OGH 3Ob219/15z

OGH3Ob219/15z16.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Christian Schubeck & Dr. Michael Schubeck, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die verpflichtete Partei Dr. K*****, vertreten durch Lirk Spielbüchler Hirtzberger Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen Exekution zur Erwirkung unvertretbarer Handlungen, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 23. September 2015, GZ 22 R 270/15g‑8, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hallein vom 19. August 2015, GZ 20 E 926/15f‑4, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00219.15Z.1216.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Verpflichtete hat sich in einem vor dem Erstgericht geschlossenen Vergleich dazu verpflichtet, den ursprünglichen Zustand der auf ihrer Liegenschaft zugunsten der Liegenschaft der Betreibenden einverleibten Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung „gemäß Punkt VIII. des Kaufvertrags vom 27. September 1962“ insofern wiederherzustellen, als damit die Wasserversorgung der Liegenschaft der Betreibenden gewährleistet ist.

Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden aufgrund dieses Vergleichs antragsgemäß die Exekution gemäß § 354 EO zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Gewährleistung der Wasserversorgung ihrer Liegenschaft.

Das Rekursgericht wies in Stattgebung des Rekurses der Verpflichteten den Exekutionsantrag ab. Der Exekutionstitel sei nicht ausreichend bestimmt iSd § 7 Abs 1 EO, weil ihm nicht zu entnehmen sei, wie der ursprüngliche Zustand der einverleibten Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung gewesen sei. Damit sei unklar, welche konkrete unvertretbare (ausschließlich von ihrem Willen abhängige) Handlung die Verpflichtete nach diesem Vergleich vornehmen müsse.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs über Antrag der Betreibenden nachträglich zu, weil deren Argument nicht von der Hand zu weisen sei, dass der Kaufvertrag vom 27. September 1962 schon wegen seiner Nennung im Vergleich Bestandteil des Exekutionstitels sei, sodass bei der Prüfung der Bestimmtheit des Vergleichs auch der darin nicht genannte Inhalt von Punkt VIII. des Kaufvertrags zu berücksichtigen sei.

Der Revisionsrekurs der Betreibenden ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 3 ZPO iVm § 78 EO) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Im Exekutionsverfahren ist der Rekurs ‑ von den hier nicht vorliegenden Fällen des § 65 Abs 3 Z 1 bis 3 EO abgesehen ‑ nach wie vor grundsätzlich einseitig (RIS‑Justiz RS0116198). Im Revisionsrekurs zeigt die Betreibende keine Umstände auf, die ausnahmsweise (iSd Entscheidung 3 Ob 162/03z, 3 Ob 163/03x = SZ 2004/26) eine Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens geboten erscheinen ließen. Das Rekursgericht war deshalb nicht gehalten, ihr zur Wahrung ihres rechtlichen Gehörs vor der Entscheidung über den Rekurs der Verpflichteten die Erstattung einer Rekursbeantwortung zu ermöglichen.

2. Auch die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor: Mit dem Rekursgrund der „Rechtswidrigkeit“ meinte die Verpflichtete unzweifelhaft jenen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Diese Fehlbezeichnung schadet gemäß § 84 Abs 2 ZPO ebenso wenig wie der verfehlte ‑ auf die „ersatzlose Behebung“ der Exekutionsbewilligung abzielende ‑ Rekursantrag (RIS‑Justiz RS0043912).

3.1. Der Exekutionsantrag war unabhängig von der Frage der hinreichenden Bestimmtheit des Titels schon deshalb abzuweisen, weil sich die Betreibende in der Wahl des Exekutionsmittels vergriffen hat: Der betreibende Gläubiger hat grundsätzlich kein Wahlrecht zwischen den einzelnen Exekutionsarten. Welche Exekutionsart anzuwenden ist, richtet sich nach dem Inhalt des Exekutionstitels (RIS‑Justiz RS0004357 [T1 und T2]). Im Zweifel wird die geschuldete Handlung (zunächst) als vertretbar angesehen (RIS‑Justiz

RS0004652 [T1]).

3.2. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände ‑ etwa wenn die vom Verpflichteten laut Titel wieder einzuhängenden Türflügel von diesem in einem abgesperrten Raum verwahrt werden und daher für Dritte nicht zugänglich sind (vgl RIS‑Justiz

RS0004468) ‑ ist ein auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands lautender Titel nach § 354 EO zu vollstrecken. Das von der Betreibenden im (verbesserten) Exekutionsantrag erstattete Vorbringen, der Brunnen sowie die von der Verpflichteten eingebaute zweite Wasserpumpe stünden in deren Eigentum, kann die beantragte Exekution nach § 354 EO hingegen nicht rechtfertigen.

3.3. Da die Wahl eines verfehlten Exekutionsmittels keinen Inhaltsmangel des Exekutionsantrags begründet, war die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nicht erforderlich (RIS‑Justiz

RS0106413 [T5]).

4.1. Zum Inhalt von Punkt VIII. des im Vergleich angesprochenen Kaufvertrags hat die Betreibende in erster Instanz kein Vorbringen erstattet. Soweit sie darauf in ihrem Revisionsrekurs Bezug nimmt, handelt es sich deshalb um eine unbeachtliche Neuerung. Schon aus diesem Grund kommt aber die vom Rekursgericht für möglich gehaltene Berücksichtigung des Inhalts des Kaufvertrags von vornherein nicht in Betracht.

4.2. Darauf, ob der Vergleich für sich allein die von der Verpflichteten geschuldeten Handlungen hinreichend bestimmt definiert, kommt es auch deshalb nicht an, weil die Betreibende nach ihrem Vorbringen im Exekutionsantrag insbesondere die Beseitigung der von der Verpflichteten erst nach Schaffung des Titels vorgenommenen Baumaßnahmen (Einbau einer zweiten Brunnenpumpe und von Wasserschiebern) anstrebt. Im Vergleich hat sich die Verpflichtete allerdings nicht etwa zur Unterlassung aller künftigen Störungen der Wasserversorgung des Grundstücks der Betreibenden verpflichtet, sondern bloß zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, also zur Rückgängigmachung der von ihr vor Vergleichsabschluss vorgenommenen baulichen Änderungen. Eine auf Beseitigung der nachträglich eingebauten zweiten Brunnenpumpe und der Wasserschieber abzielende Exekution könnte dieser Titel also auch dann nicht decken, wenn sie gemäß § 353 EO beantragt würde.

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