OGH 12Os148/15d

OGH12Os148/15d28.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josip B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Josip B***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 5. August 2015, GZ 15 Hv 62/15a‑166, sowie über die Beschwerde des Josip B***** gegen einen gleichzeitig gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht und bedingter Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00148.15D.0128.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Josip B***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen ‑ auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthaltenden ‑ Urteil wurde Josip B***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./A./ und B./) und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 (ersichtlich gemeint nur:) zweiter Fall, Abs 2 SMG (I./C./) schuldig erkannt.

Danach hat er in K***** und an anderen Orten

I./ vorschriftswidrig eine das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigende Menge Suchtgift anderen überlassen, und zwar

A./ am 4. März 2015 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Aliriza A***** und Goran T***** Heroin mit einer Reinsubstanz von mindestens 149,90 Gramm Heroinbase durch Verkauf an einen verdeckten Ermittler der Sicherheitsbehörden;

B./ von (zumindest) August 2014 bis Anfang März 2015 Heroin mit einer Reinsubstanz von insgesamt mindestens 81,01 Gramm Heroinbase durch „regelmäßige Weitergaben/gewinnbringende Verkäufe“ an im Urteil genannte Abnehmer;

C./ am 4. März 2015 insgesamt ca 57 Gramm Cannabiskraut (Wirkstoff: Delta‑9‑THC) bis zur Sicherstellung besessen, wobei er diese Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und Z 9 lit b des § 281 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Zu I./A./ des Schuldspruchs behauptet die Mängelrüge (Z 5 dritter Fall), die Urteilsbegründung wäre in sich widersprüchlich, weil das Erstgericht einerseits konstatiert habe, dass die Angeklagten Josip B***** und Aliriza A***** dem verdeckten Vermittler mitgeteilt hätten, dass „sie keine kleinen Geschäfte machen wollen und sie sowieso nur Heroingeschäfte ab 100 Gramm abwickeln ... und am liebsten ein Kilogramm Heroin verkaufen würden“, andererseits jedoch im Rahmen der Strafzumessung festgehalten hätte, dass eine „Mengenanimation“ durch den verdeckten Ermittler nicht ausgeschlossen werden könne. Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, inwiefern diese beiden Aussagen miteinander in Widerspruch stehen sollten (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 436 ff), bezieht sich das Vorbringen auf keinen entscheidenden Umstand (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 399). § 28a Abs 4 Z 3 SMG stellt nämlich eine besondere Art von Zusammenrechnungs-grundsatz ‑ vergleichbar mit dem für wert‑ und schadensqualifizierte Delikte geltenden § 29 StGB ‑ dar, sodass gleichartige strafbare Handlungen nach § 28a Abs 1 SMG derart qualifiziert (ohnedies) stets nur ein einziges Verbrechen nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG begründen. Somit ist entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers für die Subsumtionseinheit des § 28a Abs 4 Z 3 SMG nicht erforderlich, dass schon jede einzelne von ihr erfasste Tat eine das 25‑fache der Grenzmenge übersteigende Suchtgiftquantität betrifft (RIS‑Justiz RS0117464 [T16]).

Zu I./B./ des Schuldspruchs führt der Angeklagte betreffend die Menge des überlassenen Heroins an, das Erstgericht hätte nicht festgestellt, ob er außer der bei Wolfgang P***** gelagerten Menge an Heroin noch weitere Heroinlieferungen bekommen hätte und bezeichnet die Urteilsbegründung als unvollständig (Z 5 zweiter Fall). Er zeigt damit jedoch nicht auf, dass das Schöffengericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt gelassen hätte ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 421) und bringt somit den angesprochenen Nichtigkeitsgrund nicht zur Darstellung.

Der vom Nichtigkeitswerber angesprochene „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) kann niemals Gegenstand des formellen Nichtigkeitsgrundes der Z 5 sein (RIS‑Justiz RS0102162).

Soweit die Beschwerde zu I./A./ darauf hinweist, dass nach den Feststellungen der Tatrichter eine Provokation durch den verdeckten Ermittler hinsichtlich der Menge an Suchtgift nicht ausgeschlossen werden kann, und unter Hinweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR 23. 10. 2014, 54648/09,

Furcht/Deutschland) vermeint, dies hätte einen Strafaufhebungsgrund (Z 9 lit b) zur Folge, kann auf die Ausführungen zur Mängelrüge verwiesen werden. Inwiefern nämlich lediglich eine Reduktion der dem verdeckten Ermittler zu I./A./ übergebenen Menge einen Freispruch zur Folge haben könnte, legt der Angeklagte nicht dar (vgl neuerlich RIS‑Justiz RS0117464 [T16]). Ebenso wenig kann dadurch ‑ entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers -Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO begründet werden, weil unabhängig davon bereits zu I./B./ des Schuldspruchs insgesamt von einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge an Heroin in Reinsubstanz auszugehen ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der (implizit ergriffenen) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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