European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020NC00014.15D.1012.000
Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Leopoldstadt das Bezirksgericht Liezen bestimmt.
Begründung
Die klagende Partei begehrt in ihrer beim Bezirksgericht Leopoldstadt am allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei eingebrachten Klage Schadenersatz nach einem Verkehrsunfall auf der B 320 im Ortsgebiet von Stainach.
Die beklagte Partei beantragte die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Liezen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignet habe. Die Zustelladressen der drei Zeugen lägen in Öblarn, Gröbming und Stainach‑Pürgg; es werde auch die Durchführung eines Ortsaugenscheins unter Beiziehung eines Kfz‑Sachverständigen erforderlich sein.
Die klagende Partei sprach sich gegen die Delegierung des Verfahrens aus. Der Lenker des (richtig) Klagsfahrzeugs sei an der Adresse der klagenden Partei in Wien zu laden. Ein Lokalaugenschein sei nicht erforderlich, die Zeugen der beklagten Partei könnten auch im Rahmen einer Videokonferenz einvernommen werden.
Das Bezirksgericht Leopoldstadt legte den Akt ohne Äußerung dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Delegierung ist gerechtfertigt.
Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0046324) soll eine Delegierung zwar nur den Ausnahmefall darstellen und keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden, doch sprechen im Allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, Schadenersatzprozesse aus einem Verkehrsunfall bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete; diesem Umstand hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er für derartige Prozesse einen entsprechenden Gerichtsstand bei dem für den Unfallort zuständigen Gericht geschaffen hat (§ 20 EKHG).
Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass die von der beklagten Partei namhaft gemachten Zeugen allesamt im Nahbereich des Unfallorts wohnen oder berufstätig sind. Der Zeuge der klagenden Partei mag zwar in Wien berufstätig sein, nach dem aktenkundigen polizeilichen Unfallprotokoll liegt sein Hauptwohnsitz aber in Köflach, sodass auch ihm die Anreise zum Bezirksgericht Liezen keinesfalls unzumutbar wäre. Die beklagte Partei hat ferner die Vornahme eines Ortsaugenscheins unter Beiziehung eines Kfz‑Sachverständigen beantragt, dessen Durchführung nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Die für den Fall der Verhandlung vor dem angerufenen Bezirksgericht Leopoldstadt bereits ins Auge gefasste Verwendung maßstabgetreuer Skizzen (ON 4) spräche im Übrigen gegen eine Videokonferenz, sodass die Zeugen doch nach Wien anreisen müssten (vgl 2 Nc 9/15v).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände liegt die beantragte Delegierung im wohlverstandenen Interesse der Parteien, weil die Sache aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Gericht des Unfallorts durchgeführt werden kann (RIS‑Justiz RS0108909). Von der Einholung einer Äußerung des an sich zuständigen und von der klagenden Partei auch angerufenen Gerichts nach § 31 Abs 3 letzter Satz JN konnte unter diesen Gegebenheiten abgesehen werden (vgl 2 Nc 3/15m; RIS‑Justiz RS0113776).
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