OGH 10ObS18/15t

OGH10ObS18/15t28.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr.

Fellinger als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Rodlauer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Robert Brunner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich‑Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Ausgleichszulage und Kinderzuschuss, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 18. Dezember 2014, GZ 6 Rs 81/14z‑13, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:010OBS00018.15T.0428.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Der Sohn des Klägers hat am 17. 5. 2014 das 27. Lebensjahr vollendet. Nach Ableistung des Grundwehrdienstes begann er das Bachelorstudium für Chemie, das er am 15. 11. 2011 abschloss, danach ein Masterstudium für Biochemie und Molekulare Biomedizin. Am 16. 7. 2014 war er als ordentlicher Student an der Technischen Universität Graz gemeldet.

Der Kläger bezieht eine Invaliditätspension. Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt vom 11. 7. 2014 wurde die Ausgleichszulage zur Pension ab 1. 6. 2014 neu mit 74,81 EUR monatlich festgesetzt. Der bis dahin gewährte Kinderzuschuss wurde nicht mehr zuerkannt.

Dagegen wendet sich der Kläger mit dem Begehren, ihm ab 1. 6. 2014 eine Invaliditätspension in der gesetzlichen Höhe samt Kinderzuschuss und entsprechend bemessener Ausgleichszulage zu gewähren. Sein Sohn betreibe sein Studium zügig und erfolgreich. Der Zuschuss sei daher über die Vollendung des 27. Lebensjahrs hinaus jedenfalls für die Dauer des Präsenzdienstes weiter zu gewähren.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab und stellten die Ausgleichszulage mit monatlich 74,81 EUR fest. Die Revision wurde vom Berufungsgericht für nicht zulässig erachtet.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Sowohl die Gewährung von Kinderzuschüssen (§ 262 Abs 1 ASVG) als auch die Erhöhung des Richtsatzes für Kinder des Pensionsbeziehers (§ 293 Abs 1 ASVG) beziehen sich hinsichtlich der Definition der Kindeseigenschaft auf § 252 ASVG. In der schon vom Erstgericht zitierten Entscheidung 10 ObS 107/08w (SSV‑NF 22/69; EvBl 2009/62; ASoK 2011, 191; infas 2009, 62; DRdA 2009, 265) wurde ausführlich dargelegt, dass der eindeutige Wortlaut und die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung sowie der Vorgängerbestimmungen keinen Zweifel dahingehend offen lassen, dass mit Vollendung des 27. Lebensjahres eine absolute Altershöchstgrenze geschaffen wurde, bis zu der eine Verlängerung der Kindeseigenschaft unter den genannten Bedingungen möglich ist.

Dabei ist es nicht von Bedeutung, dass diese Entscheidung zu einem Anspruch auf Waisenpension ergangen ist, da § 260 ASVG ebenfalls das Vorliegen der Kindeseigenschaft nach § 252 ASVG voraussetzt, es daher diesbezüglich ausschließlich auf eine Auslegung dieser Bestimmung ankommt. In den seit dieser Entscheidung erlassenen Novellen zu § 252 ASVG wurden die hier relevanten Passagen nicht geändert.

2. Eine Entscheidung, die zwar bisher die einzige ist, die aber ausführlich begründet und mehrfach veröffentlicht wurde, zu der gegenteilige Entscheidungen nicht vorliegen und die auch vom Schrifttum ohne Kritik übernommen wurde, reicht für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung aus (RIS‑Justiz RS0103384). Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist dann zu verneinen, sofern nicht der Rechtsmittelwerber mit neuen Argumenten erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung wecken kann.

3. Solche Argumente werden vom Kläger aber nicht aufgezeigt. Dass ein Studium ernsthaft und zielstrebig geführt wird, ist im Falle des Besuchs einer der in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen in jedem Fall Voraussetzung für eine Verlängerung der Kindeseigenschaft nach Vollendung des 18. Lebensjahres. Für die Frage, ob dessen ungeachtet die Vollendung des 27. Lebensjahres eine absolute Altershöchstgrenze darstellt, ist dies daher ohne Bedeutung.

Richtig ist, dass in der zitierten Entscheidung 10 ObS 107/08w, SSV‑NF 22/69, ausgeführt wurde, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Altershöchstgrenze bestehen, weil innerhalb dieser es im Hinblick auf die übliche Studiendauer im Regelfall ohne weiteres möglich sei, ein Studium zu absolvieren. Wenn der Kläger geltend macht, das von seinem Sohn betriebene Studium könne bei Absolvierung einer berufsbildenden Schule, Ableistung des Präsenzdienstes und danach unverzüglicher Aufnahme des Studiums nicht bis zum vollendeten 27. Lebensjahr abgeschlossen werden, ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber insbesondere bei familienpolitischen Maßnahmen einen großen Gestaltungsspielraum hat. Er kann einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen. Dass dabei Härtefälle entstehen können, macht für sich allein eine Regelung nicht unsachlich. Der Gesetzgeber überschreitet daher seinen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er für den Anspruch auf Kinderzuschuss und auch für den Anspruch auf Richtsatzerhöhung für Kinder des Pensionsberechtigten eine absolute Altershöchstgrenze von 27 Jahren vorsieht (vgl 10 ObS 107/08w, SSV‑NF 22/69; VfGH 16. 6. 2011, G 6/11 zur Altershöchstgrenze für den Anspruch auf Familienbeihilfe).

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