OGH 8Nc26/15p

OGH8Nc26/15p2.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** S*****, vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) J***** M*****, vertreten durch die Hausmaninger Kletter Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2) A***** Limited, *****, vertreten durch die CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 94.288,83 EUR sA, aufgrund der Befangenheitsanzeige des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. ***** vom 20. Mai 2015 im Revisionsverfahren 6 Ob *****, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080NC00026.15P.0602.000

 

Spruch:

Der Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. ***** ist als Mitglied des 6. Senats im Verfahren über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei zu AZ 6 Ob ***** befangen.

Text

Begründung

Das Verfahren betrifft nur mehr die Zweitbeklagte als Emittentin von Wertpapieren (Zertifikaten). Diese war aufgrund einer Vereinbarung verpflichtet, einer Bank auf deren Ersuchen in jedem Kalenderjahr Wertpapiere in einem bestimmten Ausmaß zur Verfügung zu stellen. In den Kapitalmarktprospekten zu den Kapitalerhöhungen wurde offengelegt, dass sich die Bank zur Übernahme allfällig nicht platzierter Zertifikate verpflichtete, nicht aber, dass diese Platzierungsgarantie mit Geldern der Zweitbeklagten finanziert wird. In den Ad‑hoc‑Meldungen der Zweitbeklagten zu drei Kapitalerhöhungen wurde unrichtig mitgeteilt, dass diese Kapitalerhöhungen jeweils erfolgreich abgeschlossen worden seien. Der Kläger nahm Investitionen in Zertifikate der Zweitbeklagten vor.

Mit der zugrunde liegenden Klage begehrte der Kläger Schadenersatz, weil die Beklagte als Emittentin über die Kapitalerhöhungen falsch informiert habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren ‑ abgesehen von einem Teil des Zinsenbegehrens ‑ statt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Gegen diese Entscheidung erhob die Zweitbeklagte außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof.

Dieses Rechtsmittel wurde nach den Bestimmungen der Geschäftsverteilung dem Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. ***** zur Berichterstattung im 6. Senat zugeteilt. Dieser zeigte mit Note vom 20. Mai 2015 seine Befangenheit an und führte aus, dass er ebenfalls Zertifikate der Zweitbeklagten gezeichnet habe und daher vom Kursverfall betroffen sei. Aus diesem Grund habe er einem Prozessfinanzierer zum Zweck des Inkassos ein Abtretungsangebot zur allfälligen gerichtlichen Geltendmachung insbesondere von Schadenersatzansprüchen gemacht. Er zeige daher seine Befangenheit an.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn ‑ bei objektiver Betrachtungsweise ‑ ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dafür genügen Tatsachen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können (8 Nc 23/15x).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der vom Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. ***** in der Befangenheitsanzeige mitgeteilte Sachverhalt den Anschein seiner Befangenheit begründen, weil ein Verfahrensbeteiligter den Eindruck gewinnen könnte, seine Willensbildung als Berichterstatter könnte durch die persönliche Betroffenheit vom Wertverlust des Investments beeinflusst worden sein. Ob Hofrat Dr. ***** eine Verfolgung allfälliger Ansprüche beabsichtigt oder nicht, bleibt unerheblich (vgl 7 Nc 28/14y).

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