OGH 3Ob7/16z

OGH3Ob7/16z27.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. D***** und 2. D*****, vertreten durch Dr. Hubert Köllensberger und Mag. Wolfgang Stockinger, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei i***** gmbh, *****, vertreten durch Dr. Günther Schmied und Mag. Markus Passer, Rechtsanwälte in Graz, wegen (restlich) 78.098,50 EUR, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 8. Oktober 2015, GZ 3 R 140/15f‑10, womit das Versäumungsurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 6. Juli 2015, GZ 17 Cg 42/15m‑4, abgeändert wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00007.16Z.0427.000

 

Spruch:

 

I. Das angefochtene Urteil ist im Umfang der Entscheidung über das in der Revision eingeschränkte Begehren von 726,52 EUR wirkungslos.

II. Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Das Berufungsurteil wird, soweit damit ein Teilbetrag von 70.000 EUR abgewiesen wurde, dahin abgeändert, dass das stattgebende Versäumungsurteil des Erstgerichts in diesem Umfang als Teilurteil wiederhergestellt wird.

Im Übrigen ‑ soweit damit ein Teilbetrag von 8.098,50 EUR abgewiesen wurde ‑ werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

 

Entscheidungsgründe:

Die Kläger begehren ausdrücklich den Ersatz von Mangelfolgeschäden. Die Beklagte habe als Bauträger für die Kläger ein Einfamilienhaus errichtet und dabei einen Fußbodenaufbau mit gesundheitsgefährdenden Mängeln (Emission von flüchtigen organischen Verbindungen [VOC]) hergestellt. Die Beklagte habe den Mangel zwar saniert, den Klägern seien aber die im weiteren Vorbringen in neun, mit den Buchstaben a) bis i) bezeichneten Positionen näher beschriebenen und mit Einzelbeträgen angeführten Mängelfolgeschäden (an Wertminderung des Parkettbodens, Telefongebühren, Stromkosten, für das Ersatzquartier anzuschaffenden Vorhängen, Sanierung der Rasenschäden, unbedingt anzuschaffendem Waschtisch, Transportkosten, Fahrtkosten und zeitlichem Mehraufwand) mit einem Gesamtbetrag von 8.098,50 EUR entstanden. Weiters machen die Kläger ‑ unter Punkt j) der Klage ‑ wegen dieses Großschadens, der nicht zur Gänze (zB in den Bereichen unter den Ziegelwänden) behoben habe werden können, aber auch wegen anderer, den Gegenstand eines weiteren Zivilprozesses bildender Mängel bei den Spengler‑ und Fassadenarbeiten, den dadurch bedingten merkantilen Minderwert ihrer Liegenschaft von 70.000 EUR als Mangelfolgeschaden geltend, sodass sich ein Gesamtschaden von 78.098,50 EUR errechne. Abschließend brachten die Kläger wörtlich vor, ihre Ansprüche stellten sich „zusammenfassend wie folgt dar“:

„Die Kläger haben die oben angeführten Ansprüche mit Ausnahme des merkantilen Minderwertes vorprozessual geltend gemacht. [...] Im Wege der vorprozessualen Korrespondenz wurde von der beklagten Partei ein Mangelfolgeschaden aufgrund des VOC‑Mangels in Höhe von

€ 44.103,17

anerkannt.

Die beklagte Partei hat vorprozessual Gegenforderungen in Höhe von € 5.947,- geltend gemacht. Von diesen Gegenforderungen haben die Kläger einen Betrag von

- € 5.220,60

anerkannt.

Weiters hat die beklagte Partei vorprozessual die Auszahlung des Haftrücklasses in Höhe von

- € 7.352,36

geltend gemacht. Dieser Anspruch wird von den Klägern anerkannt.

Schließlich hat die beklagte Partei auf den anerkannten Betrag von € 44.103,17 Zahlungen in Höhe von

- € 30.803,69

geleistet.

Hinzu kommen die oben unter den lit a) ‑ j) dargestellten Ansprüche (Mangelfolgeschäden) in Höhe von

€ 78.098,50

 

Somit ergibt sich ein bis dato nicht liquidierter Gesamtschaden der Kläger in Höhe von € 78.825,02."

 

Die Beklagte erstattete die ihr mit Beschluss vom 6. Mai 2015 aufgetragene Klagebeantwortung nicht.

Über Antrag der Kläger erließ das Erstgericht am 6. Juli 2015 ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil, das am selben Tag abgefertigt und am 10. Juli 2015 an die Beklagte zugestellt wurde.

Die Beklagte brachte schon am 7. Juli 2015 einen Schriftsatz beim Erstgericht ein, mit dem sie ua „IV. Berufung in eventu V. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit Klagebeantwortung in eventu VI. Widerspruch verbunden mit Klagebeantwortung“ erhob (ON 6). In ihrer Berufung machte sie als Berufungsgründe Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend, die sie jeweils darauf stützte, dass die Klage unschlüssig sei.

Am 22. Juli 2015 wurde beim Erstgericht ein weiterer Schriftsatz der Beklagten eingebracht, in dem sie ‑ ohne jede Erläuterung ‑ neuerlich Widerspruch gegen das Versäumungsurteil erhob (ON 7).

Die Kläger bestritten in ihrer Berufungsbeantwortung die Unschlüssigkeit ihrer Klage. Aus dem Klagevorbringen ergebe sich nicht, dass nur 8.098,50 EUR vorprozessual geltend gemacht worden seien; es sei vielmehr „durchaus so zu verstehen“, dass ua, keinesfalls jedoch ausschließlich dieser Betrag verlangt worden sei. Tatsächlich hätten die Kläger 78.708,82 EUR vorprozessual begehrt.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, gab ihr jedoch im Übrigen Folge und änderte das angefochtene Versäumungsurteil in eine Klageabweisung ab; die ordentliche Revision ließ es nicht zu.

Die Kläger hätten die Mängelfolgeschäden von insgesamt 78.098,50 EUR zwar zunächst nachvollziehbar aufgeschlüsselt, dann aber behauptet, die Beklagte habe vorprozessual 44.103,17 EUR anerkannt und 30.803,69 EUR gezahlt, wobei sie (die Kläger) den Abzug von 5.220,60 EUR ebenso akzeptiert hätten wie den Abzug von 7.352,36 EUR. Zum sich so ergebenden Restbetrag von 726,52 EUR hätten sie wiederum den gesamten dargestellten Mängelfolgeschaden von 78.058,50 EUR addiert und seien so zur Klagsforderung von 78.825,02 EUR gekommen. Mit diesem weiteren Vorbringen entspreche der gesamte Klagevortrag nicht mehr dem Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO, weil er nicht nachvollziehbar und nicht mehr klar sei, welche Mängelfolgeschäden, die ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben könnten, die Kläger tatsächlich (noch) verfolgten. Ein unschlüssiges Klagebegehren führe grundsätzlich zur Klageabweisung. Zwar dürfe das Gericht die Kläger nicht mit einer sofortigen Klageabweisung überraschen, sondern müsse ihnen Gelegenheit zur Verbesserung geben. Dem habe das Erstgericht zwar nicht entsprochen, doch hätten die Berufungsgegner diesen Verfahrensmangel in ihrer Berufungsbeantwortung nicht aufgegriffen, sondern auf der Schlüssigkeit beharrt, obwohl sie nach § 468 Abs 2 ZPO verhalten gewesen wären, ihrer Rügepflicht hinsichtlich des vom Erstgericht unterlassenen Verbesserungsauftrags nachzukommen. Damit sei dieser dem Erstgericht unterlaufene Verfahrensmangel vom Berufungsgericht nicht aufzugreifen und das angefochtene Versäumungsurteil in eine Klageabweisung abzuändern.

Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen, weil keine qualifizierte Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen sei und höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe, an der sich die Berufungsentscheidung habe orientieren können.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Kläger mit dem Antrag auf Abänderung iSd Stattgebung des eingeschränkten Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger gehen weiter davon aus, in der Klage sei ausreichend schlüssig dargestellt worden, dass der Betrag von 78.098,50 EUR Teil des Klagebetrags sei. Unschlüssig könnte nur der begehrte weitere Betrag von 726,52 EUR sein, weshalb aber nicht das ganze Klagebegehren abgewiesen hätte werden dürfen. Spätestens in der Berufungsbeantwortung sei eine Schlüssigstellung durch die Klarstellung erfolgt, dass vorprozessual nicht nur 8.098,50 EUR, sondern insgesamt 78.708,82 EUR geltend gemacht worden seien.

Die §§ 468 Abs 2 und 473a Abs 1 ZPO seien hier nicht einschlägig: Das Berufungsurteil fuße nämlich nicht auf erstgerichtlichen Feststellungen, weil ein Versäumungsurteil solche nicht enthalte und der Zweck dieser Bestimmungen daher nicht erfüllt werden könne.

Das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht entgegen der herrschenden Judikatur einen Verbesserungsversuch zur Beseitigung der angenommenen Unschlüssigkeit unterlassen habe. Zur Darlegung der Relevanz dieses Mangels wiesen die Kläger ua darauf hin, dass im anerkannten Betrag von 44.103,17 EUR keine der im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Schadenspositionen beinhaltet seien. Die aus dem „VOC‑Schaden“ resultierenden Mangelfolgeschäden rekrutierten sich aus den Klägern erwachsenen Sachverständigen‑ und Anwaltskosten sowie Mietaufwendungen. Diese Schadenspositionen seien von der Beklagten vorprozessual mit 44.103,17 EUR anerkannt, allerdings nicht vollständig liquidiert worden, sodass noch 726,52 EUR unberichtigt aushafteten und in die Klage aufgenommen worden seien. Um diesen Betrag wurde das Klagebegehren aus Gründen der „Prozessökonomisierung“ in der Revision eingeschränkt.

Schließlich meinen die Kläger, die Einbringung des weiteren Widerspruchs ON 7 könne bei objektiver Würdigung nur so verstanden werden, dass die Beklagte die Berufung und den Wiedereinsetzungsantrag zurückziehen habe wollen, weil ON 7 eindeutig ein minus zu ON 6 darstelle. Die Berufung wäre daher gar nicht zu behandeln gewesen oder hätte zurückgewiesen werden müssen.

Die Beklagte hält in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung die Revision für unzulässig und unbegründet.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist wegen Verkennung der Rechtslage durch das Berufungsgericht zulässig und berechtigt.

1. 

Der Oberste Gerichtshof erachtet in ständiger Rechtsprechung trotz der im Schrifttum geäußerten Bedenken (vgl E. Kodek in Rechberger ZPO4 § 483 Rz 4; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 504 ZPO Rz 28 ff) die Klageeinschränkung in analoger Anwendung des § 483 Abs 3 ZPO auch noch im Rechtsmittelverfahren für zulässig. Dies gilt zufolge § 513 ZPO auch im Revisionsverfahren (2 Ob 209/10i mwN; RIS‑Justiz RS0039644).

Es ist daher auszusprechen, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen im Umfang der Klageeinschränkung um 726,52 EUR wirkungslos sind. Damit erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Klageteilbetrag.

2. Von einer Zurückziehung der Berufung gegen das Versäumungsurteil durch den dagegen neuerlich eingebrachten Widerspruch ist nicht auszugehen.

Ein zulässigerweise (RIS‑Justiz RS0043977; 1 Ob 183/14i) bereits vor Zustellung des Versäumungsurteils, aber nach Bindung des Erstgerichts daran (hier: im Rahmen des Schriftsatzes ON 6) eventualiter erhobener Widerspruch ist wirksam. Die spätere Zustellung löst kein weiteres Recht zur neuerlichen Erhebung des Rechtsbehelfs aus (RIS‑Justiz RS0007015 [insb T3]). Der zweite Widerspruch ist aber auch nach dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels unzulässig (RIS‑Justiz RS0041666) und somit jedenfalls unbeachtlich (3 Ob 61/11h). Schon deshalb kann dieser ‑ von vornherein unzulässigen ‑ Prozesshandlung nicht die Bedeutung einer Rückziehung der zuvor als Hauptbegehren erhobenen Berufung unterstellt werden.

3. Die Klage ist zum Teilbegehren von 8.098,50 EUR unschlüssig.

3.1. Nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Kläger wurden jene Mangelfolgeschäden, die in der Klage unter den Punkten a) bis i) im Gesamtumfang von 8.098,50 EUR aufgelistet sind, vorprozessual gegenüber der Beklagten geltend gemacht (nicht jedoch die in der Klage weiters begehrte merkantile Wertminderung ihrer Liegenschaft von 70.000 EUR). Das weitere, unmittelbar anschließende Vorbringen, die Beklagte habe den viel höheren Betrag von 44.103,17 EUR vorprozessual anerkannt, der im Umfang von (5.220,60 + 7.352,36 + 30.803,69=) 43.376,65 EUR durch Aufrechnung und Zahlung getilgt worden sei, schafft Unklarheit. Denn selbst wenn man daraus schließen wollte, dass der Kläger vorprozessual mehr als 8.098,50 EUR eingefordert haben musste, liegt ‑ mangels jeglicher Hinweise, dass die Forderungen wegen der Mangelfolgeschäden (iHv zusammen 8.098,50 EUR) von der vorgenommenen Aufrechnung und Zahlung nicht berührt wurden ‑ die weitere Schlussfolgerung nahe, dass damit diese Forderungen bereits erfüllt wurden. Wenn sie von den Klägern dennoch durch ausdrückliche Wiederholung (arg: „Hinzu kommen die unter den lit a) ‑ j) dargestellten Ansprüche ...“) zum Gegenstand der Klage gemacht wurden, lässt sich das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich nicht aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen ableiten, sodass die Klage in diesem Umfang unschlüssig ist (RIS‑Justiz RS0037516).

3.2. Die Prüfung der Schlüssigkeit erfolgt aufgrund des jeweiligen Tatsachenvorbringens des Klägers in erster Instanz (2 Ob 215/09w). Eine Schlüssigstellung durch im Rechtsmittelverfahren erstattetes weiters Vorbringen scheitert schon am Neuerungsverbot (§§ 482 Abs 2, 504 Abs 2 ZPO). Davon zu unterscheiden ist die ‑ hier in der Revision beachtete ‑ Notwendigkeit, in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte. Solches Vorbringen verstößt nicht gegen das Neuerungsverbot, weil es noch nicht als Prozessvorbringen zu werten ist (RIS‑Justiz RS0037095 [T4]).

4. Zum Teilbegehren von 70.000 EUR an merkantiler Wertminderung der Liegenschaft ist die Klage hingegen schlüssig.

4.1. Dieser Anspruch blieb vom Vorbringen der Kläger zu einem außergerichtlichen Anerkenntnis durch die Beklagte und deren Tilgung ausdrücklich unberührt, weshalb die oben angestellten Überlegungen dazu keine Rolle spielen und damit eine Unschlüssigkeit nicht begründet werden kann.

In der Erlassung eines stattgebenden Versäumungsurteils durch das Erstgericht über 70.000 EUR ist daher kein Rechtsirrtum zu erblicken: Ist doch davon einer von mehreren, voneinander zu unterscheidenden, einem selbständigen rechtlichen Schicksal zugänglichen und ausreichend bestimmt behaupteten Ansprüchen betroffen.

4.2. Die Revision weist daher zu Recht darauf hin, dass das Klagebegehren vom Berufungsgericht keinesfalls zur Gänze abgewiesen hätte werden dürfen; vielmehr wäre das Versäumungsurteil in diesem Umfang zu bestätigen gewesen.

5. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Kläger hätten in ihrer Berufungsbeantwortung die im erstinstanzlichen Verfahren unterbliebene Erörterung der Unschlüssigkeit nach § 468 Abs 2 ZPO zu rügen gehabt, trifft nicht zu.

5.1. Ein unschlüssiges Klagebegehren kann für sich kein stattgebendes Versäumungsurteil zur Folge haben (RIS‑Justiz RS0040872 [T2]; RS0040801 [T1]; RS0040862). Es entspricht aber der völlig einhelligen Judikatur, dass vor Abweisung eines unschlüssigen Klagebegehrens stets ein Verbesserungsversuch vorzunehmen ist (RIS‑Justiz RS0117576; RS0037166; RS0037161), was auch im Fall eines Antrags auf Fällung eines Versäumungsurteils wegen Versäumung der Frist zur Klagebeantwortung gilt (1 Ob 73/03x).

5.2. § 468 Abs 2 ZPO sieht folgende Rügepflicht des Berufungsgegners vor: Soweit sich der Berufungswerber nicht ausdrücklich auf Feststellungen des Erstgerichts bezieht, ist der Berufungsgegner ‑ vorbehaltlich des § 473a - nicht gehalten, für ihn nachteilige Feststellungen oder zu seinen Lasten vorgefallene Verfahrensfehler mit der Berufungsbeantwortung zu rügen. In ständiger Rechtsprechung wird der Begriff „ausdrücklich“ dahin ausgelegt, eine gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge bedeute, dass sich der Berufungswerber auf sämtliche in dem den Feststellungen vorbehaltenen Urteilsabschnitt enthaltene Feststellungen beruft, allerdings nicht auf solche, die in anderen Urteilsteilen „verborgen“ sind (RIS‑Justiz RS0112020). Der mit dieser Bestimmung korrespondierende § 473a Abs 1 ZPO ordnet an, dass das Berufungsgericht seine nicht bestätigende Entscheidung auf Feststellungen des Erstgerichts nur dann gründen darf, wenn es dem Berufungsgegner zuvor mitgeteilt hat, dass es ihm freistehe, Mängel von Tatsachenfeststellungen oder der Beweiswürdigung des Erstgerichts oder des Verfahrens erster Instanz durch Überreichung eines beim Berufungsgericht einzubringenden vorbereitenden Schriftsatzes zu rügen; dies gilt nicht, wenn der Berufungsgegner die in Betracht kommenden, festgestellten Tatsachen nach § 266 ZPO zugestanden oder im Berufungsverfahren die genannten Mängel bereits gerügt hat oder nach § 468 Abs 2 zweiter Satz ZPO zu rügen gehalten war.

5.3. Der Gesetzeswortlaut lässt erkennen, dass im Fokus der beiden Bestimmungen die vom Erstgericht ermittelte, bei richtiger rechtlicher Beurteilung für den in erster Instanz Obsiegenden nachteilige Tatsachengrundlage steht, auf deren Basis das Berufungsgericht die (allseitige) rechtliche Beurteilung vorzunehmen hat. Dementsprechend hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass der Berufungsgegner nach § 468 Abs 2 ZPO verpflichtet ist, bereits im Berufungsverfahren allfällige Verfahrensfehler bei der Ermittlung der für ihn nachteiligen Tatsachenfeststellungen zu rügen, wenn in der Berufung die Rechtsrüge ordnungsgemäß ausgeführt wurde (RIS‑Justiz RS0112020 [T15]); aber auch, dass es Zweck des § 473a ZPO ist, dem Berufungsgegner die Möglichkeit einer Mängelrüge oder Beweisrüge zu Feststellungen zu eröffnen, auf die die Entscheidung gegründet werden soll (RIS‑Justiz RS0111841 [T2]).

5.4. Die Revisionswerber wiesen zutreffend darauf hin, dass ein klagestattgebendes Versäumungsurteil keine Feststellungen aufweist. Damit kommt aber weder eine Bekämpfung für den Kläger nachteiliger Feststellungen noch die Geltendmachung von Verfahrensfehlern bei deren Ermittlung in einer Berufungsbeantwortung in Betracht. Bei der vorliegenden Konstellation fehlt es somit an einem Anwendungsbereich für § 468 Abs 2 Satz 2 iVm § 473a Abs 1 Satz 2 ZPO. Der Vorwurf, die Kläger hätten die unterbliebene Erörterung der teilweisen Unschlüssigkeit iSd §§ 182, 182a ZPO in ihrer Berufungsbeantwortung als Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens zu rügen gehabt, ist ihnen daher nicht zu machen.

6. Somit kommt die Judikatur zum Tragen, wonach das Berufungsgericht dann, wenn es im Gegensatz zum Erstgericht das Klagebegehren für zu wenig bestimmt, unschlüssig oder widersprüchlich erachtet, entweder das Urteil des Erstgerichts aufheben und dieses anweisen muss, dem Kläger die Verbesserung des Begehrens aufzutragen, oder

das Begehren der Kläger im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung erörtern muss, ehe eine Abweisung des Zahlungsbegehrens wegen Unschlüssigkeit erfolgen darf, widrigenfalls das Berufungsverfahren mangelhaft bleibt (RIS‑Justiz RS0036355; RS0036871).

Die Gewährung eines Verbesserungsversuchs ist bei unschlüssigen Klagen grundsätzlich zwingend von Amts wegen vorzunehmen, selbst wenn die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und die Notwendigkeit einer Präzisierung nicht selbst erkannte (RIS‑Justiz RS0037166 [T12] uva; RS0036355 [T9]; RS0036455 [T11]).

Da die zweite Instanz einen Verbesserungsversuch rechtsirrig für entbehrlich erachtete, leidet (auch) das Berufungsurteil an dem von den Klägern gesetzmäßig (RIS‑Justiz RS0037095 [T5] und [T6]) gerügten Mangel, der eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern geeignet war (§ 503 Z 2 ZPO), soweit das Klagebegehren im Umfang von 8.098,50 EUR abgewiesen wurde.

7. Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass das stattgebende Versäumungsurteil zum Betrag von 70.000 EUR an behaupteter merkantiler Wertminderung der Liegenschaft mangels Unschlüssigkeit zu Recht erging und deshalb wiederherzustellen ist. Hinsichtlich der Unschlüssigkeit des restlichen Klagebegehrens von 8.098,50 EUR ist den Klägern ein Verbesserungsversuch zu gewähren, den aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis das Erstgericht nachzuholen haben wird.

8. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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