerkannte die beklagte Partei die Atemwegserkrankung des Klägers nicht als Berufskrankheit (§ 177 Abs 1 ASVG) und verneinte das Bestehen eines Anspruchs auf Leistungen aus der Unfallversicherung nach § 173 ASVG.

Seit diesem Bescheid nahm die Schwere der beruflich verursachten Asthmaerkrankung des Klägers zu, sodass er aufgrund der beruflich bedingten chemisch-irritativen Asthmaerkrankung seit dem 10. 12. 2012 in seiner Erwerbsfähigkeit in einem Ausmaß von 30 vH gemindert ist.

Mit Bescheid der beklagten Partei vom 14. 5. 2013 wurde die vom Kläger geltend gemachte Lungenerkrankung (neuerlich) nicht als Berufskrankheit anerkannt und das Bestehen eines Anspruchs auf Leistungen aus der Unfallversicherung verneint.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Rechtssache und sprach dem Kläger für die Folgen der Berufskrankheit gemäß § 177 ASVG, Anlage 1, laufende Nummer 41, eine „30 %-ige Versehrtenrente in der gesetzlichen Höhe“ ab 10. 12. 2012 zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung, soweit sie sich gegen die Verwerfung der Einrede der rechtskräftig entschiedenen Rechtssache richtete, nicht Folge, hingegen in der Sache im klageabweisenden Sinn Folge.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf.

1.1. Wurde statt eines Abänderungsantrags ein Aufhebungsantrag gestellt, so bedarf dies keiner Verbesserung, wenn nach dem Inhalt der Berufung (oder der Revision) kein Zweifel darüber bestehen kann, welche Abänderung erfolgen soll (7 Ob 272/07m mwN). Ein unrichtiger Berufungsantrag (Revisionsantrag) schadet also nicht, wenn klar ist, dass sich der Rechtsmittelwerber nur versehentlich im Ausdruck vergriffen hat (7 Ob 272/07m mwN).

1.2. Ob die Berufungsausführungen erkennen lassen, dass und welche Abänderung des angefochtenen Urteils vom Berufungswerber angestrebt wird, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit wäre diese Frage nur dann revisibel, wenn die Ansicht des Berufungsgerichts unvertretbar wäre. Dies ist hier nicht der Fall; aus den gesamten Berufungsausführungen ist klar erkennbar, dass die beklagte Partei letztlich auch eine Abänderung der erstinstanzlichen Sachentscheidung im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens anstrebte.

2.1. Die durch Bescheid (oder Gerichtsurteil) ausgesprochene Feststellung darüber, ob eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist, erwächst in Rechtskraft (10 ObS 277/91, SSV-NF 6/122 = RIS-Justiz RS0084077). Damit ist dieser Kausalzusammenhang im Hinblick auf ein späteres Verfahren (auf Zuerkennung von Leistungen aus der Unfallversicherung) bindend festgestellt (10 ObS 154/03z; RIS‑Justiz RS0084077 [T1]).

2.2. Nach den Feststellungen haben sich in Bezug auf die Ursache der Asthmaerkrankung des Klägers nach dem 30. 11. 1999 keine Änderungen ergeben. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass deshalb die Rechtskraft des Bescheids vom 30. 11. 1999 einer neuerlichen Beurteilung der Frage, ob die beim Kläger schon zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehende Gesundheitsstörung Folge einer Berufskrankheit ist, entgegensteht und die Verschlechterung der aufgrund dieser Gesundheitsstörung bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers keine Änderung der Verhältnisse, die für die Ablehnung der Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit maßgebend waren, im Sinn des § 183 Abs 1 ASVG darstellt.

3. Zutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass aus der Bestimmung des § 174 Z 2 ASVG für den Kläger nichts zu gewinnen ist. Zum einen stellt sich im Hinblick auf den rechtskräftigen Bescheid vom 30. 11. 1999 die Frage des Eintritts des Versicherungsfalls nicht. Zum anderen wäre der Versicherungsfall schon 1997 eingetreten, weil damals schon eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenberechtigenden Ausmaß von 20 vH erreicht war (vgl 10 ObS 104/91, SSV-NF 5/43 = RIS-Justiz RS0084700).

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