OGH 11Os162/15f

OGH11Os162/15f16.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Margreiter, LL.B., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter N***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 23. September 2015, GZ 17 Hv 82/15g‑34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110OS00162.15F.0216.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter N***** mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I.), mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II.) und mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (III.) schuldig erkannt.

Danach hat er ab einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2007 bis zumindest Anfang des Jahres 2015 in K***** und an anderen Orten Österreichs

I. an der am 21. Juli 2001 geborenen Lara W***** und an der am 20. Februar 2004 geborenen Leonie H*****, sohin an unmündigen Personen, in zahlreichen Angriffen durch Betasten ihrer unbekleideten Scheiden und Einführen von zumindest zwei Fingern in ihre Scheiden dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen;

II. außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an der am 21. Juli 2001 geborenen Lara W*****, sohin an einer unmündigen Person, vorgenommen und eine geschlechtliche Handlung von ihr an sich vornehmen lassen, indem er (US 4: bei einem gesonderten Angriff im Jahr 2013) ihre Brust betastete und (US 4 f: bei einem gesonderten Angriff im Jahr 2008) ihre Hand auf seinen unbekleideten, nicht erigierten Penis legte;

III. mit der am 21. Juli 2001 geborenen Lara W***** und der am 20. Februar 2004 geborenen Leonie H*****, die „zumindest teilweise seiner Aufsicht unterstanden“, unter Ausnützung dieser Stellung gegenüber diesen minderjährigen Personen, die unter Punkt I. und II. geschilderten geschlechtlichen Handlungen vorgenommen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben die Tatrichter die Aussage des Zeugen Maximilian H***** (des am 14. April 2006 geborenen Bruders der Leonie H***** und Halbbruders der Lara W*****), er habe keine sexuellen Übergriffe seitens des Angeklagten an seinen Schwestern wahrgenommen (ON 24 iVm ON 33 AS 4 f), keineswegs unberücksichtigt gelassen (RIS‑Justiz RS0118316), dieser jedoch im Hinblick auf die Schilderungen der Opfer, der Angeklagte habe die Tathandlungen in Anwesenheit anderer Personen bloß in unbeobachteten Momenten, zumeist im Wohnzimmer bei laufendem Fernseher und zum Teil unter einer Decke verübt, keine entlastende Wirkung beigemessen (US 7 f).

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) im Zusammenhang mit dem zu I. ergangenen Schuldspruch wegen zahlreicher gleichartiger, bloß pauschal individualisierter (vgl RIS-Justiz RS0116736) Übergriffe (US 2) beanstandet, das Betasten der (entblößten) Scheide der Mädchen sei nicht tatbildlich im Sinn des § 206 StGB, legt sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, weshalb von einem einheitlichen Vorsatz getragene Angriffe (vgl RIS-Justiz RS0122006), die hinsichtlich einzelner Handlungselemente auch das Tatbild des § 206 StGB (Einführen von Fingern in die Scheide) erfüllen (US 4), jeweils zur Gänze (also pro Handlungseinheit) bloß § 207 StGB unterstellt werden sollten (vgl RIS-Justiz RS0120233 [T3, T9]; RS0117038). Sollte das Rechtsmittel damit der Sache nach die Annahme weiterer, über den Schuldspruch I. und II. hinausgehender Verbrechen (nach § 207 Abs 1 StGB) einzufordern trachten, ist es jedenfalls nicht zu Gunsten des Angeklagten ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte