OGH 15Os98/15y

OGH15Os98/15y26.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. August 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leisser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gottlieb Z***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 19. Mai 2015, GZ 39 Hv 105/13k‑91, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur Dr. Ulrich, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Pohle zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Nichtannahme der Qualifikation nach § 130 vierter Fall StGB, demzufolge im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gottlieb Z***** ‑ abweichend von der auch weitere Taten (zu denen die Übergabe zur Strafverfolgung durch die Generalstaatsanwaltschaft München nicht erfolgte) umfassenden und auf einen Schuldspruch wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall und § 15 StGB gerichteten Anklage (ON 19) ‑ des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen 1. und 3. Dezember 2012 in K***** Mirko B***** ein Fernsehgerät im Wert von zirka 400 Euro durch Einbruch, nämlich Einschlagen der Seitenscheibe der Beifahrertür eines Fahrzeugs, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Nichtannahme der Qualifikation nach § 130 vierter Fall StGB richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der Berechtigung zukommt.

Zutreffend kritisiert die Mängelrüge (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 5 zweiter Fall) eine Unvollständigkeit der Begründung in Bezug auf die Konstatierung, wonach „nicht feststellbar“ sei, dass es dem Angeklagten beim Einbruch „auch darauf ankam, (sich) durch die wiederkehrende Begehung solcher Einbruchsdiebstähle durch einen längeren Zeitraum hindurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“ (US 4). Denn indem das Erstgericht diese Negativfeststellung darauf stützte, dass „in Österreich (derzeit) nur die Verfolgung wegen eines der ursprünglich vier Anklagepunkte möglich“ und damit - „ungeachtet des gleichen modus operandi und der an den Tatorten zum Teil aufgefundenen DNA des Angeklagten“ ‑ „nur ein Einbruchsdiebstahl nachweisbar ist“, jedoch die von der Beschwerdeführerin hinreichend deutlich und bestimmt genannten, in der Hauptverhandlung vorgekommenen (ON 90 S 2 f iVm ON 78 S 1 f und ON 69) Verfahrensergebnisse, nämlich die vom Angeklagten zugestandene schlechte Vermögenssituation sowie seine aus der deutschen Strafregisterauskunft ersichtliche einschlägige Vorstrafenbelastung, unberücksichtigt ließ, hat es bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche (RIS‑Justiz RS0116877) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt gelassen (RIS‑Justiz RS0118316; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 421; s auch RIS‑Justiz RS0108366, RS0114744, RS0092220). Aus dem Umstand, dass die Tatrichter diese Verfahrensergebnisse (nur) im Rahmen der Feststellungen zur Person des Angeklagten genannt haben, kann nämlich nicht der Schluss gezogen werden, dass sie diese offenbar gerade nicht als tragfähig für die Konstatierung einer Absicht iSd § 70 StGB ansahen (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 429).

Es war daher das angefochtene Urteil in der Nichtannahme der Qualifikation nach § 130 vierter Fall StGB aufzuheben und insoweit eine neue Hauptverhandlung anzuordnen (§ 288 Abs 2 Z 1 StPO).

Ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeargumente erübrigt sich daher. Mit Blick auf den zweiten Rechtsgang wird jedoch angemerkt, dass ‑ der Nichtigkeitsbeschwerde zuwider ‑ die Begründung der Annahme gewerbsmäßiger Begehung (§ 70 StGB) mit den Argumenten, dass andere, nicht dem gegenständlichen oder sonst einem rechtskräftigen Schuldspruch des Angeklagten zugrunde liegende Einbruchsdiebstähle jeweils auf dieselbe Art und Weise wie die urteilsgegenständliche Tat begangen worden seien und an diesen Tatorten teilweise die DNA des Angeklagten sichergestellt worden sei, gegen die Unschuldsvermutung (§ 8 StPO, Art 6 Abs 2 MRK) verstoßen würde, weil damit zugleich unterstellt würde, dass der Angeklagte auch diese Taten begangen hat (vgl RIS‑Justiz RS0119271 [T1]).

Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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