OGH 13Os4/16m

OGH13Os4/16m9.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schönmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Mergim H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Meriton P***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 28. August 2015, GZ 28 Hv 61/15m‑124, sowie die Beschwerde des Genannten gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00004.16M.0309.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Meriton P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ‑ soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz ‑ Meriton P***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 „erster“, dritter und vierter Fall, 15 StGB (B, D, F) schuldig erkannt.

Danach hat er in Innsbruck und an anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen und von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannten durch Aufbrechen und Aufzwängen von Türen und Fenstern fremde bewegliche Sachen weggenommen (B, D/1, F) und wegzunehmen versucht (D/2), und zwar im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit

B) Mergim H*****

1) am 29. Jänner 2015

a) dem Rolf S***** Bargeld im Betrag von 200 Euro,

b) der Nikoletta Z***** diverse Gegenstände im Gesamtwert von etwa 19.600 Euro;

2) am 14. oder am 15. März 2015 dem Andreas Sa***** diversen Schmuck im Gesamtwert von etwa 1.800 Euro;

D) Lulzim H*****

1) am 12. Februar 2015 dem Markus G***** Bargeld und Schmuck,

2) am 12. März 2015 dem Josef A***** eine Taschenlampe, 20 US-Dollar sowie Bargeld in dominikanischer Währung;

F) Mergim H***** und Lulzim H***** am 11. März 2015

der Anita M***** Schmuck und Münzen im Wert von 4.300 Euro sowie Bargeld im Betrag von 1.300 Euro und

der Elisabeth Hö***** Schmuck in Wert von 330 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Meriton P*****, der keine Berechtigung zukommt.

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS‑Justiz RS0118316).

Einen solchen Begründungsfehler zeigt die Mängelrüge nicht auf.

Dem gegen den Schuldspruch D/1 gerichteten Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurde die vor den Beamten der Landespolizeidirektion Tirol abgelegte Aussage des Zeugen G***** vom Erstgericht sehr wohl erwogen, für glaubwürdig befunden und den Feststellungen zu Grunde gelegt (US 25). Der aus der Aussage gezogene Schluss der Tatrichter kann unter dem Aspekt der Unvollständigkeit nicht bekämpft werden, vielmehr kritisiert der Beschwerdeführer (unzulässig) die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Mit dem Hinweis, wonach dem Zeugen im Rahmen der von der Landespolizeidirektion durchgeführten Wahllichtbildvorlage kein Lichtbild des Mitangeklagten Mergim H***** vorgelegt worden sei, und dem Einwand, wonach der Beschwerdeführer dem Genannten nur am ehesten bekannt vorgekommen sei, zeigt die Rüge (Z 5 zweiter Fall) einen Nichtigkeit begründenden Fehler ebenso wenig auf.

Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt. Ein solcher Begründungsfehler wird von der Mängelrüge, die auf Unsicherheiten des Zeugen G***** bei der Identifizierung verweist, nicht dargetan.

Im Übrigen ist der nicht nur aus den Angaben des Zeugen, sondern auch aus einem DNA‑Treffer und dem Ergebnis einer Rufdatenrückerfassung abgeleitete Schluss der Tatrichter unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

In Bezug auf den Schuldspruch B und F moniert die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall), dass sich das Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nicht mit den Meriton P***** entlastenden Angaben der Mitangeklagten auseinandergesetzt habe, wonach das am Tatort eingeloggte und zur Begründung der Feststellungen herangezogene Mobiltelefon nicht von diesem, sondern von Mergim H***** (als Zweithandy) mitgeführt und im Fahrzeug belassen wurde. Dies aber zu Unrecht, weil die Tatrichter die den Beschwerdeführer entlastenden Angaben durchwegs als unglaubwürdig verwarfen (US 26, 27 f). Dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe zufolge war das Erstgericht ‑ dem Beschwerdevorbringen zuwider ‑ deshalb auch nicht gehalten, sich mit jedem Aussagedetail der ‑ den Denkgesetzen nicht widersprechend (US 21, 26 f, 27) ‑ im entlastenden Umfang für unglaubwürdig befundenen Aussagen auseinander zu setzen (RIS‑Justiz RS0106642).

Soweit die (zudem unzulässig nach Art einer Schuldberufung argumentierende) Mängelrüge offenbar unzureichende Begründung (nominell Z 5 zweiter Fall, der Sache nach Z 5 vierter Fall) einwendet, sich aber nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 25 ff) orientiert, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt (

RIS-Justiz RS0119370).

Wie die Tatrichter zu den dem Schuldspruch D/2 zugrunde liegenden Feststellungen gelangten, blieb im Urteil keineswegs unbegründet (Z 5 vierter Fall). Entgegen der Mängelrüge ist der unter Einbeziehung der Verantwortung des Angeklagten aus dem Besitz von Bargeld in genau solcher Fremdwährung (US 22), wie sie beim Einbruch gestohlen worden war, gezogene Schluss der Tatrichter auf die Tatbegehung durch den Beschwerdeführer mit Blick auf die gleichartigen, beim Einbruch gestohlenen Wertgegenstände einwandfrei.

Dass in der Wohnung des Mitangeklagten Mergim H*****, aus der Meriton P***** im Zug der Hausdurchsuchung flüchtete (US 19), weitere 52 US-Dollar sichergestellt werden konnten, steht den Feststellungen zur Täterschaft des Beschwerdeführers nicht erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegen.

Hinzugefügt sei, dass das im Urteil alternativ festgestellte Fungieren des Beschwerdeführers als Aufpasser (US 17) zwar nicht die Annahme von Mittäterschaft, aber zumindest die der rechtlich gleichwertigen Beitragstäterschaft trägt (vgl RIS-Justiz RS0117604).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO ist anzumerken, dass der in der Annahme der Qualifikation (auch) nach § 130 erster Fall StGB gelegene Subsumtionsfehler per se keinen Nachteil für die Angeklagten darstellt (RIS‑Justiz RS0113957; Ratz , WK‑StPO § 290 Rz 22 ff). Weder wirkte er sich angesichts der weiteren Qualifikationen auf die jeweilige Strafdrohung aus noch wurde die mehrfache Qualifikation als erschwerend gewertet, sodass auch keine Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 StPO vorliegt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO), wobei dieses an den mit dem aufgezeigten Rechtsfehler hinsichtlich der Qualifikationsnorm des § 130 StGB behafteten Ausspruch des Erstgerichts nicht gebunden ist (13 Os 7/04, SSt 2004/24; RIS‑Justiz RS0118870).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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