OGH 1Ob204/15d

OGH1Ob204/15d22.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** O*****, vertreten durch die Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte‑Partnerschaft, Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch die Beer & Steinmair Rechtsanwälte OG, Wien, wegen 37.216,43 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. August 2015, GZ 3 R 104/15g‑67, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 15. Juni 2015, GZ 5 Cg 135/11s‑60, teilweise bestätigt wurde und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Inhalt und Umfang der Beratungspflicht sind stets von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden sowie dessen Anlageziele und andererseits auf die Anlageobjekte beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten hängt damit entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0029601 [T9]), weshalb regelmäßig erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen sind. Dass über das allgemeine Bonitätsrisiko ‑ hier des Garanten ‑ nicht eigens aufzuklären ist, wenn es objektiv keine nachteiligen Anhaltspunkte gibt (vgl nur 4 Ob 20/11m, 6 Ob 65/11v, 6 Ob 50/13s ua), wird in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen. Auch sonst ist dem Berufungsgericht bei seiner Einzelfallentscheidung jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste.

2. Der Hauptvorwurf des Revisionswerbers geht dahin, das Berufungsgericht habe sich mit seinem Vorbringen, er sei hinsichtlich der zweckmäßigen Zusammensetzung seines Gesamtportfolios unrichtig beraten worden, nicht auseinandersetzt. Wäre ihm empfohlen worden, höchstens 10 % seines anzulegenden Vermögens in jenes Wertpapier zu investieren, dessen Garantiegeber schließlich (überraschend) zahlungsunfähig wurde, hätte er in andere Anlageformen investiert, die sich erheblich günstiger entwickelt hätten.

Entgegen dem erhobenen Vorwurf hat das Berufungsgericht durchaus zu diesem Aspekt Stellung genommen und darauf hingewiesen, der Kläger habe nichts zu der seiner Meinung nach richtigen Diversifikation vorgebracht. Nach den getroffenen Feststellungen hätte er auch bei Aufklärung über eine weitere Risikostreuung nicht in ein Sparbuch investiert, sondern in ein anderes (kapitalgarantiertes) Finanzprodukt.

Soweit sich der Revisionswerber in diesem Zusammenhang weiters auf Ausführungen in den erstgerichtlichen Feststellungen beruft, übersieht er, dass es sich dabei weitgehend um Erwägungen handelt, die in erster Linie der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen sind. Dies gilt etwa für die Darlegung, der Erwerb aller drei empfohlenen kapitalgarantierten Produkte durch den Kläger sei von der Beklagten „fälschlicherweise“ als ausreichende Risikostreuung erachtet worden, die Investition von mehr als 10 % des verfügbaren Vermögens in das fragliche Papier trage der erforderlichen Risikostreuung nicht Rechnung oder für das angestrebte Veranlageziel des Vermögensaufbaus wäre das Papier höchstens als untergeordnete Beimischung in einem im Wesentlichen risikoarmen Gesamtportfolio geeignet gewesen.

Auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, beim konkreten Papier habe es sich nicht um ein „Alternatives Investment“ gehandelt, für das die Beklagte selbst allgemein einen Anteil von rund 10 % der Gesamtveranlagung empfiehlt, erscheint nicht bedenklich. Für den konkreten Fall ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst vordringlich darauf Wert legte, dass er am Ende der Laufzeit zumindest 100 % des investierten Kapitals erhält, wogegen er von vornherein bereit war, den Verlust von Zinsen und Renditen in Kauf zu nehmen. Zum Erwerbszeitpunkt betrug aufgrund der objektiv vorliegenden Informationen das Risiko der Insolvenz des Garanten ‑ und damit die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls dieser Sicherheit ‑ zwischen 0,416 und 0,63 %. Warum ein solches Papier ‑ ungeachtet seiner allgemeinen Volatilität, die ja durch die Garantie abgesichert werden sollte (vgl dazu etwa RIS‑Justiz RS0124492 [T7] = 10 Ob 7/12w) ‑ mit nicht mehr als 10 % in einem Gesamtportfolio enthalten sein sollte bzw dürfte, ist nicht zu erkennen, zumal auch der Revisionswerber nicht erklären kann, warum es sich dabei um ein „Alternatives Investment“ gehandelt haben sollte, das offenbar durch ein besonderes Risiko charakterisiert ist und deshalb nur in geringem Ausmaß zur Veranlagung herangezogen werden sollte.

Darüber hinaus ist es auch unrichtig, dass der Kläger 42 % seines Investitionsvermögens in dieses Wertpapier investiert hätte. Nach den Feststellungen verfügte er zum Zeitpunkt des Erwerbs der ersten Tranche über ein Barvermögen von rund 100.000 EUR sowie Wertpapiere im Wert von (zumindest) rund 40.000 EUR. Seine Investition im Oktober 2006 von insgesamt 100.000 EUR ‑ in drei verschiedene Papiere ‑ betraf nur mit 15.750 EUR das hier fragliche Papier. Nach dem Verkauf bereits früher erworbener Wertpapiere erwarb er im November 2006 eine weitere Tranche um 26.250 EUR. Bei seinem Ersterwerb hatte er also rund 15 % des damals zu veranlagenden Vermögens in das hier zu beurteilende Papier investiert, den Restbetrag in zwei weitere Wertpapiere, deren Entwicklung offenbar zufriedenstellend verlaufen ist; darüber hinaus verfügte er damals über bereits 2004/2005 erworbene andere Wertpapiere (Aktien einer Gesellschaft) im Wert von mehr als 40.000 EUR. Warum diese Investitionen in insgesamt vier verschiedene Papiere als unvertretbar unausgewogen anzusehen sein sollten und die Beklagte verpflichtet gewesen sein sollte, davon abzuraten, ist nicht zu erkennen.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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