OGH 7Ob45/16t

OGH7Ob45/16t27.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Klaus F. Lughofer und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 13.692 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 12. November 2015, GZ 53 R 202/15k‑24, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 29. April 2015, GZ 33 C 279/14f‑19, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00045.16T.0427.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Die Klägerin begehrt aus für die Beklagte durchgeführten Transporten mit dem im Rechtsmittelverfahren noch strittigen Betrag von 5.820 EUR sA die Abgeltung von Wartezeiten sowie die Bezahlung offener Fracht und eines Transportmehraufwands, der aus vom Empfänger verweigerter Abnahme des Transportgutes resultierte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Umfang dieser 5.820 EUR sA ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach ‑ über Abänderungsantrag der Klägerin ‑ aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Zur Frage der Auswirkung einer allenfalls ungerechtfertigten Annahmeverweigerung durch Dritte auf das Verhältnis zwischen Versender und Frachtführer im Bereich der CMR könne auf keine höchstgerichtliche Judikatur zurückgegriffen werden. Überdies fehle Rechtsprechung zur Frage der Abgrenzung zwischen Gut und Verpackung im Rahmen der Anwendung des Art 17 CMR.

Die Klägerin machte in ihrer Revision ‑ zusammengefasst ‑ geltend, dass der Frachtführer nur für das Gut bzw die zu transportierende Ware, nicht aber für die Verpackung hafte und Schäden am Gut weder behauptet noch festgestellt worden seien. Es sei der Absender dafür verantwortlich, dass das Gut so verpackt ist, dass die Verpackung bei einem vertragsgerecht durchgeführten Transport den zu erwartenden äußeren Einwirkungen standhalte. Hinsichtlich der Verpackung müsse der Frachtführer nur eine äußerliche Prüfung dahin durchführen, ob die Verpackung offensichtlich mangelhaft sei. Eine Verletzung dieser Prüfpflicht würde überdies lediglich eine Obliegenheitsverletzung begründen. Für den Empfänger habe wegen der bloß schadhaften Verpackung überhaupt kein gesetzlicher, insbesondere in der CMR verankerter und vom Frachtführer zu vertretender Grund zur Verweigerung der Annahme des Gutes bestanden.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen zeigen das Berufungsgericht und die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist daher die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Ein geringer Teil (2 x 100 EUR netto) des im Revisionsverfahren noch strittigen Teilbetrags betrifft von der Klägerin angesprochene Entschädigungen für Wartezeiten. Warum die Klageabweisung in diesem Umfang rechtsirrig erfolgt sein sollte, hat aber die Klägerin im gesamten Rechtsmittelverfahren nicht mehr aufgegriffen. Auf diesen Teilbetrag ist daher nicht mehr einzugehen (RIS‑Justiz RS0041570 [T8 und T12]).

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin gehört zum Beförderungsgut nicht nur die Ware selbst, sondern auch deren vom Absender zum Schutz beigefügte Verpackung (vgl 1 Ob 134/02s = RIS‑Justiz RS0073922 [T1] [zum Bruttogewicht des Frachtgutes als Nettogewicht der Ware zuzüglich Verpackungsgewicht]), daher auch Schutzhüllen und Paletten ( Thume in Thume , CMR 3 Art 17 Rz 60 mwN). In diesem Sinn liegt jedenfalls keine unvertretbare Einzelfallbeurteilung vor, wenn die Vorinstanzen Verpackungsschäden, die die weitere bestimmungsgemäße Verwendung des Gutes verhinderten (Untauglichkeit der Lagerung und Aufstellung der ganzen, dazu konzipierten Getränke„displays“ zum Verkauf), als Beschädigung des Gutes qualifizierten.

3. Die transportgerechte Verpackung des Gutes ist grundsätzlich Angelegenheit des Absenders (RIS-Justiz RS0073756). Die Vorschrift des Art 8 Z 1 lit b CMR, wonach der Frachtführer bei der Übernahme den äußeren Zustand des Gutes und seiner Verpackung zu überprüfen hat sowie des Art 8 Z 2 CMR, wonach er diesbezügliche Vorbehalte in den Frachtbrief einzutragen hat, bedeutet nur, dass mangels eines am Frachtbrief eingetragenen Vorbehalts gemäß Art 9 Z 2 CMR bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, dass das Gut und seine Verpackung bei der Übernahme ‑ äußerlich ‑ in gutem Zustand waren (RIS-Justiz RS0073721). Allein aus hier in den Frachtbriefen fehlenden Vorbehalten gemäß Art 9 Abs 2 CMR kann daher nicht gefolgert werden, dass die Verpackung auch tatsächlich zum Schutz vor den auf der konkreten Beförderungsstrecke und den Straßenverhältnissen bei normalem Transportverlauf üblicherweise zu erwartenden Beanspruchungen geeignet war.

4. Gemäß Art 17 Abs 1 CMR haftet allerdings der Frachtführer (ua) für eine Beschädigung des Gutes, sofern diese zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Bei der Haftung nach Art 17 CMR handelt es sich um ein vermutetes Verschulden mit verschärftem Sorgfaltsmaßstab für die Zeit zwischen der Übernahme des Gutes zur Erfüllung der frachtrechtlichen Verpflichtungen und seiner Ablieferung (RIS‑Justiz RS0073792). Der Absender muss darlegen und beweisen, dass der Frachtführer das Gut unbeschädigt übernommen hat, dass es einen Schaden erlitten hat und dieser Schaden vor der Ablieferung eingetreten ist (3 Ob 132/06t mwN; 7 Ob 126/09v), welcher Ablauf hier auch von der Klägerin in der Revision nicht mehr erkennbar bezweifelt wird.

5. Der Frachtführer ist allerdings gemäß Art 17 Abs 4 lit b CMR vorbehaltlich des Art 18 Abs 2 bis 5 CMR von seiner Haftung befreit, wenn der Verlust oder die Beschädigung auf das Fehlen oder Mängel der Verpackung zurückzuführen ist, sofern die Güter ihrer Natur nach bei fehlender oder mangelhafter Verpackung Verlusten oder Beschädigungen ausgesetzt sind. Wenn der Frachtführer darlegt, dass nach den Umständen des Falles der Verlust oder die Beschädigung aus einer oder mehreren der in Art 17 Abs 4 CMR bezeichneten besonderen Gefahren entstehen konnte, so wird nach Art 18 Abs 2 CMR vermutet, dass der Schaden hieraus entstanden ist. Der Verfügungsberechtigte kann jedoch beweisen, dass der Schaden nicht oder nicht ausschließlich aus einer dieser Gefahren entstanden ist (RIS-Justiz RS0103795).

6. Für die Kausalität zwischen einem Umstand im Sinn des Art 17 Abs 4 CMR und dem Güterschaden genügt die Darlegung ihrer Möglichkeit. Es ist in diesem Fall nicht der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit des Kausalverlaufs erforderlich, auch nicht dass die besondere Gefahr als Schadensursache nicht außer aller Wahrscheinlichkeit liegt, wohl aber (jedenfalls und zunächst) ein substanziierter Sachvortrag zur Möglichkeit der Kausalität (2 Ob 88/05p; 7 Ob 1019/95).

7. Die Klägerin hat ‑ Verpackungsbedürftigkeit der Ware als unstrittig unterstellt ‑ nur ganz allgemein und ohne jede inhaltliche Konkretisierung behauptet, dass bei den Transporten nach G***** und G***** die Verpackung mangelhaft gewesen sei. Dies stellt jedenfalls dann keine substanziierte Darlegung der Möglichkeit der Kausalität zwischen dem Vorliegen des Haftungsausschlusstatbestands des Art 17 Abs 4 lit b CMR (Verpackungsmangel) und dem Schaden dar (vgl 2 Ob 88/05p), wenn es bei den 1.000 zu transportierenden gleichartig verpackten Paletten bei 931 zu keinen Problemen kam. Schon aus diesem Grund haben die Vorinstanzen die Haftung der Klägerin im Ergebnis im vorliegenden Einzelfall vertretbar bejaht. Der Klägerin steht daher für den ersten nicht abgeschlossenen Frachtauftrag (G*****) und für den Mehraufwand beim zweiten Frachtauftrag (G*****) ein (zusätzliches) Entgelt nicht zu.

8. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO stellt sich somit nicht. Die Revision ist daher unzulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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