OGH 7Ob207/15i

OGH7Ob207/15i16.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der widerklagenden Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch Simma Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, gegen die widerbeklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 159.592,91 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 9. September 2015, GZ 1 R 106/15w‑33, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00207.15I.1216.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Widerklägerin zeigt in ihrer Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:

1.1. Dem Erfordernis des § 54 Abs 1 Z 3 EO nach Bezeichnung des Exekutionsobjekts ist bei einer Forderungspfändung entsprochen, wenn sowohl der Drittschuldner als auch der Verpflichtete erkennen können, welche Forderung in Exekution gezogen wird (RIS‑Justiz RS0002076). Kommt ‑ ausgehend von dem für die Bewilligung der Exekution allein maßgeblichen Vorbringen im Exekutionsantrag (RIS‑Justiz RS0000015) ‑ in Betracht, dass dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner mehrere verschiedene Forderungen zustehen, bedarf es grundsätzlich einer näheren Spezifizierung der zu pfändenden Forderung (RIS‑Justiz RS0002035, RS0002038, RS0002041), weil beim Drittschuldner sonst Zweifel auftreten können, welche Einwendungen er aus dem Rechtsverhältnis zum Verpflichteten gegen die gegen ihn geltend gemachte Forderung erheben kann (RIS‑Justiz RS0002038 [T6]). Fehler und Ungenauigkeiten, die auch bei genauer Kenntnis der Rechtsbeziehung des Verpflichteten mit dem Drittschuldner Zweifel darüber, welche Forderungen in Exekution gezogen wurden, offenlassen, gehen zu Lasten des Gläubigers (RIS‑Justiz RS0001921).

1.2. Diesem Spezifizierungserfordernis hat die Widerklägerin dadurch Rechnung getragen, dass sie in ihrem Exekutionsantrag nach § 294 EO auf eine „Bestätigung“ der Widerbeklagten vom 2. 3. 2005, worin diese der verpflichteten Zwischenhändlerin eine Schad- und Klagloshaltung zusicherte, verwies. Im gegenständlichen Verfahren stellte sich heraus, dass die Widerbeklagte darüber hinaus bereits am 25. 2. 2005 zugunsten der Zwischenhändlerin eine wesentlich weiter gefasste Zusage („Bestätigung“) über deren Schad‑ und Klagloshaltung abgab. Wenn das Berufungsgericht die Rechtsansicht vertritt, von der Pfändung und Überweisung seien nur die sich aus der Vereinbarung vom 2. 3. 2005 ergebenden Forderungen umfasst, nicht aber jene, auf die sich die Vereinbarung vom 25. 2. 2005 bezieht, so ist dies unter dem Gesichtspunkt der exekutionsrechtlichen Spezifikation nicht zu beanstanden. Es mag sein, dass in der Vereinbarung vom 2. 3. 2005 keine Einschränkung der Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Zwischenhändlerin zu erblicken ist, doch ändert dies nichts daran, dass sich sowohl der Exekutionsantrag als auch die Exekutionsbewilligung ausschließlich auf die Forderungen aus der Vereinbarung vom 2. 3. 2005 bezogen.

2.1. Die Ausführungen in der Revision zur Inanspruchnahme der Zwischenhändlerin als „Strohmann“ im Rahmen der Prozessführung zielen offenbar auf ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Widerbeklagten ab. Ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, kann jedoch nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0110900).

Die Widerklägerin hat eine von der Widerbeklagten hergestellte Metallbearbeitungsmaschine von einer Zwischenhändlerin erworben. Im Vorprozess beim Landesgericht St. Pölten wurde die Widerklägerin von der Zwischenhändlerin auf Zahlung des noch aushaftenden Kaufpreises in Anspruch genommen, obwohl die Kaufpreisforderung zuvor ohne Wissen der Widerklägerin sicherungsweise an die Widerbeklagte abgetreten worden war. Die Widerklägerin übersieht, dass üblicherweise dem im Prozess erhobenen Einwand der fehlenden aktiven Klagslegitimation durch Rückabtretung der Forderung begegnet und damit die fehlende Sachlegitimation saniert wird. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die fehlende Offenlegung der Forderungsabtretung für sich allein zu keiner Haftung der Widerbeklagten führe, nicht zu beanstanden.

2.2. Als Grundlage der außervertraglichen Haftung eines Warenherstellers kommt ‑ mangels positiv‑rechtlicher Sonderregelung ‑ nur die Berufung auf die von Lehre und Rechtsprechung gebilligten vertraglichen Schutz‑ und Sorgfaltspflichten zu Gunsten des Erwerbers einer Ware oder die Inanspruchnahme der rein deliktischen Haftung des Herstellers in Frage (RIS‑Justiz RS0017111). Derartige Anspruchsgrundlagen gegen die Widerbeklagte werden mit den Revisionsausführungen, dass das wirtschaftliche Interesse an der Führung des Vorprozesses primär bei der Widerbeklagten gelegen sei, nicht aufgezeigt.

3. Ein gegenüber einem Vertragspartner abgegebenes Versprechen auf Schad‑ und Klagloshaltung gegenüber Dritten ist als Erfüllungsübernahme im Sinn des § 1404 ABGB zu qualifizieren (RIS‑Justiz RS0016709); dabei trifft den Erfüllungsübernehmer ‑ hier die Widerbeklagte - gegenüber dem Gläubiger ‑ hier die Widerklägerin ‑ keine Pflicht (RIS‑Justiz RS0097736, RS0017119). Diese Erfüllungsübernahme ist keine einem Versicherungsvertrag ähnliche Vereinbarung, sodass sich die Frage einer sinngemäßen Anwendung des § 157 VersVG nicht stellt.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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