European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00021.15A.0827.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat sich bei der Frage, ob ein außerordentliches Rechtsmittel einer weiteren Behandlung unterzogen oder verworfen werden soll, auf jene Gründe zu beschränken, die in der Zulassungsbeschwerde (§ 65 Abs 3 Z 6 AußStrG) angeführt wurden (RIS‑Justiz RS0107501). Andere mögliche Rechtsfehler sind, selbst wenn diesen erhebliche Bedeutung zukommen könnte, auf dieser Ebene nicht zu untersuchen (vgl RIS‑Justiz RS0043644 [T3]). Im Rahmen ihrer Rechtsmittelausführungen zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses zeigt die Mutter keine solche erhebliche Rechtsfrage auf.
1. Seit ***** 2015 ist G***** I***** volljährig. Die Obsorge ist damit gemäß § 183 Abs 1 ABGB erloschen. Dem Rechtsmittel der Revisionsrekurswerberin fehlt daher, soweit es ihren volljährigen Sohn betrifft, die Beschwer, müsste diese doch zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (RIS‑Justiz RS0041770; RS0002495; RS0006598).
2. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert der von der Revisionsrekurswerberin als verletzt erachtete Grundsatz des Parteiengehörs, dass der Partei ein Weg eröffnet wird, auf dem sie ihre Argumente für ihren Standpunkt sowie überhaupt alles vorbringen kann, das der Abwehr eines gegen sie erhobenen Anspruchs dienlich ist. Das rechtliche Gehör einer Partei ist auch dann gegeben, wenn sie sich nur schriftlich äußern konnte oder geäußert hat (RIS‑Justiz RS0006048; RS0006036). Wird im erstinstanzlichen Außerstreitverfahren das rechtliche Gehör verletzt, so wird dieser Mangel behoben, wenn Gelegenheit bestand, den eigenen Standpunkt im Rekurs zu vertreten (RIS‑Justiz RS0006057; RS0006048 [T4]). Dies gilt auch nach Inkrafttreten des AußStrG 2005 (zB 7 Ob 182/07a). Die Mutter hatte die Gelegenheit, ihren Standpunkt bereits in ihrem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss darzulegen, sodass die insoweit behauptete Nichtigkeit nicht vorliegt.
3. Die Frage, ob weitere Beweisaufnahmen notwendig sind, ist wie die Frage, ob ein Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, auch im Außerstreitverfahren eine solche der nicht revisiblen Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043414 [T9] ua). Die Beurteilung, ob noch weitere Beweisaufnahmen erforderlich waren oder nicht, kann im Revisionsrekurs auch auf dem Umweg der Rüge einer Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Beweisaufnahme nicht mehr bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0043320 [T26]). Mit ihrem Argument, das Erstgericht hätte die Klägerin zur Vorlage des Originals der Entlassungsbescheinigung aus dem rumänischen Krankenhaus veranlassen müssen, um diese beglaubigt übersetzen zu lassen, was in weiterer Folge zur Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen geführt hätte, zeigt die Mutter daher weder eine Mangelhaftigkeit noch eine Nichtigkeit des Verfahrens auf.
4. Inhaltlich hängt die Frage, ob die Voraussetzungen für eine vorläufige Obsorgeregelung erfüllt sind, von den Umständen des Einzelfalls ab, die daher keine erhebliche Rechtsfrage zu begründen vermag, wenn dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wurde (RIS‑Justiz RS0007101; RS0115719). Ausgehend von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen sind die Vorinstanzen nachvollziehbar davon ausgegangen, dass die Revisionsrekurswerberin durch ihr Verhalten das Wohl der Kinder gefährdete, sodass die Übertragung der vorläufigen Obsorge an die Jugendwohlfahrt V***** am ehesten das Kindeswohl fördert und sichert. Dem hält die Revisionsrekurswerberin in der Zulassungsbeschwerde lediglich entgegen, dass die Vorinstanzen zu Unrecht bloß den Anschein einer Gefährdung des Kindeswohls als tatbestandserfüllend angesehen haben. Sie zeigt damit allerdings keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen auf, weil es vor dem Hintergrund des seit 1. 2. 2013 in Kraft getretenen Kindschafts‑ und Namensrechts‑Änderungsgesetzes BGBl I 2013/15 (KindNamRÄG 2013) nach § 107 AußStrG vorrangig auf die Förderung und Sicherung des Kindeswohls ankommt (RIS‑Justiz RS0129538). § 107 Abs 2 AußStrG idF des KindNamRÄG 2013 ist auch auf Sachverhalte anwendbar, die sich bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben (RIS‑Justiz RS0128634).
Einer weiteren Begründung bedarf der Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 71 Abs 3 Satz 3 AußStrG).
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