OGH 1Ob247/15b

OGH1Ob247/15b31.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde M*****, vertreten durch die Brandstetter, Baurecht, Pritz & Partner Rechtsanwälte KG, Wien, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei, DI T***** K*****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 137.822,18 EUR sA über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Oktober 2015, GZ 14 R 149/15g‑41, mit dem das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 24. Juli 2015, GZ 4 Cg 54/14p‑36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00247.15B.0331.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung:

Nach dem von der beklagten Gemeinde erlassenen früheren Flächenwidmungsplan ‑ und dem darauf basierenden Bebauungsplan ‑ war eine bestimmte Liegenschaft als „Bauland‑Wohngebiet“ gewidmet. Später beauftragte die Beklagte den Nebenintervenienten mit der „Digitalisierung“ des Flächenwidmungsplans. Aufgrund eines Übertragungsfehlers einer Mitarbeiterin des Nebenintervenienten wurde die Liegenschaft irrtümlich mit der Widmung „Grünland‑Land‑ und Forstwirtschaft“ versehen. Der neu verordnete Flächenwidmungsplan, der diesen Übertragungsfehler enthielt, wurde nach Ablauf der Kundmachungsfrist am 3. 11. 2004 rechtswirksam. Da die Abweichung vom früheren Flächenwidmungsplan niemandem auffiel, wurde der Bebauungsplan nicht geändert, der die Liegenschaft weiterhin als „Bauland‑Wohngebiet“ auswies. Der Geschäftsführer der Klägerin, die auf der Liegenschaft ein Mehrfamilienhaus errichten wollte, nahm im Februar 2009 Einsicht in den Bebauungsplan, nicht jedoch in den Flächenwidmungsplan. Er führte auch Gespräche mit dem Bürgermeister der Beklagten wegen der Verlängerung einer Zufahrtsstraße zur Liegenschaft. Dabei wurde die Bebaubarkeit des Grundstücks nie thematisiert. Mit dem Liegenschaftseigentümer kam die Klägerin dahin überein, dass er die entsprechenden Liegenschaftsanteile direkt an die Interessenten für das Bauprojekt verkaufen solle, während sich die Klägerin um die Vermarktung und Errichtung des Projekts kümmern würde. Diese ließ in der Folge Einreichpläne erstellen und schloss Verträge mit den einzelnen Kunden über die Errichtung von insgesamt drei Wohneinheiten ab. Über Antrag der Klägerin erteilte die Beklagte eine Bauplatzerklärung sowie eine Baubewilligung, die in Rechtskraft erwuchsen. Erst im Zusammenhang mit dem Antrag der Klägerin auf Erteilung einer forstrechtlichen Rodungsbewilligung durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde stellte sich heraus, dass der Bebauungsplan nicht mit dem gültigen Flächenwidmungsplan übereinstimmte und dass die Liegenschaft zudem wegen ungünstiger Bodenverhältnisse für eine Bebauung kaum geeignet und im Falle einer Rodung durch Hangrutschungen gefährdet wäre. Daraufhin wurde der Antrag auf Erteilung der Rodungsbewilligung (unbekämpft) abgewiesen. Nachdem das Land Niederösterreich als Aufsichtsbehörde eine Wiederherstellung der Baulandwidmung im Flächenwidmungsplan durch Plankorrektur untersagt hatte, weil das Grundstück tatsächlich keine Baulandeignung aufweise, hob der Gemeindevorstand der Beklagten sowohl die Bauplatzerklärung als auch die Baubewilligung unter Hinweis auf die Grünlandwidmung der Liegenschaft (ebenfalls unbekämpft) auf. Daraufhin wurden sämtliche Verträge zwischen der Klägerin und den Wohnungsinteressenten aufgelöst und rückabgewickelt.

Die Klägerin begehrte nun aus dem Titel der Amtshaftung den Ersatz ihrer frustrierten Aufwendungen im Zusammenhang mit dem gescheiterten Bauprojekt. Dabei berief sie sich insbesondere darauf, dass die Beklagte eine insgesamt unrichtige Auskunft gegeben, nämlich auf die mangelnde Übereinstimmung des Bebauungsplans mit dem Flächenwidmungsplan nicht hingewiesen habe. Hätte sie dies getan, hätte die Klägerin nicht im Vertrauen auf die Baulandwidmung die (nutzlos gewordenen) Aufwendungen getätigt. Sie habe auf die Richtigkeit der Auskunft über den Bebauungsplan und die Richtigkeit des Bebauungsplans selbst vertrauen dürfen. Es sei nicht Aufgabe eines Bauwerbers, zu prüfen, ob die Gemeinde bei ihren Auskünften allenfalls einem Irrtum unterliegt. Diese hätte vor der Baubewilligung prüfen müssen, ob dem Bauvorhaben die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstücks entgegensteht.

Die Beklagte und der auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenient wandten im Wesentlichen ein, dass der Beklagten kein vorwerfbarer Fehler unterlaufen sei. Die Umwidmung sei ohne ihr Wissen und Wollen aufgrund eines Fehlers beim Nebenintervenienten erfolgt und ihr nicht zuzurechnen. Die erteilten Auskünfte hätten dem gültigen Bebauungsplan und dem Kenntnisstand der Beklagten entsprochen. Der Klägerin mangle es auch an der Klagelegitimation, weil sie nicht Grundeigentümerin gewesen sei. Ihr sei auch vorzuwerfen, die ihr nachteiligen Bescheide nicht bekämpft zu haben. Hätte sie dies getan, hätte der VwGH letztlich festgestellt, dass gar keine Umwidmung erfolgt sei und nach wie vor Bauland vorliege. Jedenfalls treffe die Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden, weil sie nicht in den Flächenwidmungsplan Einsicht genommen habe.

Das Erstgericht, das die Verhandlung auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt hatte, wies das Klagebegehren ab. Die Organe der Beklagten hätten zwar mehrfach rechtswidrig gehandelt: Das Grundstück sei anlässlich der Digitalisierung des Flächenwidmungsplans ohne ausreichende Grundlagen umgewidmet worden. In der Folge sei der Bebauungsplan nicht angepasst worden. Die Beklagte habe das nicht im Bauland gelegene Grundstück zum Bauplatz erklärt, offenbar ohne zuvor die Widmung nach dem Flächenwidmungsplan zu kontrollieren. Schließlich habe auch die Baubewilligung der gültigen Widmung widersprochen. Damit sei aber für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil es am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen den rechtswidrigen, der Beklagten zuzurechnenden Handlungen und dem eingetretenen Schaden fehle. Sie mache einen reinen Vermögensschaden geltend und habe als bloß mittelbar Geschädigte keinen Ersatzanspruch. Vom Schutzzweck der Raum‑ und Bauordnungsgesetze seien nur die subjektiv‑öffentlichen Rechte der Liegenschaftseigentümer und ihrer Rechtsnachfolger erfasst, nicht aber Personen, die zu diesen nur in obligatorischen Rechtsbeziehungen stehen. Auch auf eine Verletzung des damals geltenden NÖ AuskG könne sich die Klägerin nicht berufen. Sie habe kein Auskunftsbegehren in Bezug auf die Baulandwidmung der Liegenschaft an die Beklagte herangetragen, sondern nur über ihr Ersuchen eine Kopie des Bebauungsplans erhalten. Auskünfte über die Grundstückswidmung seien nicht verlangt worden. Dass in Bezug darauf sämtliche Beteiligte dem gleichen Irrtum unterlegen seien, stelle keine unrichtige Auskunft im Sinne des NÖ AuskG dar.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Der Auffassung des Erstgerichts, es liege kein Verstoß gegen das NÖ AuskG vor, sei nicht zu folgen. Nach dem Gesetzeszweck sollten Auskünfte wirtschaftliche Dispositionen erleichtern oder überhaupt erst sinnvoll ermöglichen. Da dies nur erreichbar sei, wenn die nach dem Auskunftsbegehren erteilte Information richtig ist, beziehe sich der Auskunftsanspruch auf eine der Sache nach richtige Information. Sei eine falsche oder unzureichende Auskunft als fehlerhafter Hoheitsakt zu qualifizieren und führe sie zu einem Vermögensschaden infolge des durch die Fehlinformation vereitelten Dispositionsschutzes, sei Ersatz nach dem AHG zu leisten. Hier habe der Geschäftsführer der Klägerin am Gemeindeamt der Beklagten Einsicht in den geltenden Bebauungsplan genommen, weil er wissen wollte, ob man auf dem Grundstück bauen kann und inwieweit eine Bebauung möglich ist. Er habe eine Kopie des Bebauungsplans erhalten, der das Grundstück als „Bauland‑Wohngebiet“ ausgewiesen habe. Die Gewährung der Einsichtnahme in den Bebauungsplan gemäß § 72 Abs 5 NÖ BauO 1996 sei entgegen der Ansicht des Erstgerichts sehr wohl als Auskunft im Sinne des NÖ AuskG 2006 zu beurteilen, zumal sich potenzielle Bauwerber an den geltenden Bebauungsplan halten müssten und es selbstverständlich sei, dass sie vor Erstellung ihrer Baupläne darin Einsicht nehmen. Es könne auch keinen Unterschied machen, ob das Auskunftsersuchen in Form eines Begehrens um Einsicht in den Bebauungsplan oder in Form einer mündlichen oder schriftlichen Anfrage, welche Bebauungsbestimmungen für eine bestimmte Liegenschaft gelten, gestellt wird. Da § 4 Abs 2 NÖ AuskG 2006 ausdrücklich die Erteilung von Auskünften durch Übergabe von Kopien, Ausdrucken oder anderen Vervielfältigungen vorgesehen habe, erscheine die vom Erstgericht vertretene Differenzierung zwischen einem formlosen Ersuchen um Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen oder der Baulandwidmung einerseits und einem Ersuchen um Einsicht in den Bebauungsplan zwecks Gewinnung eben dieser Informationen andererseits übertrieben formalistisch. Da im Bebauungsplan die Widmungsarten laut Flächenwidmungsplan kenntlich zu machen seien und die angegebene Widmung für das angefragte Grundstück nicht dem geltenden Flächenwidmungsplan entsprochen habe, sei die von der Beklagten durch Einsichtgewährung in den Bebauungsplan und Ausfolgung einer Kopie erteilte Auskunft über die Bebaubarkeit der Liegenschaft eindeutig falsch und damit rechtswidrig gewesen. Damit fehle es keineswegs am Rechtswidrigkeitszusammenhang. Eine Haftung der Beklagten bestehe aber deshalb nicht, weil es am Verschulden ihrer Organe mangle und das fehlerhafte Verhalten des Nebenintervenienten ihr nicht zuzurechnen sei. Dieser habe bei der „Digitalisierung“ des Flächenwidmungsplan nur als Auftragnehmer der Beklagten und nicht als deren Organ oder Erfüllungsgehilfe gehandelt. Fraglich könne nur sein, ob den Organen der Beklagten der Fehler hätte auffallen müssen, wobei sich diese Frage nur bezüglich jener Organe stelle, die die Auskunft ‑ also die Gewährung der Einsicht in den Bebauungsplan ‑ erteilt haben. Nach Lage des Falls hätten diese Organe ‑ bei denen es sich in der Regel nicht um hoch qualifizierte Techniker oder Juristen handeln werde ‑ den Fehler nur bemerken können, wenn sie vor Erteilung der Auskunft in den Flächenwidmungsplan selbst Einsicht genommen und ihn Grundstück für Grundstück mit dem Bebauungsplan verglichen hätten. Eine solche Vorsichtsmaßnahme hieße aber, die Sorgfaltspflichten der Gemeindeorgane zu überspannen, handle es sich doch bei der hier unterlaufenen Abweichung um einen äußerst seltenen und unwahrscheinlichen Fehler, mit dem nicht gerechnet werden habe können. Aus dem selben Grund treffe auch den Bürgermeister der Beklagten kein Verschulden daran, dass er im Zuge der Gespräche mit dem Geschäftsführer der Klägerin über die allfällige Verlängerung einer Zufahrtsstraße nicht auf die Grünlandwidmung der Liegenschaft hingewiesen hat. In diesem Zusammenhang scheitere eine Haftung schon daran, dass der Bürgermeister gar nicht im Sinne des NÖ AuskG 2006 um eine Auskunft über die Bebaubarkeit ersucht worden sei. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer wesentlichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhänge.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehlt, welche Prüfungs‑ und Kontrollmaßnahmen den Gemeindeorganen obliegen, wenn ein Bauinteressent Auskunft über die zulässige Bebauung eines Grundstücks begehrt. Sie ist im Sinne ihres (hilfsweise gestellten) Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Soweit sich die Revisionswerberin mit der Erstellung des „digitalisierten“ Flächenwidmungsplans durch den Nebenintervenienten und die Zurechnung dessen auftragswidrigen Verhaltens an die Beklagte beschäftigt, erübrigt sich schon deshalb eine nähere Auseinandersetzung, weil sie nicht einmal aufzuzeigen vermag, inwiefern der unterlaufene Übertragungsfehler eine Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin begründen könnte, wenn er von Gemeindeorganen unmittelbar begangen worden wäre. Im Verfahren steht außer Zweifel, dass eine ‑ wenn auch unbewusste ‑ Umwidmung des fraglichen Grundstücks erfolgte. Sollte diese gesetzwidrig gewesen sein, wäre davon lediglich der (damalige) Grundeigentümer betroffen gewesen, nicht aber die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt auch noch gar nicht in rechtlicher Beziehung zum Grundeigentümer bzw zum Grundstück stand. Sie hatte als Bauinteressent bzw ‑werber die zum Zeitpunkt ihrer Aktivitäten geltende Flächenwidmung als gegeben hinzunehmen. Dies entspricht im Übrigen auch ‑ entgegen der Auffassung der Revisionsgegner ‑ ihrem Prozessstandpunkt, in dessen Rahmen sie argumentiert, sie hätte vom Bauvorhaben Abstand genommen, wenn ihr die einer Bebauung entgegenstehende Widmung bekannt gewesen wäre.

Damit erweist sich die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts als zutreffend, dass als Rechtsgrundlage für die Ersatzansprüche der Klägerin ausschließlich ein Verstoß gegen das NÖ AuskG in Betracht kommt. Einen solchen ziehen auch die Revisionsgegner nicht in Zweifel, schließen sich allerdings der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts an, dass die Gemeindeorgane an der Erteilung einer unrichtigen bzw unvollständigen Auskunft kein Verschulden treffe. Dem vermag der erkennende Senat nur eingeschränkt zu folgen.

Schon die Vorinstanzen haben zutreffend dargelegt, dass Behördenauskünfte nach ständiger Rechtsprechung den Dispositionsschutz des Auskunftswerbers bezwecken; solche Auskünfte sollen wirtschaftliche Dispositionen erleichtern oder überhaupt erst sinnvoll ermöglichen, was regelmäßig der Sache nach richtige Informationen voraussetzt (vgl nur RIS‑Justiz RS0113363; RS0113365). Bei einer falschen oder unzureichenden Behördenauskunft, wenn sie auch nur zu einem bloßen Vermögensschaden führt, ist Ersatz nach dem AHG zu leisten. Zu folgen ist ebenso der Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Geschäftsführer der Klägerin am Gemeindeamt der Beklagten Einsicht in den geltenden Bebauungsplan genommen hat, weil er wissen wollte, ob und inwieweit eine Bebauung des Grundstücks möglich ist (und insoweit also ein Auskunftsbegehren gestellt hat). Die Ausfolgung einer Kopie des Bebauungsplans stellt zweifellos eine Auskunft nach dem NÖ AuskG dar, weil es keinen Unterschied machen kann, ob die gewünschte Auskunft mündlich, schriftlich oder auf andere Weise erteilt wird, und § 4 Abs 2 NÖ AuskG sogar ausdrücklich die Erteilung von Auskünften durch Übergabe von Kopien, Ausdrucken oder anderen Vervielfältigungen vorsieht. Die damit erteilte Auskunft, es liege eine Widmung als „Bauland‑Wohngebiet“ vor, war zweifellos falsch und für die Dispositionen der Klägerin ursächlich. Die (gebotene) richtige und vollständige Auskunft (vgl 1 Ob 154/08s) hätte gelautet, dass die im Bebauungsplan ersichtliche Widmung mit dem Flächenwidmungsplan nicht (mehr) übereinstimmt und dieser eine Widmung als „Grünland“ enthält. Entgegen der Auffassung der Revisionsgegner besteht keine Veranlassung, den durch das Gesetz beabsichtigten Dispositionsschutz des Auskunftswerbers auf den Grundeigentümer zu beschränken, ist doch eine richtige Antwort auf die Frage nach der Bebaubarkeit für jeden von wirtschaftlicher Bedeutung, der ein bestimmtes Bauprojekt auf der betreffenden Liegenschaft ‑ oder etwa auch deren Erwerb ‑ plant.

Der Revisionswerber bekämpft nun die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, das ein Verschulden der Gemeindeorgane an der unrichtigen Auskunft unter Hinweis darauf verneint hat, dass es sich bei ihnen in der Regel nicht um „hochqualifizierte Techniker oder Juristen handeln wird“ und sie den Fehler nur hätten bemerken können, wenn sie vor Erteilung der Auskunft in den Flächenwidmungsplan Einsicht genommen und ihn „Grundstück für Grundstück“ mit dem Bebauungsplan verglichen hätten; eine solche Vorsichtsmaßnahme würde die Sorgfaltspflichten der Gemeindeorgane überspannen, müsse doch mit einer Abweichung nicht gerechnet werden.

Davon, dass die Gemeindeorgane den Flächenwidmungsplan „Grundstück für Grundstück“ mit dem Bebauungsplan vergleichen müssten, kann allerdings nicht wirklich die Rede sein, da sich der Vergleich ausschließlich auf jenes Grundstück zu beziehen hat, über das der Auskunftswerber eine Information verlangt. Im Ergebnis tritt der erkennende Senat aber der Beurteilung des Berufungsgerichts bei, dass die ursprüngliche Fehlauskunft den Gemeindeorganen nicht als „schuldhaft“ gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 AHG also im Sinne einer objektiven Sorgfaltswidrigkeit vorgeworfen werden kann, war doch unter den gegebenen Umständen mit einer Abweichung des Bebauungsplans vom (ursprünglich übereinstimmenden) Flächenwidmungsplan nicht zu rechnen.

Das Berufungsgericht hat aber übersehen, dass § 20 NÖ BauO 1996 bei einem Antrag auf Baubewilligung, was die Klägerin schon in erster Instanz vorgebracht hatte, ausdrücklich eine Überprüfung durch die Baubehörde forderte, bei der unter anderem zwingend die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstücks (Abs 1 Z 1) sowie zusätzlich der Bebauungsplan (Z 2) zu prüfen waren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte den Organen der Beklagten die Diskrepanz zwischen diesen beiden Plänen auffallen müssen und sie wären gehalten gewesen, die ursprüngliche Auskunft richtigzustellen. Durch den Antrag auf Baubewilligung musste den Organen der Beklagten klar sein, dass die Klägerin ihr nach § 3 NÖ AuskG in jeder Form mögliches Verlangen um Auskunft aufrecht erhielt bzw damit neu stellte. Angesichts der eindeutigen Anordnung im Gesetz stellt sich hier auch nicht die Frage, ob es im Einzelfall an einem Verschulden des Organs ‑ im Sinne einer objektiven Sorgfaltswidrigkeit ‑ fehlen kann, wenn es sich mit der Einsicht in den Bebauungsplan begnügt. Daran, dass die genannte Bestimmung den Zweck verfolgt, vor Erteilung der Baubewilligung abschließend und genau festzustellen, ob das beantragte Bauvorhaben durchgeführt werden kann, wovon schließlich auch die weiteren wirtschaftlichen Dispositionen des Bauwerbers abhängen, kann kein Zweifel bestehen. Die Beklagte hat daher ihre Verpflichtung, die Klägerin vom Fehlen einer Baulandwidmung zu informieren (und die Baubewilligung zu versagen) schuldhaft verletzt und für die dadurch verursachten nachteiligen Folgen, und zwar auch für reine Vermögensschäden (vgl etwa RIS‑Justiz RS0023011 [T2]), einzustehen.

Einen Mitverschuldensvorwurf erheben die Beklagte und der Nebenintervenient zu Unrecht. Grundsätzlich kann sich jeder Auskunftswerber, sofern eine Fehlauskunft nicht aus besonderen Gründen naheliegt, auf die Richtigkeit der ihm von der Behörde erteilten Information verlassen. Gerade unter diesem Aspekt erscheint die Argumentation der Revisionsgegnerin, es sei zwar ihren Organen kein Verschulden anzulasten, sich (trotz eindeutiger gesetzlicher Anordnung) mit dem einschlägigen Flächenwidmungsplan nicht auseinandergesetzt zu haben, wogegen jedoch die Klägerin ein grobes Verschulden treffe, weil sie sich auf die unrichtige Auskunft verlassen hat, unangemessen. Dass die Klägerin Anlass dazu gehabt hätte, der erhaltenen Auskunft zu misstrauen, wird im Übrigen gar nicht behauptet.

Was schließlich den Einwand betrifft, die Klägerin hätte das Projekt noch dadurch „retten“ können, dass sie „eine Wiederherstellung der Baulandwidmung durch Plankorrektur“ angestrebt hätte, ist auf die erstgerichtliche Feststellung zu verweisen, nach der die Aufsichtsbehörde der Beklagten eine solche Vorgangsweise wegen fehlender Baulandeignung untersagte; eine solche könne allenfalls im Wege eines „Bodentausches“ erreicht werden. In der Folge hat der Gemeindevorstand der Beklagten die Baubewilligung unter Hinweis auf die fehlende Baulandwidmung aufgehoben. Warum es unter diesen Umständen der Klägerin als Verschulden anzulasten sein sollte, ihr Bauprojekt nicht weiter verfolgt und ein für aussichtslos erachtetes Rechtsmittel gegen diesen Bescheid unterlassen zu haben, vermögen die Revisionsgegner nicht zu erklären. Sie deuten auch nicht einmal an, dass es für die Klägerin wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre, die Kosten für den angesprochenen „Bodentausch“ aufzuwenden, um die Voraussetzungen für eine mögliche Umwidmung zu schaffen. Im Übrigen stützt die Klägerin ihren Ersatzanspruch darauf, dass sie von dem Projekt überhaupt Abstand genommen hätte, wenn ihr die richtige Auskunft über die Widmung als Grünland erteilt worden wäre. Dass sie im Falle einer richtigen Auskunft Nachforschungen über die Bodenqualität bzw die Möglichkeit der Schaffung besonderer Voraussetzungen für eine Umwidmung angestellt hätte, haben die Beklagte und der Nebenintervenient im Verfahren erster Instanz niemals behauptet. Wie die Klägerin bei hypothetischem Kausalverlauf vermögensmäßig stünde, wenn ihr aufgrund ihres Antrags auf Baubewilligung umgehend die richtige Auskunft erteilt ‑ bzw die Baubewilligung unter Hinweis auf die entgegenstehende Widmung versagt ‑ worden wäre, wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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