OGH 5Ob146/15d

OGH5Ob146/15d21.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin P*****, registrirana zadruga z omejenim jamstvom (K*****, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung), *****, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Škof, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Einverleibung eines Bestandrechts ob EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin und der Einschreiterin S*****, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria

Škof, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 3. Juni 2015, AZ 2 R 150/15h, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Völkermarkt vom 22. April 2015, TZ 565/2015, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00146.15D.1221.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Die Antragstellerin begehrte beim Bezirksgericht Völkermarkt ob der in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaft EZ ***** KG ***** die Einverleibung eines Bestandrechts zugunsten der Einschreiterin. Der Antrag wurde in deutscher Sprache eingebracht, der unter einem als Urkunde vorgelegte Mietvertrag vom 3. 3. 2015 ist ‑ mit Ausnahme der Aufsandungserklärung ‑ in slowenischer Sprache verfasst.

Das Erstgericht trug der Antragstellerin zunächst iSd § 82a GBG die Beseitigung von Formgebrechen durch Vorlage einer Übersetzung der Urkunde auf. Diesem Auftrag kam die Antragstellerin nicht nach. Sie begründete dies damit, dass mit der Einverleibungsbewilligung die maßgebliche Bestimmung des Mietvertrags ohnedies auch in deutscher Sprache verfasst sei. Außerdem sei im Gerichtsbezirk Völkermarkt die slowenische Sprache als zusätzliche Amtssprache zuzulassen. Das Erstgericht wies den Antrag auf Einverleibung des Bestandrechts daraufhin ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin und der Einschreiterin nicht Folge. Die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs 2 VoGrG, wonach das Gericht die Übersetzung von in der Sprache der Volksgruppe abgefassten Urkunden selbst zu veranlassen habe, beziehe sich ausschließlich auf Gerichte, bei denen Slowenisch als zusätzliche Amtssprache zum Deutschen zugelassen sei. Dies treffe für das Erstgericht im Hinblick auf die einschlägigen Bestimmungen des Volksgruppengesetzes aber nicht zu. Die im Rekurs aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken teile das Rekursgericht nicht. Demnach müsse die Urkunde gemäß § 89 GBG in deutscher Sprache verfasst sein; anderenfalls sei eine beglaubigte Übersetzung anzuschließen. Das Begehren des Antragstellers müsse durch den (gesamten) Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheinen und die Grundbuchsurkunde sei in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Lediglich die Aufsandungserklärung einer Urkunde in der Amtssprache abgefasst vorzulegen, werde daher dem gesetzlichen Auftrag, die Urkunden einer genauen Prüfung zu unterziehen, nicht gerecht.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe sich mit den aufgeworfenen Rechtsfragen (im Gegensatz zur Amtssprache vor dem Bezirksgericht Villach) bislang nicht befasst.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin und der Einschreiterin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem Erstgericht die Durchführung der beantragten Grundbuchshandlung auch bereits aufgrund der Vorlage allein der slowenischen Vertragsurkunde mit Aufsandungserklärung in deutscher Sprache aufzutragen.

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.

1 Voraussetzung für die Verbücherung eines Bestandrechts ist nicht nur die Zustimmung (also die Aufsandungserklärung) des Bestandgebers und Eigentümers

, sondern auch, dass in der (die Eintragungsgrundlage bildenden) Vertragsurkunde die wesentlichen Vertragspunkte festgelegt sind. In dieser muss die Höhe des Bestandzinses angegeben und der Bestandgegenstand deutlich bezeichnet sein (Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht § 19 GBG Rz 12, 14, 17;

Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht² § 9 Rz 49). Aus dem Verbot der Einverleibung von Bestandverträgen auf unbestimmte Zeit folgt zudem, dass sich aus der Vertragsurkunde auch die vereinbarte Bestanddauer oder die entsprechenden Modifikationen des ordentlichen Kündigungsrechts (vgl RIS-Justiz RS0108658 [T1, T2]) ergeben müssen (Rassi aaO § 19 GBG Rz 21).

1.2 Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen (§ 94 Abs 1 GBG). Es darf eine grundbücherliche Eintragung (unter anderem) nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Ist zwar die in einem

(die Eintragungsgrundlage bildenden) Bestandvertrag aufgenommene Aufsandungserklärung in der Amtssprache (oder in einer Sprache, in der Eingaben beim Grundbuchgericht überreicht werden können) abgefasst, nicht jedoch dessen übrigen Bestimmungen, kommt daher § 89 Abs 1 GBG zum Tragen. Es muss eine vollen Glauben verdienende Übersetzung beigebracht werden.

2.1 Nach

§ 19 Abs 2 Volksgruppengesetz (VoGrG) hat das Gericht unverzüglich eine Übersetzung herzustellen oder herstellen zu lassen, wenn die Urkunde, aufgrund deren eine Eintragung erfolgen soll, in der Sprache der Volksgruppe abgefasst ist; § 89 GBG ist dann nicht anzuwenden. Diese Ausnahmebestimmung bezieht sich jedoch ‑ nach dem Zweck und der Systematik der Regelungen über die Amtssprache im Abschnitt V des Volksgruppengesetzes ‑ ausschließlich auf Gerichte, bei denen die Sprache der Volksgruppe gemäß § 13 Abs 1 VoGrG iVm Anlage 2 II. B. 1. als zusätzliche Amtssprache zugelassen ist. Nach § 13 Abs 3 VoGrG können zwar auch Organe anderer als der im Abs 1 bezeichneten Behörden und Dienststellen im mündlichen und schriftlichen Verkehr die kroatische, slowenische oder ungarische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache verwenden, wenn dies den Verkehr mit Personen erleichtert. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber durch die Formulierung einer Kann-Bestimmung dem Zweck dieser Regelung entsprechend den Behörden und Dienststellen bloß die freiwillige Verwendung einer dieser Volksgruppensprachen erlaubt, zielt diese Erlaubnis auf die schriftliche oder mündliche Kommunikation zwischen Behörde und Personen ab (RV 1220 BlgNR XXIV. GP 7 f). Auf die Sprachfassung einer Grundbuchsurkunde iSd §§ 26, 27 GBG bezieht sich diese Ermächtigung daher sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrem Zweck nach nicht.

2.2 Mit dem am 27. Juli 2011 in Kraft getretenen Bundesgesetz BGBl I 46/2011 wurde das Volksgruppengesetz geändert und (unter anderem) verfassungsgesetzlich festgelegt, vor welchen Behörden und Dienststellen die kroatische, slowenische oder ungarische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache verwendet werden kann. Die drei bis dahin geltenden Amtssprachenverordnungen (insbesondere auch die Verordnung der Bundesregierung über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird, BGBl Nr 307/1977 [AmtssprachenV]) wurden als Anlage 2 iVm der neuen Verfassungsbestimmung des § 13 Abs 1 in das Volksgruppengesetz integriert und als Verfassungsbestimmung beschlossen. Der Inhalt der geltenden Amtssprachenverordnungen wurde dabei weitestgehend übernommen und die Verwendung der drei zusätzlichen Amtssprachen möglichst gleich geregelt (RV 1220 der BlgNR XXIV. GP 7).

2.3 Gemäß der im Verfassungsrang stehenden Regelung des § 13 Abs 1 iVm Anlage 2 II. B. 1. VoGrG ist die Verwendung der slowenischen Sprache vor den Bezirksgerichten Ferlach, Eisenkappel und Bleiburg zulässig. § 13 Abs 1 iVm Anlage 2 VoGrG stellt dabei eine abschließende Regelung der Zulassung der kroatischen, slowenischen und ungarischen Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache vor den Bezirksgerichten dar. Demgemäß schließt sie die Zulassung der slowenischen zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache vor anderen Kärntner Bezirksgerichten als den Bezirksgerichten Ferlach, Eisenkappel und Bleiburg aus (vgl RIS‑Justiz RS0123805

[zu der gemäß § 24 Abs 6 Z 6 VoGrG am 27. Juli 2011 außer Kraft getretenen § 3 Abs 1 Z 1 der AmtssprachenV]).

2.4 Die Revisionsrekurswerber machen geltend, dass diese Regelung im Volksgruppengesetz mit den den Volksgruppen in Österreich nach Art 7 Z 3 Staatsvertrag von Wien, Art 8 Abs 2 B-VG und Art 14 EMRK zustehenden Rechten und Garantien nicht vereinbar sei. § 13 Abs 1 VoGrG und die Anlage 2 zum VolksgruppenG stehen allerdings im Verfassungsrang und sind daher ‑ ungeachtet der sich insbesondere aus dem Staatsvertrag von Wien ergebenden völkerrechtlichen Verpflichtungen ‑ nicht am Maßstab dieser Bestimmungen zu messen (vgl VfGH B 610/12 ua [zu Art 7 Staatsvertrag von Wien]). Die weiteren von den Revisionsrekurswerbern für ihren Standpunkt ins Treffen geführten Staatsverträge, die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (BGBl III Nr 216/2001) und das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten (

BGBl III Nr 120/1998), bilden schon deshalb keinen Maßstab für die Prüfung von Gesetzen wie dem Volksgruppengesetz, weil diese vom Nationalrat mit einem Erfüllungsvorbehalt genehmigt

wurden und daher nicht unmittelbar anwendbar sind (vgl VfGH G 125/93 ua).

3. Der Revisionsrekurs erweist sich damit als nicht berechtigt. Im Hinblick auf die ausdrückliche Weigerung der Antragstellerin, eine Übersetzung vorzulegen, bestand auch für ein Vorgehen nach § 89 Abs 2 GBG kein Raum.

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