European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140NS00017.15H.0609.000
Spruch:
1. Das Landesgericht Steyr ist zur Führung der Maßnahmenvollzugssache des Albert W***** zuständig.
2. Gemäß § 39 Abs 1 StPO wird die Maßnahmenvollzugssache des Albert W***** dem Landesgericht Steyr abgenommen und dem Landesgericht St. Pölten delegiert.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 19. September 2014, GZ 183 BE 66/14k‑26, wurde Albert W***** am 13. Oktober 2014 aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme unter Setzung einer Probezeit von fünf Jahren und Erteilung von Weisungen bedingt entlassen. Nach der Aktenlage nahm er unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Justizanstalt Wien‑Mittersteig ‑ in Entsprechung der rechtskräftigen Abänderung der ihm erteilten Weisung (mit Beschluss desselben Gerichts vom 9. Oktober 2014 [ON 30]) ‑ seinen tatsächlichen Wohnsitz zunächst im Wohnhaus der p***** Enns in 4470 Enns (ON 39).
Am 17. November 2014 leitete das Landesgericht für Strafsachen Wien die Akten unter Hinweis auf die „Nachbetreuung im Sprengel des Landesgerichts Steyr“ an dieses Gericht weiter, welches mit Beschluss vom 20. November 2014 zufolge der schon damals geplanten Übersiedlung des bedingt Entlassenen in eine Pflegeeinrichtung in 3040 Neulengbach, somit im Zuständigkeitsbereich des Landesgerichts St. Pölten, die „Rückabtretung“ verfügte (ON 34a).
Seit Mitte November 2014 hat Albert W***** seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Pflegeheim in N***** (vgl ON 35, 39).
Das Landesgericht für Strafsachen Wien leitete die Akten am 16. Dezember 2014 an das Landesgericht St. Pölten weiter (ON 37), welches seinerseits am 9. Jänner 2015 die Rückabtretung an dieses verfügte (ON 40). Daraufhin fasste das Landesgericht für Strafsachen Wien am 22. Jänner 2015 erneut den Beschluss auf Abtretung der Maßnahmenvollzugssache an das Landesgericht Steyr (ON 45, AS 315 f), welches die Akten am 4. Februar 2015 unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 20. November 2014 ein weiteres Mal dem Landesgericht für Strafsachen Wien rückübermittelte (ON 45, AS 318 f). Dieses Gericht legte die dort nun zu AZ 183 BE 327/14f geführte Maßnahmenvollzugssache gemäß § 38 dritter Satz StPO (irrig über das Oberlandesgericht Wien; vgl Oshidari, WK‑StPO § 38 Rz 13) dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Werden einem Verurteilten (Betroffenen) im Zusammenhang mit einer bedingten Entlassung Weisungen erteilt und nimmt dieser unmittelbar nach seiner bedingten Entlassung seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel eines Landesgerichts, das nicht im selben Bundesland liegt wie das Vollzugsgericht, so ist dieses Landesgericht zur weiteren Führung der Vollzugssache zuständig, auch wenn ‑ wie hier ‑ die Rechtskraft der Entscheidung über die bedingte Entlassung und die damit im Zusammenhang stehenden Anordnungen bereits vor der tatsächlichen Entlassung eingetreten ist. Ein späterer Wohnsitzwechsel berührt die Zuständigkeit dagegen nicht (§ 179 Abs 1 StVG analog; vgl dazu instruktiv RIS‑Justiz RS0088481 [T1]).
Die Zuständigkeit für die Maßnahmenvollzugssache des Albert W***** ging somit ‑ unabhängig von der schon damals geplanten späteren Unterbringung des Genannten in einer Pflegeeinrichtung in N***** ‑ mit dessen Wohnsitznahme in Enns anlässlich seiner bedingten Entlassung auf das Landesgericht Steyr über. Dass der Genannte einige Wochen später tatsächlich seinen Aufenthalt im Sprengel des Landesgerichts St. Pölten nahm, bewirkte keine Änderung der Zuständigkeit.
Da Albert W***** seinen Wohnsitz aber nun im Sprengel dieses Landesgerichts hat, das daher in der Lage ist, das Vollzugsverfahren mit geringerem Aufwand weiterzuführen als ein anderes Landesgericht, liegen wichtige Gründe für eine amtswegige Delegierung der Sache an das Landesgericht St. Pölten vor (§ 39 Abs 1 StPO; RIS‑Justiz RS0088481 [T3 und T4]).
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