OGH 4Ob182/15s

OGH4Ob182/15s17.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Hopp, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Daniel Bräunlich Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 20. August 2015, GZ 2 R 116/15y‑19, womit der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 9. Juli 2015, GZ 9 Cg 27/15b‑11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00182.15S.1117.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen verboten der Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Ankündigungen, in ihren Märkten seien ab einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum bestimmte Waren, insbesondere Rindfleischprodukte, erhältlich, die ausschließlich, überwiegend oder größtenteils von Regionalproduzenten stammen, oder ähnliche Ankündigungen, wenn sie wahrheitswidrig sind.

Die Beklagte vermag keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Der beklagte Unternehmer hat gemäß § 1 Abs 5 UWG im Verfahren auf Unterlassung oder Schadenersatz nach § 1 Abs 1 bis 3 UWG die Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen im Zusammenhang mit einer Geschäftspraktik zu beweisen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Unternehmers und anderer Marktteilnehmer wegen der Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint. Die erforderliche Bezugnahme auf die Umstände des Einzelfalls schließt von vornherein in aller Regel das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 oder § 528 Abs 1 ZPO aus. Wenn der Kläger mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben, hat der Beklagte die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen (4 Ob 11/95; RIS‑Justiz RS0011634 [T8, T10]).

Es bildet keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht zur Aufklärung der Frage, ob bestimmte angebotene Fleischprodukte aus einer bestimmten Region stammen, den beklagten Unternehmer mit dem Herkunftsnachweis belastet hat. Die Klägerin hat sich auf die von ihr wahrgenommenen und dokumentierten äußerlich sichtbaren Kennzeichnungen berufen. Es liegt nahe, sie nicht damit zu belasten, die Richtigkeit oder allfällige Unvollständigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Kennzeichnung zu erforschen, wogegen die Beklagte über ihre eigene unternehmerische Tätigkeit Bescheid wissen müsste.

Dass die Anlieferung bestimmter Warenmengen mit bestimmter Herkunft keinen zwingenden Schluss darauf zulässt, welche Waren mit welcher Herkunft in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich angeboten wurden, liegt gleichfalls auf der Hand. In Anbetracht der Kühlmöglichkeiten für Rindfleisch sind zeitliche Verschiebungen zwischen Anlieferung und Feilbieten durchaus denkbar. Der von der Beklagten behauptete Widerspruch zu den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung liegt daher nicht vor.

Da die Vorinstanzen aufgrund der von ihnen in vertretbarer Weise getroffenen Beweislastentscheidung von der Unrichtigkeit der beanstandeten Werbung ausgingen, ist das Unterlassungsgebot gerechtfertigt (Irreführungseignung und Relevanz der behauptetermaßen unrichtigen Herkunftsbezeichnung sind in dritter Instanz nicht mehr strittig). Auf eine allfällige (weitere) Irreführungseignung der beanstandeten Werbung mangels Angabe eines konkreten Aktionszeitraums/des Endes der ausgelobten Herkunftsgarantie braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden. Im Zusammenhang damit von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen kommt keine Relevanz zu.

Das Rekursgericht verwies zutreffend auf die gebotene und daher auch zulässige allgemeine Fassung des Unterlassungsbegehrens, um allfällige Umgehungshandlungen nicht allzu leicht zu machen (RIS‑Justiz RS0037607). Es ist jedenfalls vertretbar, wenn aktueller Anlass für das Unterlassungsgebot die unzutreffende Bewerbung einer „größtenteils“ gewährleisteten regionalen Herkunft ist, auch die unrichtige Ankündigung „ausschließlich“ gewährleisteter bestimmter Herkunft zu verbieten, insbesondere wenn in der Vergangenheit auch schon ein solcher Fall unrichtiger Ankündigung „ausschließlich“ gewährleisteter Herkunft erfolgreich beanstandet wurde.

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