OGH 8Ob22/16t

OGH8Ob22/16t29.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Insolvenzsache des Schuldners S***** S*****, vertreten durch Dr. Christoph Weinberger, Rechtsanwalt in Salzburg, über den Revisionsrekurs des Schuldners gegen Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 17. Dezember 2015, GZ 53 R 309/15w‑215, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00022.16T.0329.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO iVm § 252 IO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Schuldners richtet sich gegen den Beschluss des Rekursgerichts, mit dem es den Rekurs des Schuldners als verspätet zurückgewiesen hat.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 273 Abs 8 IO sind auf den Anlassfall die verfahrensrechtlichen Vorschriften insbesondere der §§ 252 bis 263 IO idF des IRÄG 2010 anzuwenden.

Nach § 257 Abs 2 IO treten, wenn neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben ist, die Folgen der Zustellung schon durch die öffentliche Bekanntmachung ein, auch wenn die besondere Zustellung unterblieben ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung wird daher die Rechtsmittelfrist bereits mit der öffentlichen Bekanntmachung durch Aufnahme in die Insolvenzdatei in Lauf gesetzt, und zwar unabhängig davon, ob eine individuelle Zustellung erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0065237; RS0110969). Die im Revisionsrekurs vertretene Auffassung, die gesetzliche Formulierung könnte diametral gegen ihren klaren Wortsinn dahin auszulegen sein, dass die Wirkungen der Bekanntmachung doch nicht eintreten, wenn eine besondere Zustellung erfolgt, ist nicht nachvollziehbar.

Für den hier zu beurteilenden Fall einer vorzeitigen Einstellung des Abschöpfungsverfahrens wegen Obliegenheitsverletzung ordnet § 211 Abs 4 IO die öffentliche Bekanntmachung des darüber ergehenden Beschlusses an. Die Voraussetzungen für den Eintritt der Zustellwirkung nach § 257 Abs 2 IO wurden vom Rekursgericht daher ohne Rechtsirrtum bejaht.

Bei Zustellung des Einstellungsbeschlusses (dessen Rechtsmittelbelehrung eigens auf die Zustellwirkung der öffentlichen Bekanntmachung hinweist) an den anwaltlichen Vertreter des Schuldners waren noch zehn Tage der Rechtsmittelfrist offen.

Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass gegen die Zustellungswirkungen nach § 257 Abs 2 IO keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (ua 8 Ob 231/98y; 8 Ob 121/13x mwN; zuletzt 8 Ob 87/15z). Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung bewusst in Kauf genommen, dass die zur Ausführung eines Rechtsmittels zur Verfügung stehende Zeit in der Praxis kürzer als 14 Tage sein kann, weil die Begründung des Beschlusses nicht öffentlich bekanntgemacht wird (8 Ob 121/13x). Der Anregung auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens war daher nicht näher zu treten.

Mangels Darlegung einer über den Anlassfall hinaus erheblichen Rechtsfrage war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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