European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00096.15Y.0226.000
Spruch:
Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Gegenstand des Verfahrens ist das Begehren auf Feststellung, dass das Dienstverhältnis des Klägers zur beklagten Stadtgemeinde, das dem Kärntner Gemeinde‑Vertragsbedienstetengesetz (K‑GVBG) unterlag, ungeachtet der ausgesprochenen Entlassung über den 25. 4. 2014 hinaus aufrecht sei. Dieses Klagebegehren blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos.
Rechtliche Beurteilung
In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Zurückweisung des Rechtsmittels kann sich daher auf die Zusammenfassung der Gründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
1. Gemäß § 2 Abs 1 K‑GVBG entscheidet in allen Angelegenheiten des Dienst‑ und Besoldungsrechts der Vertragsbediensteten der Bürgermeister, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist. Der Revision ist beizupflichten, dass sich eine solche andere Bestimmung in § 68 K‑GVBG findet, der die Entscheidung über die ordentliche Kündigung eines Vertragsbediensteten in die Kompetenz des Gemeinderats verweist. Für den hier zu beurteilenden Fall der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund gemäß § 72 K‑GVBG hat der Landesgesetzgeber aber keine von § 2 Abs 1 K‑GVBG abweichende, die Entscheidungsbefugnis des Bürgermeisters beschränkende Regelung getroffen, sodass die Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum von der Entscheidung durch das befugte Organ ausgegangen sind.
Aus diesem Grund kommt auch der behaupteten Verletzung der Bestimmungen über die Einberufung des Gemeinderats nach § 35 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung keine Entscheidungsrelevanz zu.
Der Verweis des Revisionswerbers auf § 32 VBG ist nicht zielführend, weil dieses Bundesgesetz auf sein Dienstverhältnis nicht anwendbar war.
2. Das Berufungsgericht war entgegen den Revisionsausführungen nicht verpflichtet, sich mit seinem Einwand einer Verspätung der Entlassung näher auseinanderzusetzen.
Maßgeblicher Anlass für die Beendigung des klägerischen Dienstverhältnisses war die mit seinem E‑Mail vom 24. 4. 2014 gegenüber seinem Vorgesetzten verwirklichte grobe Ehrverletzung; auf diesen Entlassungsgrund hätte die Beklagte unverzüglicher als mit dem noch am selben Tag verfassten Entlassungsschreiben gar nicht reagieren können.
Der in erster Instanz erhobene Verspätungseinwand des Klägers bezog sich dementsprechend auch nicht auf den am 24. 4. 2014 verwirklichten Entlassungsgrund, sondern auf jene früheren Vorfälle, denen im Rahmen einer Würdigung des Gesamtverhaltens des Klägers zwar Bedeutung zukommt, deren zeitliche Einordnung aber für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Entlassungsausspruchs keine Rolle spielt.
Jedenfalls kann ein Dienstgeber im Verfahren über die Berechtigung der vorzeitigen Beendigung auch noch Entlassungsgründe geltend machen („nachschieben“), die ihm erst später bekannt geworden sind, wenn sie beim Ausspruch der Entlassung bereits verwirklicht waren (RIS‑Justiz RS0029131 [insb T10]; RS0029489; RS0029139; Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer AngG § 25 Rz 15 ua).
3. Gemäß § 72 Abs 2 lit b K‑GVBG liegt ein wichtiger Grund für die vorzeitige Auflösung des Vertragsbedienstetenverhältnisses vor, wenn der Vertragsbedienstete sich einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflichten oder einer Handlung oder Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt, insbesondere wenn er sich Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte oder Mitbedienstete zuschulden kommen lässt.
Die Beurteilung, ob eine Äußerung als erhebliche Ehrverletzung zu qualifizieren ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt darauf an, ob die Äußerung objektiv geeignet ist, ehrverletzend zu wirken und in concreto auch diese Wirkung gehabt hat.
Darin, dass die Vorinstanzen die Äußerungen des Klägers gegenüber seinem Vorgesetzten (diesem sei „anscheinend die Ernennung zum Amtsleiter bereits in jungen Jahren etwas zu Kopf gestiegen“) sowie einer Gemeindebediensteten (sie solle „die Pappn halten“, sie sei ein „Nichts“, er werde ihr „einen Fußspitz anreiben“) als erhebliche Ehrverletzungen beurteilt haben, liegt jedenfalls kein gemäß § 502 Abs 1 ZPO aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit aufzugreifender grober Rechtsirrtum.
4. Es ist für die Entscheidung auch nicht erheblich, ob das zuständige Personalvertretungsorgan nach dem Kärntner Gemeinde‑Personalvertretungsgesetz zeitgerecht vor der Entlassung des Klägers eingebunden wurde; auch eine nicht rechtzeitige Verständigung hätte nicht die Unwirksamkeit der Auflösungserklärung zur Folge (RIS‑Justiz RS0059389 = 9 ObA 90/87).
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