OGH 5Ob114/15y

OGH5Ob114/15y19.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. J***** W***** geboren am *****, 2. Ing. R***** S***** geboren am *****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Stefan Glaser, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen Grundbuchseintragungen über den Revisionsrekurs der V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Karl Nöbauer, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 19. März 2015, AZ 14 R 22/15h, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Ried im Innkreis vom 16. Jänner 2015, TZ 5631/2014, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Der Zweitantragsteller war Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 427 KG *****. Zu TZ 761/2014 war eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis zum 17. 2. 2015 angemerkt. Zu C‑LNr 11a und b waren eine Vormerkung bzw eine Rechtfertigung des Pfandrechts für die Revisionsrekurswerberin (Pfandgläubigerin) eingetragen.

Am 6. 2. 2014 schloss der Zweitantragsteller mit seiner Ehefrau, der Erstantragstellerin, die nicht österreichische Staatsbürgerin ist, einen Kaufvertrag über ¾ der Anteile an der Liegenschaft. Der Kaufvertrag wurde nicht als Notariatsakt errichtet.

In Punkt I des Kaufvertrags wird der Kaufpreis mit 215.496,15 EUR beziffert. Der in Punkt II des Vertrags neuerlich mit diesem Betrag angeführte Kaufpreis war nach diesem Vertragspunkt durch die Übernahme von 75 % folgender, im Grundbuch einverleibter Darlehens-verbindlichkeiten in die eigene Zahlungsverpflichtung der Käuferin bei Schad‑ und Klagloshaltung des Verkäufers zu entrichten:

a) C‑LNr 2 ‑ Kreditverbindlichkeit aushaftend zum 31. 12. 2013 mit 17.337,74 EUR.

b) C‑LNr 7 ‑ Kreditverbindlichkeit aushaftend zum 31. 12. 2013 mit 90.075,77 EUR.

c) C‑LNr 9 ‑ eingetragenes Höchstbetrags-pfandrecht von 180.000 EUR. Aufgrund der Übertragung dieser Liegenschaft wurde das dem Pfandrecht zugrunde liegende Darlehen zur Gänze getilgt. Es wurde ein Umschuldungskredit aufgenommen, der zum Stichtag 31. 12. 2013 mit einem Betrag von 192.189,63 EUR aushaftet.

Die Addition der als aushaftend angeführten Verbindlichkeiten ergibt 299.603,14 EUR. 75 % davon sind 224.702,35 EUR.

Die Verkäuferin verpflichtete sich, die Grunderwerbssteuer von 2 % des Kaufpreises in der voraussichtlichen Höhe von 4.309,92 EUR binnen 14 Tagen nach Vorliegen der rechtskräftigen grundverkehrs-behördlichen Genehmigung zu zahlen.

Verkäufer und Käuferin räumten sich in Punkt VI des Vertrags ein wechselseitiges Belastungs‑ und Veräußerungsverbot ein. In Punkt VII wurde der dritten Vertragspartei ein Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 25. 4. 2014 genehmigte die Bezirksgrundverkehrskommission R***** die Übertragung des Eigentumsrechts an die Erstantragstellerin mit Kaufvertrag vom 6. 2. 2014 sowie den übrigen Vertragsinhalt in seinen grundverkehrsbehördlichen genehmigungspflichtigen Tatbeständen (Spruchpunkt I). Als Rechtsgrundlage wurden §§ 8 und 4 Abs 2 des Oberösterreichischen Grundverkehrsgesetzes 1994 (OöGVG) 1994, LGBl Nr 88, kundgemacht in LGBl 2002/152 idF LGBl 2006/59 genannt.

Am 13. 6. 2014 unterfertigten beide Antragsteller einen von ihrem Rechtsanwalt verfassten Nachtrag zum Kaufvertrag vom 6. 2. 2014. Dieser lautete ‑ soweit relevant:

„Bei Berechnung des Kaufpreises ist bei Addierung der übernommenen Gegenleistungen ein Rechenfehler unterlaufen.

Tatsächlich beläuft sich der Kaufpreis auf € 224.702,35 (in Worten: ….).

Die Vertragsparteien korrigieren den in Pkt I und Pkt II angeführten Kaufpreis daher jeweils auf dem Betrag von € 224.702,35 (in Worten: ... ).

Dem gemäß wird die unter Punkt II angeführte Grunderwerbssteuer von 2 % des Kaufpreises auf den Betrag € 4.494,05 korrigiert.“

Am 27. 11. 2014 unterzeichneten die beiden Antragsteller sowie die dritte Vertragspartei einen Notariatsakt, mit dem der schriftliche Kaufvertrag vom 6. 2. 2014 iSd § 54 NO bekräftigt wurde. Dieser Vertrag samt Nachtrag war dem Notariatsakt beigeheftet.

Die Antragsteller begehren die Einverleibung des Eigentumsrechts der Erstantragstellerin zu ¾ Anteilen der Liegenschaft im Rang der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung, die Einverleibung des wechselseitigen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots sowie der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts und die Löschung der Vormerkung und Rechtfertigung des Pfandrechts für die Revisionsrekurswerberin nach § 57 GBG. Folgende Urkunden wurden vorgelegt: Notariatsakt, Rangordnungsbeschluss, Bescheid der Grundverkehrsbehörde, Unbedenklichkeitsbescheinigung, Heiratsurkunde der beiden Antragsteller, Zustimmungserklärung des Landes Oberösterreich.

Das Erstgericht bewilligte das Grundbuchsgesuch.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Pfandgläubigerin nicht Folge. Rechtlich folgerte es, dass die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zwar Voraussetzung für die Bewilligung der Einverleibung des Eigentumsrechts sei, sich jedoch die Prüfung durch das Grundbuchsgericht auf das Vorliegen einer ordnungsgemäß ausgestellten Urkunde beschränke. Das Grundbuchsgericht sei inhaltlich an die vorliegende Entscheidung der Bezirksgrund-verkehrskommission gebunden und habe nicht deren verwaltungsrechtliche Gesetzmäßigkeit zu prüfen. Der vorgelegte Notariatsakt vom 27. 11. 2014 habe iSd § 54 NO die private Kaufvertragsurkunde bloß bekräftigt, um der vorgeschriebenen Formvorschrift zu genügen. Diese Solemnisierung mache die private Urkunde zu einer öffentlichen. Nach § 10 Abs 2 Z 3 OöGVG 1994 habe der Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung eine Ausfertigung des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Vertrags oder den abschriftlichen Nachweis eines sonstigen Rechts zu enthalten. Die Grundverkehrsbehörde habe den vorgelegten Kaufvertrag vom 6. 2. 2014 bereits genehmigt. Eine neuerliche Genehmigung des Notariatsakts sei nicht notwendig. Die Genehmigung beziehe sich nur auf den Kaufvertrag und nicht auf den den Kaufpreis abändernden und somit das Verfügungsgeschäft betreffenden Vertragsnachtrag vom 13. 6. 2014. Es sei aber ausschließlich das Rechtsgeschäft genehmigungs‑ bzw bescheinigungspflichtig, nicht etwa ein die Aufsandungserklärung betreffender Nachtrag. Der Nachtrag habe den Kaufpreis, einen Teil des Verpflichtungsgeschäfts und somit des Rechtsgeschäfts geändert bzw berichtigt, was grundsätzlich einer Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfe. Eine solche Kaufpreisänderung könnte aber, ohne dadurch in die Kompetenz der Grundverkehrsbehörde einzugreifen, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bloß für den Verdacht eines Spekulationsgeschäfts nach § 4 Abs 6 Z 3 OöGVG 1994 relevant werden, was die Pfandgläubigerin im Rekurs nicht konkret vorgebracht habe. Darüber hinaus handle es sich um eine relativ geringe, bloß 4%ige Erhöhung des Kaufpreises. Ein Eintragungshindernis iSd § 160 Bundesabgabenordnung (BAO) liege nicht vor.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vorliege, ob ein Nachtrag zum Vertrag mit einer Änderung des Verpflichtungsgeschäfts, insbesondere des Kaufpreises, der Grundverkehrsbehörde zur Genehmigung vorgelegt werden müsse.

Der Revisionsrekurs der Pfandgläubigerin ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 1 Abs 2 Oberösterreichisches Grundverkehrsgesetz (OöGVG) 1994, LGBl 1994/88, in der hier maßgeblichen Fassung der OöGVG‑Novelle 2002, LGBl 2002/85, unterliegen dem Geltungsbereich dieses Landesgesetzes unter anderem folgende zivilrechtliche Rechtserwerbe unter Lebenden an Grundstücken oder Grundstücksteilen (zB Wohnung):

Die Übertragung des Eigentums (Z 1)

Die Einräumung des Fruchtnießungsrechts oder des Rechts des Gebrauchs einschließlich der Dienstbarkeit der Wohnung (Z 2).

2. Nach § 16 Abs 1 OöGVG in der zitierten Fassung dürfen Rechtserwerbe, die nach § 1 Abs 2 diesem Landesgesetz unterliegen, im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid (Z 1) oder ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid darüber, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist (Z 2) oder eine schriftliche Erklärung des Rechtserwerbers, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist (Z 3), angeschlossen sind.

3. Die Zulässigkeit der Eintragung des Eigentumsrechts der Erstantragstellerin (Käuferin) sowie des Wohnungsgebrauchsrechts ist nach dem landesgesetzlichen Grundverkehrsrecht von der Vorlage bestimmter Urkunden abhängig. In einem solchen Fall darf das Grundbuchsgericht ohne Vorlage dieser Urkunden die Eintragung des genehmigungspflichtigen Rechtserwerbs nicht bewilligen (RIS‑Justiz RS0127001 [T1]; RS0110729).

4. Hier wurde ein rechtskräftiger Bescheid der zuständigen Bezirksgrundverkehrskommission vorgelegt, der die Übertragung des Eigentumsrechts an der gegenständlichen Liegenschaft an die Erstantragstellerin mit Kaufvertrag vom 6. 2. 2014 sowie den übrigen Vertragsinhalt in seinen grundverkehrsbehördlichen genehmigungspflichtigen Tat-beständen genehmigte.

5. Es bleibt zu klären, ob auch der am 13. 6. 2014 von den Antragstellern unterfertigte Nachtrag zum Kaufvertrag eine neuerliche Befassung der Grundverkehrsbehörde iSd § 16 Abs 1 Z 1 oder 2 OöGVG 1994 erforderte. Ein urkundlicher Nachweis nach § 16 Abs 1 Z 3 leg OöGVG liegt nicht vor.

6. Die Frage nach der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbedürftigkeit und ‑tauglichkeit eines Rechtsgeschäfts ist nach ständiger Rechtsprechung und Lehre nicht vom Grundbuchsgericht zu beurteilen, sondern der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde vorbehalten (RIS‑Justiz RS0110729 [T1]; RS0060508; Kodek in Kodek Grundbuchsrecht § 94 GBG Rz 128 f; Rassi , Grundbuchsrecht², Rz 545 f). Dies gilt auch für die Ausstellung einer Negativbestätigung (RIS‑Justiz RS0060508 [T9, T13]; RS0081755).

7. Das Erstgericht hielt vor der Bewilligung des Grundbuchsgesuchs in einem Aktenvermerk die telefonische Mitteilung eines Mitglieds der zuständigen Bezirksgrundverkehrskommission fest. Danach war der Nachtrag zum Kaufvertrag nicht mehr genehmigungspflichtig, weil der Nachtrag keine die Liegenschaft betreffende Änderung enthielt, im Verwaltungsverfahren die selbe Sache nicht zwei Mal genehmigt werden dürfe und die Höhe des Kaufpreises (ausgenommen bei Spekulationsgeschäften) für die Genehmigung nicht maßgebend sei.

8. Diese telefonische Auskunft ist keine das Grundbuchsgericht bindende Negativbestätigung iSd § 16 Abs 1 Z 2 OöGVG 1994. Auch eine Negativbestätigung hat den Charakter eines Bescheids im Sinn eines individuellen, hoheitlichen, im Außenverhältnis ergehenden, normativen, rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Verwaltungsakts (5 Ob 32/12k zu einer Bestätigung nach § 25a Tiroler Grundverkehrsgesetz). Die telefonische Auskunft eines Mitglieds der zuständigen Grundverkehrskommission gibt dessen Rechtsmeinung wieder, sie stellt aber keinen, das Grundbuchsgericht bindenden Verwaltungsbescheid dar (vgl RIS‑Justiz RS0036948 [T2]).

9. Eine neuerliche Befassung der Grundverkehrsbehörde kommt jedoch aus folgenden Erwägungen nicht in Betracht:

10. Der Oberste Gerichtshof hat zu 5 Ob 157/99w klargestellt, dass nur das materiellrechtliche Verpflichtungsgeschäft einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf, nicht aber eine separat ausgestellte und unterfertigte Aufsandungserklärung als dingliches Verfügungsgeschäft.

11. Der Nachtrag zum rechtskräftig nach dem OöGVG 1994 genehmigten Kaufvertrag ist kein neues Verpflichtungsgeschäft im Sinn eines Neuerungsvertrags nach den §§ 1376 ff ABGB. Eine Novation setzt voraus, dass nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien das ursprüngliche Schuldverhältnis durch Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstands durch ein neues ersetzt wird (RIS‑Justiz RS0032502, Neumayr in KBB 4 §§ 1376‑1377 ABGB Rz 1 ff). Diese Absicht der Parteien (animus novandi) wird im Zweifel nicht vermutet (RIS‑Justiz RS0032303, RS0032417).

12. Unter Hauptgegenstand ist der primäre Leistungsinhalt zu verstehen. Er ändert sich nur, wenn ein wesentlich anderer an seine Stelle tritt (2 Ob 210/13s; Kajaba in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 § 1376 Rz 14 mwN; Neumayr aaO Rz 1). Keine Änderung des Hauptgegenstands sind beispielsweise die Abänderung nur des in einem früher geschlossenen Kaufvertrags vereinbarten Kaufpreises (RIS‑Justiz RS0032385), die Vermehrung oder Verminderung des Geschuldeten und die Änderung der Zinsenhöhe (RIS‑Justiz RS0032355) oder die bloße Vereinbarung einer Nebenbestimmung ohne Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstands (RIS‑Justiz RS0032388).

13. Auch beim Liegenschaftskauf wird ein Kaufvertrag grundsätzlich schon dann perfekt, also für beide Vertragsteile voll verbindlich, wenn über Kaufgegenstand und Kaufpreis Einigung besteht (RIS‑Justiz RS0019951). Ein Kaufpreis ist auch dann ausreichend bestimmt, wenn der Käufer es übernimmt, die Hypothek‑ und Insolvenzgläubiger in der mit diesen vereinbarten Weise zu befriedigen ( Apathy in KBB 4 § 1054 ABGB Rz 4 mwN).

14. Im Kaufvertrag vom 6. 2. 2014 vereinbarten die Parteien, dass der Kaufpreis durch die Übernahme von 75 % dreier konkret genannten und bezifferten Kreditverbindlichkeiten zu entrichten ist. Dass nach der maßgeblichen Absicht der Parteien der Kaufpreis durch die Höhe dieser von der Käuferin übernommenen Verbindlichkeiten bestimmt wurde und nicht durch seine davon abweichende Bezifferung, zeigen die Formulierungen im Kaufvertragsnachtrag über einen Rechenfehler bei der Addition der übernommenen Gegenleistung und die Korrektur der Kaufpreissumme. Es handelt sich daher nicht einmal um die Vereinbarung eines neuen Kaufpreises, die im Übrigen auch keine Novation begründen könnte. Vielmehr wurde nur ein Rechenfehler berichtigt, indem der Kaufpreis mit der Summe der übernommenen Kreditverbindlichkeit beziffert wurde.

15. Damit liegt nur ein Kaufvertrag (ein Verpflichtungsgeschäft) vor, der als Titel für den Rechtserwerb bereits rechtskräftig von der zuständigen Grundverkehrsbehörde genehmigt wurde. Eine neuerliche Befassung der Grundverkehrsbehörde ist für die beantragten Eintragungen nicht notwendig.

16. Sonstige Eintragungshindernisse werden im Revisionsrekurs nicht aufgegriffen.

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