OGH 7Ob154/15w

OGH7Ob154/15w16.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** P*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** P*****, vertreten durch Dr. Stephan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, aus Anlass der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. Juni 2015, GZ 44 R 197/15v‑15, womit das Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 27. März 2015, GZ 29 C 71/14f‑9, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00154.15W.1016.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

Der Kläger ist aufgrund des Scheidungsvergleichs zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 350 EUR an die Beklagte, seine geschiedene Ehegattin, verpflichtet.

Der Kläger begehrt die Feststellung des Ruhens des gesamten Unterhaltsanspruchs seit 1. 12. 2011 aufgrund einer bestehenden Lebensgemeinschaft zwischen der Beklagten und einem anderen Mann sowie hilfsweise die Feststellung des Erlöschens des gesamten Unterhaltsanspruchs seit April 2014 aufgrund geänderter Einkommensverhältnisse.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren für den Zeitraum ab 1. 5. 2012 statt und wies das darüber hinausgehende Hauptbegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der allein von der Beklagten erhobenen Berufung teilweise Folge. Es wies das Hauptbegehren zur Gänze ab und gab dem Eventualbegehren statt. Es sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen erhob der Kläger eine „außerordentliche“ Revision, die dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorgelegt wurde. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

In den im § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten ist die Revision nach § 502 Abs 4 ZPO - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand in zweiter Instanz insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs umfasst § 49 Abs 2 Z 2 JN alle Rechtsfragen des gesetzlichen Unterhalts (RIS‑Justiz RS0046467). Zu den gesetzlichen Unterhaltsansprüchen zählen auch Unterhaltsansprüche aus einer vertraglichen Unterhaltsvereinbarung, soweit durch diese eine im Gesetz gegründete Unterhaltspflicht geregelt wird, also auch aus Unterhaltsvergleichen der Ehegatten. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung ändert der Umstand, dass Unterhaltsansprüche der Höhe nach durch Vergleich festgesetzt sind, grundsätzlich nichts an ihrer Rechtsnatur als gesetzlicher Unterhaltsanspruch (RIS‑Justiz RS0046467 [T11]). Damit fällt auch die vom Kläger angestrebte Feststellung des Ruhens (hilfsweise des Erlöschens) der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner geschiedenen Ehegattin aus dem Scheidungsvergleich unter § 49 Abs 2 Z 2 JN (vgl RIS‑Justiz RS0046467 [T5]).

Die notwendige Voraussetzung für eine familienrechtliche Streitigkeit, dass über den geltend gemachten familienrechtlichen Anspruch als Hauptfrage zu erkennen ist ( Zechner in Fasching/Konecny ² § 502 ZPO Rz 182 aE), ist hier also erfüllt. Demgemäß ist der Wert des berufungsgerichtlichen Entscheidungsgegenstands auch dann nach § 58 Abs 1 JN (mit dem 3-fachen der Jahresleistung laut Unterhaltsvereinbarung [RIS‑Justiz RS0042366]) zu berechnen, wenn sich das Begehren (wie hier) auf den Ausspruch des Ruhens und hilfsweise des Erlöschens des gesamten Geldunterhaltsanspruchs bezog (vgl Zechner aaO § 502 ZPO Rz 183; RIS‑Justiz RS0046541). Daraus folgt ein Streitwert von 12.600 EUR (36 x 350 EUR).

Mangels eines 30.000 EUR übersteigenden Werts des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz wäre das Rechtsmittel daher ‑ auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird ‑ dem Berufungsgericht (allenfalls nach Verbesserung) vorzulegen gewesen. Ob die im Schriftsatz enthaltenen Ausführungen, wonach die Revision zulässig sei, den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623, [insbesondere T5, T8]; RS0109501, [insbesondere T12]).

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