European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBS00011.14X.0428.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Kläger war bei der späteren Schuldnerin vom 2. 8. 2011 bis zu seinem Austritt gemäß § 25 IO am 11. 7. 2013 beschäftigt.
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Dienstgeberin wurde mit Beschluss vom 14. 1. 2013 des Handelsgerichts Wien eröffnet. In der Berichtstagsatzung wurde zunächst die Fortführung des Unternehmens beschlossen, jedoch informierte der Insolvenzverwalter nach Versagung der Bestätigung eines Sanierungsplans den Kläger am 2. 7. 2013 darüber, dass die Masse nicht ausreiche, um seinen Lohn zu bezahlen. Mit Beschluss vom 3. 7. 2013 ordnete das Gericht die Schließung des Unternehmens an, wovon der Kläger am 10. 7. 2013 vom Insolvenzverwalter verständigt wurde.
Der Kläger hat für den Zeitraum ab dem 1. 5. 2013 kein Entgelt mehr erhalten; die Fälligkeit des Mailohnes wäre nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag erst am 15. 6. 2013 eingetreten.
Unter Beachtung der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist hätte der Kläger bei einem am 30. 6. 2013 erklärten Austritt einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung bis 5. 7. 2013 gehabt.
Gegenstand der Klage ist der von der Beklagten abgelehnte Anspruch auf Insolvenz-Entgelt für den Zeitraum vom 1. 5. 2013 bis 11. 7. 2013 samt anteiliger Weihnachtsremuneration.
Die Beklagte wandte ein, der Kläger habe seine Austrittsobliegenheit verletzt. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Nachfrist hätte er spätestens am 30. 6. 2013 austreten müssen, wodurch das Anwachsen von Ansprüchen über den 5. 7. 2013 hinaus unterblieben wäre. Die Obliegenheitsverletzung führe zum völligen Anspruchsverlust.
Das Erstgericht gab der Klage teilweise statt und sprach dem Kläger unter Abweisung des Mehrbegehrens Insolvenz-Entgelt für die Zeit vom 1. 5. 2013 bis 5. 7. 2013 zu. Dieser Anspruch wäre dem Kläger auch bei unverzüglichem Austritt zugestanden.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten keine Folge. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Frage, ob der Kausalitätsgegenbeweis auch einen Teil der IESG‑Ansprüche betreffen kann, in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Die vom Berufungsgericht als erheblich qualifizierte Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt (vgl zuletzt 8 ObS 12/14v).
Die Ansprüche eines verspätet ausgetretenen Dienstnehmers sind demnach insoweit gesichert, als sie ‑ für den geltend gemachten Zeitraum betragsmäßig gleich, gegebenenfalls aus dem Titel der Kündigungsentschädigung ‑ auch bei rechtzeitigem Austritt zugestanden wären.
Die Leistungspflicht der Beklagten darf sich durch einen verspäteten Austritt nicht erhöhen, die Austrittsobliegenheit ist aber nicht dahin zu verstehen, dass die Sicherungspflicht im Sinne einer Pönale zur Gänze entfallen würde, wenn auch nur ein Teil der geltend gemachten Ansprüche im Fall des rechtzeitigen Austritts nicht zustehen würde. Vielmehr ist ein geltend gemachter Entgeltanspruch nur dann nicht gesichert, wenn er bei rechtzeitigem vorzeitigen Austritt nie (auch nicht aus dem Titel der Kündigungsentschädigung) entstanden wäre (vgl 8 ObS 8/04s; 8 ObS 12/14v).
Diesen Grundsätzen entsprechen die Urteile der Vorinstanzen.
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